Eine Zeugin fühlt sich bei einer belastenden Aussage von den Ermittlern falsch verstanden. Die junge Frau macht vor Gericht einen Rückzieher, muss später von ihrem Freund aber eine Schimpftirade über sich ergehen lassen.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart/Leinfelden-Echterdingen - Kaum ist die Zeugenvernehmung seiner Freundin vorbei, stellt der junge Mann die 20-Jährige vor dem Landgericht lautstark auf Rumänisch in den Senkel. Kurz zuvor hatte die Frau im Gerichtssaal auf die Frage, ob sie sich denn als Prostituierte oder als Geschädigte fühle, lange geschwiegen und dann geantwortet: „Ich weiß es nicht.“ Mit dem Anschaffen verdiene sie monatlich 1500 bis 4000 Euro, so die junge Frau weiter. Das Geld gehöre ihr und ihrem Freund – der arbeitslos sei. Man investiere gemeinsam in eine Immobilie. Damit erlaubte die Frau einen kleinen Blick in die Rotlichtszene hierzulande.

 

Auffällige Beobachtung in einem Bordell in Darmstadt

Eigentlich hatte man die junge Frau im Club-Paradise-Prozess als Zeugin gehört, weil sie voriges Jahr in einem Bordell in Darmstadt ein Gespräch aufgeschnappt hatte, das für das Gerichtsverfahren in Stuttgart bedeutsam sein könnte: Sie sagte damals bei der Polizei aus, dass eine der beiden nun angeklagten Prostituierten ein mutmaßliches Opfer „immer wieder“ aufgefordert habe, Freier anzusprechen. Die Ermittler rieben sich die Hände: Schließlich könnte es ein weiteres Puzzlestück sein, aus dem sich die Anklage am Landgericht zusammensetzt.

Denn die 25-jährige Prostituierte, die das Opfer gedrängt haben soll, eine 27 Jahre alte Berufskollegin und ein 21 Jahre alter Mann müssen sich dort derzeit wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und Zuhälterei verantworten. Das Trio soll drei junge Frauen voriges Jahr mehrere Wochen lang dazu bewegt haben, auf den Strich zu gehen.

Zeugin macht vor Gericht einen Rückzieher

Die 20-jährige Zeugin machte indes nun einen Rückzieher. Es sei möglich, dass es sich bei den beiden Frauen im Darmstädter Bordell um zwei andere Prostituierte handeln könnte. Vielleicht habe die Polizei sie auch falsch verstanden, weil sie kaum Deutsch verstehe – dabei hatte damals ein Polizist gedolmetscht, der rumänisch spricht. Schließlich legte sich die Zeugin darauf fest, dass die Frau ihre Berufskollegin eher dazu aufgemuntert habe, Freier anzusprechen. „So in der Art: ,Schau, der hat Interesse. Sprich ihn doch mal an’“, sagte die Zeugin aus.

Derweil schwiegen die drei Angeklagten auch am neunten Prozesstag eisern. Indes erwägt einer der Verteidiger eine Erklärung für seinen Mandanten abzugeben.

Der Prozess wird am Mittwoch, 12. August, fortgesetzt. Geladen sind dann Polizisten, die über die Ergebnisse der Telefonüberwachung einiger Club-Paradise-Mitarbeiter Auskunft geben sollen. Darunter auch das Handy des Angeklagten.