Größer, schriller, bunter: Mit mehr als 3500 Teilnehmern in 67 Formationen ist die 18. Parade zum Christopher Street Day die bisher stärkste in Stuttgart. Unter dem Motto „Wir machen Aufruhr!“ sind erstmals auch Daimler, Bosch sowie die Landeshauptstadt dabei.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Größer, schriller, bunter: Mit mehr als 3500 Teilnehmern in 67 Formationen ist die 18. Parade zum Christopher Street Day (CSD) die bisher stärkste in 35 Jahren CSD in Stuttgart. Trotz des wechselhaften Wetters verfolgen etwa 220 000 Schaulustige das Spektakel. „Wir machen Aufruhr!“ lautet das diesjährige Motto der Parade, die trotz der spaßigen Inszenierung auch eine politische Veranstaltung ist.

 

Viele politischen Parteien springen ohnehin auf den Zug auf, erstmals marschiert aber auch eine fünfzigköpfige Fußgruppe der Stadt mit, gut zu erkennen an den T-Shirts „Stuttgart – weltoffen & vielfältig“. Ihre Sprecherin ist Maria Flengt, Projektleiterin im Haupt- und Personalamt, von Bürgermeister Werner Wölfle beauftragt, sich um das Thema sexuelle Identität zu kümmern. Wichtig ist für Flengt vor allem, dass die im Landesbildungsplan anvisierte Vermittlung im Schulunterricht von vielfältigen Lebensentwürfen vorangebracht wird.

Bosch zum ersten Mal beim CSD dabei

Ebenfalls zum ersten Mal bei der Parade ist die Robert Bosch GmbH im Corporate-Idendity-Outfit vertreten. Mathias Reimann, Sprecher des im vergangenen Jahr offiziell gegründeten Netzwerks mit 150 Mitgliedern, ist froh über die Unterstützung des Unternehmens und dessen Diversity-Abteilung mit LKW, Startgeld und T-Shirts. „Wir wollen weniger die schrille Seite zeigen, sondern eher die konservative: dass Schwule und Lesben zum ganz normalen Alltag gehören“, sagt Reimann.

Aber natürlich gibt es in der Parade viel Schrilles zu sehen: in Lack und Leder, in Strapsen und auf hohen Hacken vom Erwin-Schöttle- bis zum Schlossplatz. Und auch die eine oder den anderen Conchita-Wurst-Look-alike sowohl im Zug als auch im mutmaßlich mehrheitlich heterosexuellem Publikum.

Offizieller Schirmherr des diesjährigen CSD ist der Finanz- und Wirtschaftsminister des Landes, Nils Schmid (SPD), der am Freitagmittag als Zeichen der Toleranz sechs Regenbogenfahnen vor dem Neuen Schloss hissen ließ und sagte: „Wir müssen eines klar machen: von einer diskriminierungs- und angstfreien Gesellschaft profitieren alle Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.“ Auf der Abschlusskundgebung am Samstagabend auf dem Schlossplatz wird der Schirmherr aber von der Bundestagsabgeordneten Ute Vogt, die auch Mitglied im SPD-Präsidium ist, vertreten.

Michl macht auf Akzeptanzprobleme aufmerksam

Vor Vogts Pädoyer für Vielfalt macht Christoph Michl, Vorstand der IG CSD Stuttgart, deutlich, dass die Akzeptanz von "lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren Menschen (LSBTTIQ)", wie es korrekt heißt, längst noch nicht überall in der Gesellschaft verankert ist. Als ein Beispiel von vielen wird mit der Aktion "Bunt Spenden" auf das Blutspendeverbot für bi- und homosexuelle Männer aufmerksam gemacht.

Gefeiert wird in der Szene aber natürlich auch: auf der tradtionellen Hocketse der Aidshilfe Stuttgart auf dem Markt- und Schillerplatz sowie bis in die Morgenstunden in den Klubs und Kneipen der Stadt.