Fernab des Zirkus’ der Fernseh-Köche gilt Christian Rach als „Rächer der Restaurantbesitzer“. Am Montag startet seine neue Sendung bei RTL – diesmal in Berlin.

Berlin - Er ist jetzt da angekommen, wo er nie hinwollte, in Berlins Mitte, dort, wo für gewöhnlich der Geldadel speist, Ecke Gendarmenmarkt. Man kann sein neues Restaurant gar nicht verfehlen. „Roter Jäger“, so hat er es genannt, und schon die Fassade leuchtet in demselben Rot, das man aus dem Logo der RTL-Dokusoaps kennt, die ihn bekannt gemacht haben.

 

Christian Rach, 54, das ist der „Restaurant-Tester“, ein Ein-Mann-Spezialkommando, das immer dann ausrückt, wenn in einer Schnitzelbude die Lichter auszugehen drohen, weil Schmalhans das Regiment am Herd übernommen und auch den letzten Gast mit Dosengemüse und Tütensuppen vergrault hat. RTL schickt dann seine Geheimwaffe, einen etwas ungelenken Schlaks in Hemden, die so furchterregend bunt sind, dass er sich schon die Frage gefallen lassen musste, ob er insgeheim von einer Karriere als Clown träume. Christian Rach verzieht dann keine Miene. Er räumt diesen Verdacht aber spätestens dann aus, wenn er als Restauranttester Messer und Gabel beherzt in ein zähes Stück Fleisch rammt und sich mit vollem Mund kauend fragt, ob dieses Steak in seinem früheren Leben eine Schuhsohle gewesen sei.

Rachs Arbeit hat auch eine politische Dimension

Es klingt eher wie eine nüchterne Feststellung. Die branchenübliche Häme, die den schmalen Grat zwischen Help-TV und Vorführ-Fernsehen markiert, liegt ihm fern. Der Mann hat eine Mission. Er reanimiert Lokale wie die „Weserlust“ im niedersächsischen Brake, dort, wo das panierte Schnitzel mit Spiegelei und Krabben einst als „Mövenschiss“ firmierte – ein Name, der das ganze Elend dieses Familienbetriebs bündelte. Aber das ist nicht alles. Seine Arbeit hat auch eine politische Dimension. Christian Rach will Verbraucher davon überzeugen, dass sie am falschen Ende sparen, wenn sie sich mit Fast-Food vollstopfen. Er sagt: „Essen und Trinken ist eigentlich der zentrale Ort der Kommunikation, auch zu Hause. Es gibt aber keine Wertschätzung der Familie mehr.“ Das klingt gestelzt. Ein Satz wie aus einem Lehrbuch für Soziologie.

Doch der Mann meint das tatsächlich so, wie er es sagt. Und man kauft es ihm ab. Eine blitzeblank geputzte Küche, eine einfache Speisekarte mit individuellen Akzenten und Personal, das Selbstvertrauen versprüht - das ist die Bilanz nach einem Einsatz als Restaurant-Retter. So hat er es zum Aushängeschild von RTL gebracht. Christian Rach, der Rächer der Restaurantbesitzer. Sein Aufstieg ist ein Phänomen. Rach besitzt nicht den rustikalen Charme eines Alfons Schuhbeck. Er quasselt nicht einfach drauflos wie Tim Mälzer. Auch fehlt ihm die Chuzpe eines Johann Lafer. Er passt nicht ins Profil eines TV-Kochs. Und genau dafür lieben ihn die Zuschauer.

Rach hat seinen eigenen Kopf. So war er schon immer. Studierte Philosophie, obwohl der Vater warnte, das sei brotlose Kunst. Er legte noch Mathematik drauf, doch kurz vor dem Examen schmiss er das Studium. Er hatte es sich als Kellner und Koch finanziert und 1983 einen Job in Frankreich angeboten bekommen. Die Neugier auf die Nouvelle Cuisine war größer als der Wissenshunger.

Guten Nachwuchs zu finden ist schwer

Seither ist die Küche sein Revier. In eine Kochshow bekämen ihn keine zehn Pferde, versichert er. „Ich würde mich selber auch nicht als Fernsehkoch bezeichnen.“ Als Chef und Coach, so versteht er sich selbst. So gesehen war es konsequent, dass er jetzt auch noch Kandidaten unter die Fittiche nahm, denen die Bewährungsprobe im Berufsleben noch bevorstand. Beinahe 24 Jahre lang hatte er das „Tafelhaus“ in Hamburg betrieben, ein gläserner Kasten mit Blick auf die Elbe und einem Michelin-Stern. Guten Nachwuchs zu finden, sei schwer gewesen, resümiert er. So entstand die Idee für eine neue RTL-Dokusoap. „Rachs Restaurantschule“.

2010 eröffnete er in Hamburgs Altstadt ein Ausbildungsrestaurant für Menschen, von denen er sagt, ihr Weg sei nicht schnurgerade verlaufen. Er klingt, als rede er von sich selbst. Elf Bewerber castete er via RTL. Die meisten hatten mal hier und da gejobbt und waren bei Hartz IV gelandet. Im „Slowman“ lernten sie Thymian von Rosmarin zu unterscheiden und ihre ersten Bratkartofffeln auf den Punkt zu braten. „Social Business“ als TV-Unterhaltung? Das Kalkül ging auf. Ausbilder Rach gewann sogar den Deutschen Fernsehpreis. Eine Erfolgsgeschichte. Er sagt: „Wir sind zwar nicht perfekt, aber mit Leidenschaft dabei.“

Anfang März eröffnete das zweite Ausbildungsrestaurant

Die Betonung liegt auf „wir“. Denn seit er im September 2011 sein „Tafelhaus“ geschlossen hat, scheint er genug Zeit für seine Sorgenkinder zu haben. Die Achtzig-Stunden-Woche gehöre jedenfalls der Vergangenheit an, versichert er. Er genieße die Freiheit, um das nachzuholen, wozu er kaum gekommen sei. Seine Tochter morgens in die Schule zu bringen. Mal wieder ins Kino zu gehen. Solche Sachen eben. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass er tatsächlich kürzer tritt.

Am 5. März hat er ein zweites Ausbildungsrestaurant in Berlin eröffnet: den „Roten Jäger“. Pop-Art an den Wänden, leichte Crossover-Küche, zivile Preise. Nur eine Glasscheibe trennt die Besucher in der ersten Etage von der Küche. „Sie können sich beschweren, falls es Ihnen nicht geschmeckt hat“, sagt Kellnerin Jessica kokett. Ab heute kann man ihr bei RTL dabei zuschauen, wie sie einen neuen Geschmack kennenlernt – den der Arbeit.

Aber wie, bitteschön, schmeckt Arbeit? Rach hieße nicht Rach, wenn er die Antwort auf diese Frage nicht locker aus dem Ärmel schütteln könnte. Ein bisschen Entertainment darf, nein muss eben doch sein. „Arbeit schmeckt immer süß und salzig“, behauptet er. „Süß deshalb, weil Arbeit, die einen ausfüllt, glücklich macht, und salzig, weil man schwitzt, wenn man seine Arbeit gerne macht.“ Jessica sagt, sie habe früher gedacht, Rach sei ein Schauspieler. Heute weiß sie es besser. „Der ist tatsächlich so wie im Fernsehen.“ Streng, aber fair – und niemals herablassend.

Christian Rachs neue Sendung „Rachs Restaurantschule“ startet um 20.15 Uhr auf RTL (sie läuft jeden Montag).