Der Stuttgarter Christian Goldemann schreibt auf seinem Blog Typostrate über Schrift. Klingt abstrakt, ist aber sehr schön anzusehn und dabei auch noch weltweit erfolgreich.

Stuttgart - Schrift ist gleich Schrift ist gleich Schrift? Von wegen. Das dachte sich auch Christian Goldemann, schon allein von Berufs wegen. Der 31-Jährige ist Grafiker und arbeitet als Artdirector in einer Internetagentur. Ein Faible für Schrift hatte er schon immer. „Ich kann gar nicht so richtig erklären, woher das kommt“, sagt er.

 

Im Jahr 2011 hat er daraus Konsequenzen gezogen. Konsequenzen, mit denen er heute ganz schön erfolgreich ist. Er hat den Blog Typostrate gestartet und zunächst Fotos gepostet von Schriften und Schriftarten, parallel zu einem Blog, der sich mit Design auseinandersetzt. „Zu der Zeit gab es wenig Blogs, in denen es nur um Typografie ging. Meist fällt die einfach in die Rubrik Design“, sagt Goldemann, „ich möchte mit meinem Blog die Typografie als eigenen Bereich zeigen“, sagt er.

Schon bald hat er gemerkt, dass er damit einen Nerv getroffen hat, seine Leser werden immer mehr, und sind auf der ganzen Welt verteilt. Irgendwann hat er deshalb angefangen Beiträge zu schreiben und nicht mehr nur Fotos zu posten. Die Sprache: Englisch, damit er auch rund um den Globus verstanden wird. Die meisten seiner Leser sind aus den USA, danach kommt erst Deutschland. „Hier ist man sehr kritisch, was Schriften angeht, Typografie hat in Deutschland einen hohen Stellenwert. Auch in der Schweiz, durch die lange Schrifttradition“, sagt Goldemann.

Junge Talente und Stars der Szene

Er stellt nun auf dem Blog unter anderem Bücher vor, Designer und gelungene Kampagnen. Die Bücher bekommt er für die Besprechung inzwischen schon von Verlagen zu geschickt, auch Designer melden sich mit Ideen bei ihm.

„Es kommen großartige Arbeiten bei mir an“, sagt er. Er stößt immer wieder auf junge Talente, aber auch auf Stars der Szene. Er pflegt auf seiner liebevoll gestalteten Seite verschiedene Rubriken. Mittwochs gibt es beispielsweise ein Video, es gibt die Monday Quotes und die Weekend Inspirations, in denen er alles zusammenträgt, was er in der Woche gesammelt hat. Vor wenigen Wochen hat er seinen Blog aufgehübscht und erneuert.

Christian Goldemann ist ein echtes Stadtkind. Naja fast, der Artdirecor ist auf den Fildern geboren, und nur einmal wäre er Stuttgart beinahe untreu geworden. Nach dem Abitur nämlich zog es ihn erst einmal nach Italien, um Modedesign zu studieren. Nach Mailand, wohin auch sonst. Übers Grundstudium ging sein Ausflug aber nicht hinaus. "Das war nichts für mich", erinnert er sich. Die Stadt nicht, und auch nicht das Studium. Schließlich hat er an der Merz Akademie studiert und dort auch abgeschlossen.

Jetzt hat ihn sein Blog voll in seinen Klauen. Morgens steht er früher auf, um Typostrate mit Futter zu versorgen, abends nach der Arbeit geht es so weiter. Doch er tut es mit Leidenschaft und mit einem „inneren Motor, der mich antreibt“, wie er sagt – anders wäre das Pensum gar nicht möglich. Und deshalb muss das, was auf seinem Blog landet auch seinen Qualitätskriterien entsprechen, die aber gar nicht so einfach greifbar sind. „Die Schrift muss handgefertigt sein, muss eine tiefere Ebene haben und es muss eine kreative Idee dahinter stecken – die Message ist wichtig“, sagt er. Schrift könne so viel: Botschaften und Gefühle transportieren, eine Funktion erfüllen je nach dem, an wen sie gerichtet ist. Für Goldemann ist Typografie definitiv eine Kunstform - und zwar eine eigenständige.