Christoph Palm zählt zu den profiliertesten Rathauschefs im Land und scheidet nun freiwillig aus dem Amt. Zu seinem Abschied erklärt er, wie sich das Verhältnis zwischen Politik und Bürgern verändert hat und weshalb er sich darauf freut, nicht nur im Urlaub auch mal kurze Hosen tragen zu dürfen.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Kalbsleber und Kartoffelpüree sind kalt geworden in der Weinstube Schnitzbiegel im Fellbacher Stadtteil Schmiden. Gut eineinhalb Stunden hat das Gespräch mit Christoph Palm gedauert. Und es hätte noch viel mehr zu bereden gegeben. 16 Jahre lang war Palm Oberbürgermeister, einige Jahre parallel dazu auch Landtagsabgeordneter. Ende des Monats kehrt er der Politik den Rücken, um im Alter von 50 Jahren zu einer privaten Stiftung zu wechseln. Offen spricht er über die Motive für seinen Abschied aus der Politik, über die Siege und Niederlagen seiner Karriere – und die Aussicht auf ein Leben jenseits eines öffentlichen Mandats.

 
Herr Palm, beim Festumzug zum Fellbacher Herbst gab es ein Schild zu lesen mit einer bemerkenswerten Frage: „Haben Sie Ihr Ziel erreicht, Herr Palm?“ Und? Haben Sie?
Das Bilanzieren überlasse ich gerne anderen. Aber grundsätzlich ist es in der Politik ja nicht wie beim Fußball, wo das „zu null“ ein Erfolg ist. Die Zählweise ist eher wie beim Handball – gewonnen hat, wer ein Tor mehr erzielt, als er Gegentreffer bekommen hat. Persönlich habe ich das Gefühl, die Partie mit mehr als nur einem Tor für mich entschieden zu haben.
Seit wann wussten Sie denn für sich, dass Sie nicht für eine dritte Amtszeit als Rathauschef kandidieren wollen?
Den Gedanken hatte ich schon im Jahr 2000, ganz am Anfang meiner Laufbahn. Im Hinterkopf hatte ich dabei die politische Verfassung im alten Rom. Wer befähigt war, stand in der Pflicht, sich als Konsul für das Gemeinwohl zu engagieren. In diesem Amt aber war er nur zwei Perioden lang, um sich danach – als Privileg – wieder ins Private zurückziehen zu können. Wenn Sie so wollen, folge ich dieser Maxime . . .
. . .  wobei Sie so gar nicht den Eindruck der Amtsmüdigkeit machen. Warum dennoch der Ausstieg aus der Politik?
Ich bin so etwas wie der Philipp Lahm der Kommunalpolitik . . . (lacht)
. . . und gehen, wenn’s am schönsten ist?
Ich bin bis zum letzten Tag mit großer Leidenschaft Oberbürgermeister. Die Nähe zu den Menschen und den Themen war immer eine ganz starke Triebfeder für mein Engagement. Und ich kann sagen, dass trotz eines hohen Pensums das Geben und Nehmen nach wie vor für mich in einem idealen Zustand ist. Aber die Aussicht, jetzt noch einmal etwas ganz Neues anzufangen, war eben auch verlockend.
Jetzt sagen Sie nicht, Sie hätten nie die Last des Amtes gespürt?
Das sage ich in der Tat nicht. Vor allem in der Anfangsphase dachte ich, allen Bürgern beweisen zu müssen, dass ich den Job gut mache – und habe darüber Freunde und Familie phasenweise stark vernachlässigt. Ich weiß also, dass so ein Amt, passt man nicht auf, einen hohen Preis haben kann.