Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel will einen Gesprächskreis klein halten, der sich um die Wertkonservativen kümmert.

Berlin - Wolfgang Bosbach ist ungehalten. Er könne sich „die harsche Reaktion des Konrad-Adenauer-Hauses“ einfach nicht erklären, sagte der Innenexperte der Unionsfraktion der Stuttgarter Zeitung. Der Grund seines Ärgers: die Strategen in der Parteizentrale der CDU wollen offenbar dem sogenannten Berliner Kreis, einer Sammelbewegung unzufriedener Konservativer, das Wasser abgraben. Für den Dienstagabend war ein Treffen des Kreises mit Generalsekretär Hermann Gröhe in der Parteizentrale anberaumt. In der Partei verlautet, Gröhe habe den konservativen Kreis zum Rapport bestellt, um ihm die Leviten zu lesen.

 

Bosbach, selbst Mitglied, hat für diese Deutung kein Verständnis – zumal sie nicht den Tatsachen entspreche. Es sei der Gründer des Kreises, der Chef der hessischen Landtagsfraktion Christean Wagner, gewesen, der Gröhe einen Meinungsaustausch angeboten habe. So was müsse in der CDU ja wohl noch möglich sein, „es sei denn, man wünscht sich, dass gar nicht diskutiert wird“, sagt Bosbach: „Ich hätte da etwas mehr Gelassenheit erwartet.“

Auch Erika Steinbach gehört zum Berliner Kreis

Der Berliner Kreis ist vor drei Jahren von Wagner initiiert worden, ihm gehören unter anderem die Vertriebenen-Funktionärin Erika Steinbach und der sächsische Landtagsfraktionschef Steffen Flath an. Baden-Württemberg ist nach dem Rückzug von Stefan Mappus weiterhin gut vertreten, zum Kreis werden der Chef der einflussreichen Parlamentsgruppe Mittelstand, Christian von Stetten, sowie die Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß und Thomas Dörflinger gezählt. Nachdem im Dezember berichtet wurde, der Kreis wolle sich besser organisieren und einen Gegenkurs zu Merkel formulieren, machten Partei- und Fraktionsführung Druck. Fraktionschef Volker Kauder sagte: „Mehr konservativ fordern reicht nicht.“

Bosbach kontert. Er sei jetzt bei drei Treffen dabei gewesen und könne versichern, dass dabei kein einziges Wort gefallen sei, das der CDU schaden würde. Er könne nicht verstehen, was an seinen Motiven ehrenrührig oder parteischädigend sein solle, sagt Bosbach. Er stelle lediglich fest, dass die CDU ihre früheren Wahlziele „40 plus x Prozent“ regelmäßig verfehle. Und weil er nicht bereit sei, magere 35 Prozent als schönes Ergebnis zu feiern, habe er sich eben gemeinsam mit anderen in der CDU über die Gründe dieser Entwicklung Gedanken gemacht.

Die CDU verfehlt regelmäßig ihr Wahlziel „40 plus x Prozent“

Viele potenzielle CDU-Wähler seien laut Bosbach nicht zu anderen Parteien abgewandert, sondern hätten sich enttäuscht in die Enthaltung geflüchtet. Es seien dies überwiegend „Wertkonservative, die sich in unserer Partei nicht wiederfinden“. Der Abschied von der Wehrpflicht, die Energiewende, der „Abschied von der Hauptschule“: alles Punkte, die laut Bosbach der Basis von der Führung ohne ausreichende Diskussion aufgezwungen worden seien. Das müsse aufgearbeitet werden, wenn die CDU wieder erfolgreich sein wolle. Mit Kritik am Kurs von CDU-Chefin Angela Merkel habe das „null Komma null“ zu tun. „Wenn ich Generalsekretär wäre, würde ich mich über jede innerparteiliche Diskussion freuen, die dem Ziel dient, die Partei zu alter Stärke zurückzuführen“, sagt Bosbach.

Doch der Druck der Führung wirkt. Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, hält nichts von „Parallelveranstaltungen“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“. Im CDU-Präsidium würden konservative Positionen bereits von ihm selbst, Fraktionschef Kauder und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier vertreten, sagte Mißfelder. Auch die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt äußerte sich kritisch. Sie sehe in einem „isolierten Gesprächskreis“ keinen Sinn.