Chinesische Filmemacher kupfern ihre Werbeplakate fürs Kino oft hemmungslos von Hollywood ab – ein Politikum.

Peking - Wenn chinesische Filmplakate ein Maßstab sind, wie gut sich Chinas eigene Kultur gegenüber westlichen Einflüssen behauptet, kann Pekings Führung nicht glücklich sein. Denn die Poster, die Besucher in die Kinos locken sollen, sind überwiegend von den Werbungen für Hollywoodblockbuster inspiriert und häufig sogar direkte Kopien.

 

Zum Beispiel das Plakat für „Lao Nan Ren Li Xian Ji“, das sehr an „The Ides of March“ mit George Clooney und Ryan Gosling erinnert (siehe Bilder rechts). Oder „Jingtian dongdi“ („Als Himmel und Erde bebten“), ein Epos über den heldenhaften Einsatz der Armee nach dem verheerenden Erdbeben in Sichuan im Jahr 2008. Das Bild zeigt eine Gruppe von Soldaten, die Chinas rote Flagge in den Boden rammen, eine imposante Szene, die patriotische Gefühle wecken soll. Dabei ist sie „made in USA“: Mit dem gleichen Motiv wurde vor sechs Jahren Clint Eastwoods Kriegsdrama „Flags of our Fathers“ beworben, nur dass damals natürlich die „Stars and Stripes“ aufgepflanzt wurden. Die chinesische Produktionsfirma, immerhin ein Unternehmen der Volksbefreiungsarmee, gab sich keine Mühe, ihre Vorlage zu verändern, und kopierte sogar den stürmischen dunklen Himmel, der das Geschehen einrahmt, direkt aus dem Original.

Die Plakatdesigner tun nur, was alle tun: abkupfern

Die Designer könnten sich darauf berufen, nur getan zu haben, was in China alle tun. Wann immer ein neuer chinesischer Film Premiere feiert, suchen Internetnutzer um die Wette nach der Postervorlage – und werden häufig fündig. Zwar sind Plakate sicher nur ein oberflächlicher Parameter dafür, wie sich die westliche Kultur in China ausbreitet. Doch ein Politikum sind sie allemal: Denn die Kommunistische Partei pumpt derzeit gewaltige Summen in die Medien und Unterhaltungsindustrie, um die chinesische Kultur zu stärken und den Einfluss des Westens zurückzudrängen. „Internationale Kräfte versuchen, ihre Ideologie und ihre Kultur einzusetzen, um uns zu verwestlichen und zu spalten“, schrieb der Staats- und Parteichef Hu Jintao im Januar in einem Beitrag für das Parteimagazin „Qiushi“ („Wahrheitssuche“). „Wir müssen das erkennen und auf diese Gefahr vorbereitet sein.“

Im Zeitalter der Globalisierung, wo unterschiedliche Werte miteinander konkurrieren, sei eine starke Kultur ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Die Regierung müsse deshalb alles in ihrer Macht stehende tun, um die „wachsenden geistigen und kulturellen Bedürfnisse des Volkes“ zu befriedigen. Zwar sind chinesische Filme bei internationalen Festivals immer wieder erfolgreich, doch die prämierten Streifen sind selten nach dem Geschmack der Partei. „Chinesische Regisseure, die es auf ein ausländisches Publikum abgesehen haben, zeigen häufig die dunklen Seiten unserer Gesellschaft“, erklärt Huang Shixian, Professor an der Pekinger Filmakademie. „Das entspricht eher westlichen Ansprüchen.“ In China solle aber ein positiveres Bild der chinesischen Gesellschaft gezeichnet werden.

Kinogänger wissen ganz genau, was gute Filme sind

Allerdings können die chinesischen Kinobesucher gut zwischen flacher Propaganda und guter Unterhaltung unterscheiden – und wenden sich bevorzugt dem Importprogramm zu. Von den zehn erfolgreichsten Kinofilmen des vergangenen Jahres stammten sechs aus Hollywood. Unter den Top fünf war sogar nur eine chinesische Produktion, ein Drama über das Nanjing-Massaker mit dem Titel „Die Blumen des Krieges“, in dem der Hollywoodstar und Batman-Darsteller Christian Bale die Hauptrolle spielte. Auch die drei größten chinesischen Publikumserfolge aller Zeiten stammten aus Hollywood: „Avatar“, „Transformers“ und „Kungfu Panda“.

Vor allem der Panda-Film traf in Peking einen empfindlichen Nerv, denn wenn es um den knuddeligen Bambusfresser geht, beanspruchen die Chinesen für sich vollständige kulturelle Hoheitsrechte. Der prominente Pekinger Sprachwissenschaftler Kong Qingdong beschwerte sich über eine „kulturelle Invasion“ und der Künstler Zhao Bandi, der selbst mit Pandabildern berühmt und reich geworden ist, mokierte sich über „kulturelles Fast Food“, vor dem man Chinas Jugend schützen müsse. Dem Massenandrang tat das jedoch keinen Abbruch.

Damit der chinesische Film nicht völlig untergeht, sind die Importe strikt begrenzt. Jahrelang durften nur 20 ausländische Streifen jährlich in China ins Kino kommen, seit Februar sind es immerhin 34. Wie lange sie jeweils laufen, entscheiden aber nicht nur die Besucherschlangen. Als vergangenen Juli zum 90. Geburtstag der Kommunistischen Partei ein politisch korrekter Historienschinken über die Gründungsgeschichte nicht den erhofften Erfolg hatte, wurde die ausländische Konkurrenz kurzerhand aus dem Programm geworfen. Auch im Fernsehen werden die ausländischen Kultureinflüsse streng kontrolliert. Anfang des Jahres wurde etwa die Zahl der importierten Fernsehshows von ehemals mehr als 120 auf nur noch 38 reduziert.

Ob dies der richtige Weg ist, um die chinesische Kultur zu stärken, ist allerdings auch in Peking umstritten. Laut einem von Wikileaks veröffentlichten US-Diplomatenbericht soll ausgerechnet der Vizepräsident Xi Jinping, der als künftiger Staats- und Parteichef gilt, 2007 gegenüber dem US-Botschafter erklärt haben, er sei ein großer Fan von Hollywoodfilmen. „Hollywood macht gute Filme, die groß und ehrlich sind“, sagte Xi demnach. Dank ihrer Filme hätten die Amerikaner klare Werte und könnten deutlich zwischen Gut und Böse unterscheiden. „In amerikanischen Filmen gewinnt meistens das Gute“, so Xi. Chinesische Filme seien dagegen meist „nicht sehr viel wert“.