Karl-Friedrich Scheufele, Chef des Genfer Uhren- und Schmuckherstellers Chopard, spricht im Interview über die Preise von Zeitmessern und Weinen – und was beide gemeinsam haben.

Pforzheim – - Der gebürtige Pforzheimer Karl-Friedrich Scheufele, Co-Chef und Miteigentümer des renommierten Schweizer Uhren- und Schmuckherstellers Chopard, gibt sich für die in der Krise steckende Uhrenbranche zuversichtlich.
Herr Scheufele, Sie sind Chef des renommierten Genfer Uhren- und Schmuckherstellers Chopard, haben aber gleichzeitig ein Weingut und Weinhandlungen, sind Oldtimer- und Kunstsammler. Worin steckt Ihr Herzblut?
Das meiste Herzblut steckt ganz sicher in der Uhrenherstellung. Aber Wein ist für mich mehr als ein Hobby, das ich ja schon lange in Form von zwei Weinhandlungen in Genf und Gstaad pflege.
Der Kauf eines eigenen Weinguts ist aber dann doch noch mal eine andere Sache!
Ja, es ist für mich die Erfüllung eines Jugendtraums. Die Idee und den Traum eines eigenen Weinguts mit Schloß habe ich immer gehabt, aber zwischendurch beiseite geschoben. Aber ich habe mich, zusammen mit meiner Frau, immer mal wieder umgesehen. Und irgendwann kam uns der Zufall zuhilfe. Da hat es einfach gepasst. Auch das Timing war ideal.
Sie haben nicht im prestigeträchtigen Gebiet um Bordeaux zugeschlagen, sondern im benachbarten Bergerac. Und Sie haben ein Gut erworben, in dem viel Arbeit anstand. Warum?
Ich wollte kein schlüsselfertiges Gut. Mich hat es außerdem gerade gereizt, in einer Gegend zu investieren, die oft verkannt beziehungsweise unterbewertet wird. Bergerac steht unverdientermaßen im Schatten von Bordeaux. Das alles sehe ich als Herausforderung an. Uns gefiel das Ensemble. Daraus lässt sich etwas machen. Ich will einen eigenen Footprint setzen, wie man heute so schön sagt. Wir haben das Gut vor fünf Jahren erworben und schon unglaublich viel erreicht.
Sie haben groß investiert.
Ja, wir haben auf einen bio-dynamischen Anbau umgestellt, eine neue Kellerei gebaut und vieles andere erneuert. Nun sehen wir die Ergebnisse. 2016 sollten wir einen sehr guten Wein gemacht haben.
Wie weit sind Sie bei der Umsetzung Ihrer Ziele in Ihrem Weingut?
Das ist ein Zehn-Jahres-Projekt. Wir haben etwa 60 Prozent des Weges geschafft. Wir bauen ein gutes neues Netzwerk von Kunden auf und stehen schon ganz gut da.
Prestigeträchtiger wäre aber ein Engagement in einem Weingut in Bordeaux gewesen.
Wir haben nicht aus Prestigegründen investiert, sondern aus Überzeugung und Leidenschaft. Hätte ich ein bekanntes Gut in Bordeaux gekauft, wäre das fad gewesen. Wir wollen gerade mit diesem Gut in Bergerac etwas bewegen und haben diese Herausforderung ganz bewusst gesucht.
Sie sind bei Chopard sehr gefordert. Wie stark engagieren Sie sich persönlich in diesem Weingut?
Aus der Ferne bin ich sehr involviert, persönlich bin ich nicht oft genug vor Ort, vielleicht fünf oder sechsmal pro Jahr außerhalb der Ferien, die ich teilweise dort verbringe.
Könnten Sie sich vorstellen, weitere Güter zu erwerben?
Unser Ziel ist es, jetzt erst einmal diese Herausforderung zu meistern. Was in ein paar Jahren ist, weiß ich jetzt noch nicht.
Im Zentrum Ihrer Aufmerksamkeit steht das Uhrengeschäft, das in einer Krise steckt.
Das stimmt. Man darf aber nicht vergessen, dass es der Branche, vor allem wegen der chinesischen Kundschaft, davor zehn Jahre außerordentlich gut gegangen ist. Seit zwei Jahren läuft es schlecht im Markt. Die Korrekturen nach unten waren beträchtlich. Eine Korrektur war jedoch unumgänglich, denn es wurde viel zu viel produziert und die Steigerungen waren übertrieben. Das ist übrigens ähnlich wie beim Wein. Auch bei den teuren Bordeaux-Weinen hat es übertriebene Preissteigerungen gegeben.
Wann rechnen Sie mit einer Erholung des Uhrenmarktes?
Ich gehe davon aus, dass es in zwei oder drei Jahren wieder aufwärts gehen sollte. Es wäre gut, wenn es dann nicht so rasant nach oben ginge. Übertreibungen sind nie gut.
Wie lief denn 2016 für Chopard?
Im Hinblick auf den Umsatz war es akzeptabel, weil wir einen Teil der Rückgänge im Uhrengeschäft durch unser Schmuckgeschäft kompensieren konnten. Auf der Ertragsseite haben wir aber wegen des starken Franken immer noch stark gelitten.
Es heißt immer, die ganz hochpreisigen Produkte seien nicht so stark abhängig von Marktschwankungen.
Zumindest haben wir unsere hochpreisigen Produkte sehr gut verkauft. Auch die erschwinglicheren Uhren sind vergleichsweise gut gelaufen. Es waren vor allem unsere mittleren Preislagen, die natürlich für Normalverdiener immer noch hochpreisig sind, die gelitten haben.
Sie haben auf die Entwicklung mit Produkten reagiert, die für Ihre Verhältnisse vergleichsweise günstig waren.
Ja, das hat sich für uns ausgezahlt. Wir haben aber auch den Mut gehabt, preislich sehr teure Einzelstücke anzubieten und auch das hat sich bewährt. Auch da gibt es übrigens eine Parallele zum Wein. Außerordentliche Weine sind ebenfalls nach wie vor gefragt.
Chopard beschäftigt rund 2000 Mitarbeiter. Müssen Sie Personal abbauen?
Nein. Unser Personalbestand ist mehr oder weniger gleich geblieben, wir haben jedoch auf Neueinstellungen verzichtet.
Sie haben vor etlicher Zeit im Jura auch eine eigene Produktion von Uhrwerken aufgebaut. Streben Sie einen bestimmten Anteil von Uhren an, die mit eigenen Uhrwerken ausgestattet sein soll?
Es gibt da keinen festen Zielwert, aber in vier bis fünf Jahren sollten 50 bis 60 Prozent unserer Uhren mit unseren mechanischen Uhrwerken ausgestattet sein. Dazu bedarf es noch einigen Einsatzes, denn wir liegen erst bei 20 Prozent. Aber wir sind schon ganz gut vorangekommen mit der Integration.
Aber von 20 auf 50 bis 60 Prozent ist es ein weiter Weg – oder?
Das stimmt schon, aber wir planen momentan ein Uhrwerk, das uns auf einen Schlag ziemlich weit nach vorn bringen soll. Auch hier gibt es eine Parallele zum Weinbau. Es dauert drei bis fünf Jahre bis ein neuer Weinberg akzeptable Ergebnisse bringt. Die Entwicklung eines neuen Uhrwerks dauert ähnlich lang. Man braucht also Geduld.
Wie reagieren Sie auf den starken Franken?
Wir haben die Preise in Euro nicht so stark erhöht, wie wir das hätten tun müssen. Wir mussten also ein Stück weit quersubventionieren. Das haben andere Hersteller auch gemacht. Die Preise können nur ganz langsam angeglichen werden. Die Währungsschwankungen haben unserer Industrie sehr stark zugesetzt. Der Dollar hat an Gewicht gewonnen, der Euro tut sich schwer. Hinzu kam der Brexit, der das Pfund Sterling abstürzen ließ. Das trifft uns auf der Ertragsseite stark, weil viele Kunden in London kaufen. In den letzten zwei Jahren hat es an der Preisfront ständig Turbulenzen gegeben.
Woher kommen denn Ihre Kunden vor allem?
Asien liegt klar vorn, da spielen nicht nur die Chinesen, sondern auch die Japaner eine wichtige Rolle. Sehr wichtig ist für uns auch nach wie vor Europa, aber da sind ein Teil der Kunden Asiaten, die dort einkaufen. Wir sind natürlich auch in Nordamerika sowie in Südamerika gut vertreten, allerdings war das Wahljahr 2016 in den USA geschäftlich eher schwierig.
Sie sind in Pforzheim in Deutschland geboren, haben aber den weitaus größten Teil Ihres Lebens in der Schweiz verbracht, wo Sie in Genf leben. Welche Verbindung haben Sie zu Ihrem Geburtsland?
In Birkenfeld bei Pforzheim haben wir noch immer eine Firma, die Schmuck herstellt. Es ist die Firma, die mein Urgroßvater gegründet hat. In Birkenfeld ist auch unsere deutsche Vertriebsgesellschaft. Persönlich lebe ich seit meinem 14. Lebensjahr im Raum Genf.