Mit fast hundert Teilnehmern wird am Hans-im-Glück-Brunnen in Stuttgart-Mitte „Bach – auch du kannst singen!“ fürs Fernsehen aufgezeichnet.

S-Mitte - Patrick Bach ist ein Mann, der andere begeistern kann. Sogar die 20 hibbeligen Kinder in der ersten Reihe sind auf den Punkt ruhig und folgen dann jeder Regung und Bewegung des agilen Chorleiters. Der große Rest der bunt zusammengewürfelten Schar sowieso. Mit verschränkten Armen dastehen? In der Spannung nachlassen? Geht gar nicht! Auch dann „volle Begeisterung zeigen, wenn ihr nicht singen müsst, denn die Kamera schaut immer hin“ – das führt prompt zu anhaltender Hochstimmung. Zumal auch Juri Tetzlaff, der Moderator des Kinderkanals Kika, als leibhaftiger Wonneproppen beispielgebend an jedem Detail feilt. Bis ins Publikum hinein, das als Kulisse ja auch Teil der Sache ist, weshalb sogar der Applaus geprobt sein will. Und wer von den vielen am Hans-im-Glück-Brunnen Versammelten eventuell noch nicht weiß, was da vor sich geht, den klärt Bach auf: „Hier ist der Chor, der vor zwei Tagen noch nicht wusste, dass er ein Chor sein wird. Und auch nicht, was er singen wird. Und jetzt machen wir zusammen Fernsehen!“

 

Gemeinsam geht es über die Wolken

Hier also wird für die ZDF-Serie „Bach – auch du kannst singen!“ aufgezeichnet. Ad hoc wurde dafür ein „Chor der Religionen“ zusammengetrommelt, ohne jegliche Zugangsbeschränkung. Zweimal war eine Abendprobe, und nun wird es ernst mit der Darbietung von „Über den Wolken“, einer chorischen Adaptation des Evergreens von Reinhard Mey. Vor der Aufzeichnung gibt es noch eine Open-air-Probe mit mehreren Durchgängen: „Einfach mal loslegen!“, gibt Bach das Signal, und schon befindet man sich auf „Startbahn null-drei“. Allerdings nur für zwei Takte. Auch das Abheben will geübt sein! Dann aber geht es ab, durch und über die Wolken, wird ein voller Flug durchgezogen: „Ei, ei, ei, ei!“ schweben die hellen Stimmen von „Kirlangiclar“ empor, dem Kinderchor aus Bad Cannstatt, der keinen passenderen Namen haben könnte: Schwalben!

Auch musikalisch ist das Stück eine bunte Vogelhochzeit: aus Okzident und Orient, orientalischer Improvisation, Kirchenchor und Kindergesang, Klavier, Gitarre und Saz, Satz- und Sologesang. Und Sarah Schmidbauer legt sogar eine jubilierende Opern-Koloratur übers schwelgerische Finale, Klavier, Gitarre Klavier, Gitarre und Saz, der sirrenden arabischen Langhalslaute. Der nasse Asphalt bebt – und weit, weit drüber muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Was doppelt glaubhaft wirkt mit dieser in dieser Weise Grenzen so locker überfliegender Musik. Und wie auf Knopfdruck segeln mit dem verhallenden Finalton die vorbereiteten Papierflieger schönster Unordnung über den Platz. Und als Zugabe zwitschert Murat Sahim mit seinen Schwalben ein türkisches Volkslied.

Bach ist glücklich

Nach einer guten Stunde ist das Ganze im Kasten. „Sofort elektrisiert“ war Irene Plieninger aus Heslach von der Idee“, „denn Singen ist eine tolle Möglichkeit, dass sich Menschen aus ganz verschiedenen Welten sich näherkommen“. Spontan aufgesprungen war Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, die sich „voller Freude“ zeigt: „Jetzt weiß ich: Wir sollten öfter so frei sein, in der Stadt anzuhalten und miteinander singen. Dann wäre die Welt viel friedlicher.“ Ganz bewegt ist der Tenor Mazen Mohsen, vor zwei Jahren aus Syrien geflüchtet: „Ich hatte Gänsehaut, wir waren wie eine große Familie. Liebe und Frieden, das ist die Botschaft, die wir schicken wollten. Es war wunderbar.“ Mit gemischten Gefühlen war Bach angereist: „Das Thema hat ja leider Brisanz bekommen.“ Jetzt aber sei er „total glücklich über den Verlauf“: „Wir haben uns musikalisch aufeinander zu bewegt und zusammengefunden. Dazu so viele Begegnungen und Geschichten! Es war wunderbar!“