Bettina Fuchs ist seit genau drei Jahren Vorsitzende der City-Initiative Stuttgart. Im Gespräch zieht sie Bilanz und erklärt, wieso Angebote wie das Stuttgarter Zeitung Kinder und Jugendfestival für die Innenstadt so wichtig sind.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart – Seit drei Jahren steht Bettina Fuchs der City-Initiative Stuttgart (Cis) vor. Der Verein vertritt die Interessen des lokalen Handels, organisiert die Stuttgart-City-Events und beteiligt sich am Kinder- und Jugendfestival der Stuttgarter Zeitung. Im Interview spricht Bettina Fuchs über Angebote für Kinder und die Gründe, wieso Stuttgart nicht noch mehr Einkaufszentren braucht. 

 
Frau Fuchs, als Chefin der Cis liegt Ihnen Stuttgart besonders am Herzen. Sehen Sie die Stadt manchmal vor lauter Baustellen nicht mehr?
Die vielen Baustellen sind natürlich nicht ohne. Wenn sich eine Stadt so verändert wie Stuttgart, gibt es eben temporär hässliche Wunden. Dafür werden wir aber auch eines Tages belohnt, wenn alles zu Ende gestaltet sein wird.
Eine der Baustellen ist das Dorotheen-Quartier von Breuninger. Es folgt im nächsten Jahr auf das Milaneo und das Gerber. Wird es Ihnen mit Blick auf die Königstraße da nicht Angst und Bange?
Nein, weil Stuttgart eine stark prosperierende Stadt mit einer historisch niedrigen Arbeitslosenquote ist. Andererseits ist es jetzt dann auch wirklich genug. Der Handel kann nicht unendlich wachsen. Der Einzelhandel befindet sich ja nicht nur stationär im Wettbewerb, wir haben ja noch das übergeordnete Thema Onlineshopping. Da findet natürlich eine Umverteilung statt. Deshalb muss man künftig darauf achten, dass man verstärkt an neue Konzepte vermietet, anstatt den vorhandenen Besatz zu duplizieren.
Also nicht die zehnte H&M-Filiale, sondern mehr Vielfalt.
Genau. Wir müssen Startups und kleineren Unternehmen eine Chance geben. Die Attraktivität einer Einkaufsstadt wird bestimmt durch die Vielfalt. Der Branchenmix ist entscheidend: Wenn ich für jeden etwas zu bieten habe, kommen die Kunden, die heutzutage sehr anspruchsvoll sind und verdammt viele Alternativen haben, wo sie hingehen können. Deshalb sage ich auch immer zu unseren Mitgliedsbetrieben: Es reicht heutzutage nicht mehr, morgens den Laden aufzusperren. Die Frage ist: Was kann ich um meine Produkte herum erzählen, damit mein Geschäft das Geschäft der Wahl ist?
Wie kann die Cis den Prozess unterstützen? Indem Sie immer mehr Events veranstalten?
Die Leute sind eventisiert, der Handel ist eventisiert. Viele Leute kommen zu einer langen Einkaufsnacht, weil dann etwas Besonderes ansteht, das es an anderen Tagen nicht gibt. Von daher werden die Events immer ein Teil unserer Strategie sein. An anderer Stelle versuchen wir, zur guten Erreichbarkeit der City beizutragen – das ist auch sehr wichtig für die Kunden.
Stichwort Events. Was viele nicht wissen: Sie veranstalten auch das Kinder- und Jugendfestival. Wie kam es dazu?
Das ist eine historisch gewachsene Verbindung. Wir kümmern uns seit der ersten Auflage um das Flächenmanagement und um die Verträge mit der Stadt. Im Lauf der Zeit kamen dann verschiedene Partner dazu wie zum Beispiel der Sportkreis. Es ist doch wunderschön, dass man eine Plattform gestaltet, auf der sich die Vereine mit ihren Angeboten präsentieren können. Als Familie mit Kind will ich nicht 30 Vereine abklappern, um herauszufinden, wo sich mein Kind am wohlsten fühlt. Es war schon immer ein Anliegen der Cis, eine zentrale Anlaufstelle in der Innenstadt zu schaffen. Es muss ja nicht immer alles Einkaufen und Kommerz sein. Wir wollen den Leuten die Qualitäten der City zeigen!
Der Einzelhandel spielt beim Festival kaum eine Rolle, ohne die Cis gäbe es aber kein Festival. Ist das nicht paradox?
Es ist ja in unserem Sinne, in der City Angebote für Familien mit Kindern zu gestalten. Mir geht es um coole Erlebnisse in der Innenstadt in der Hoffnung, dass die Kinder später wiederkommen, wenn sie älter sind, um ins Kino zu gehen oder ins Museum oder auch einfach nur, um am Schlossplatz abzuhängen und da einen schönen Tag zu verbringen. Da muss nicht immer alles in Umsatz münden. Es ist wichtiger, dass die Leute ein gutes Erlebnis haben, dass sie sich zurückerinnern und später sagen, das war jetzt ein schöner Nachmittag, ein toller Abend in der Stuttgarter Innenstadt. Wir kommen wieder.
Gibt es denn außerhalb des Festivals in der City genügend Angebote für Kinder, die nichts mit Konsum zu tun haben?
Es ist wichtig, dass Kinder Plätze und Räume haben, an denen sie sich entfalten können. An der einen oder anderen Stelle einen neuen Spielplatz zu gestalten, wäre sicherlich nicht verkehrt. Andererseits muss man ehrlicher Weise sagen, dass eine 1-A-Einkaufslage kein Kinderparadies sein kann. Dieser Raum wurde einfach unter anderen Gesichtspunkten geplant. Im Sinne des Kinderwohles kann man aber sicher immer mehr machen.
Zum Schluss noch einmal weg vom Festival: Wie sehen Ihre Träume für die Innenstadt in den kommenden Jahren aus?
Ich würde gerne bestehende Handelsquartiere besser miteinander verbinden. Königstraße, Kronprinzplatz, Calwer Straße zum Beispiel. Die Calwer Straße ist sehr charmant, die Verbindung von der Königstraße dorthin ist aber nicht ideal. Der Kronprinzplatz muss dringend ertüchtigt werden. Das passiert jetzt im Sommer auch. Da freue ich mich drauf. Das kann man fortsetzen in Richtung Eberhardstraße oder Marienstraße. So eine Entwicklung braucht aber Zeit. Da müssen auch die Eigentümer mitwirken, wenn Mietverträge enden, denn die Auswahl des künftigen Mietkonzepts ist entscheidend.
Was wünschen Sie sich außerdem?
Es darf keinen zusätzlichen großflächigen Einzelhandel in der City mehr geben. Außerdem wünsche ich mir, dass die Menschen nicht nur auf Bequemlichkeit setzen, sondern den städtischen Raum und die City bewusster nutzen. Es ist doch viel besser, wenn ich mich mit meinen Mädels in der City treffe, um ein Käffchen zu trinken, und anschließend Schuhe kaufe, als wenn ich daheim alleine stundenlang im Internet bei Zalando herumklicke. Da habe ich doch viel mehr davon, wenn ich mit guten Leuten eine gute Zeit verbringe.