Nach drei Jahren im Einsatz für die Ginmarke Monkey 47 ist der Meistermixer Dino Zippe zurück in der o.T. Bar im Kunstmuseum und kreiert Signature Cocktails.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Ist es die Anzahl der Tattoos und die Länge des Barts, die dazu befähigt, gute Drinks zu mixen? Gibt es einen Unterschied zwischen einem Barkeeper und einem Bartender? Der Beruf ist nicht geschützt, die Grenzen sind fließend zwischen jenen, die sich einigermaßen auskennen, und solchen, die sich mehr mit der Materie auseinandersetzen. Aber was ist eigentlich ein Mixologe? „Ein Nerd ohne Freunde und Familie“, sagt Dino Zippe.

 

Nun, der 37-jährige Barmeister mit IHK-Zertifikat hat Freunde und Familie, ist Vater eines acht Monate alten Sohnes. Neun Jahre war Zippe in der o.T. Bar und wurde 2014 vom Fachmagazin „Mixology“ zu einem der zehn besten Gastgeber im deutschsprachigen Raum gewählt. Dann war er drei Jahre als Brandmanager für die Ginmarke Monkey 47 im Einsatz. Seit April ist er zurück am Stuttgarter Schlossplatz und baut nach und nach die Karte mit seinen Signature Cocktails aus. Grund genug, bei einem Tasting über die Barkultur zu philosophieren.

Dr. Marshall

Die Abwandlung eines Klassikers ist für Zippe eine Möglichkeit, vom Campari Orange oder Aperol Spritz wegzukommen. Wobei er die beiden auf der Terrasse sehr gefragten Getränke gerne anbiete, auch wenn das für manchen Barmann unter seiner Würde wäre. In seine Manhattan-Variante Dr. Marshall kommt Whiskey, der mit Roter Bete und Orangenschalen sous-vide im Vakuum bei 62 Grad angesetzt wurde. Standortvorteil für Zippe: Er kann die Küche des Cube-Restaurants nutzen, die wie das Pier 51 und das Goldberg zum Catering-Unternehmen Rauschenberger gehört, das ihm alle Freiheiten gebe.

Smoking Negroni

Diesen Klassiker veredelt Zippe mit der Smoking Gun, die mit entflammten Fichtenholzchips geladen wurde. Der Rauch im Glas sieht gut aus und gibt dem Drink eine spezielle Note, ebenso wie die Sous-vide-Essenz aus Pflaume und Vanille auf Wodkabasis. Der Bestandteil Gin ist für Zippe „Fluch und Segen zugleich“, ist doch ein riesiger Hype um das Wacholderdestillat entstanden. Vorbei die Zeiten, als man noch einen simplen Gin Tonic bestellen konnte – auch unter den 450 Spirituosen in der o.T. Bar sind 75 Ginsorten. „Die Gäste werden anspruchsvoller und kennen sich aus. Es ist doch schön, wenn man mit diesem Thema spielen kann“, sagt Zippe.

Cantua

Im Gegensatz zu einer intimen Bar mit einer eingeschworenen Hipster-Gemeinde, in der man sich ganz schön doof vorkommen kann, öffnet sich die „einzigartige Location“ im Kunstmuseum mit ihrer Höhe und Weite, umrahmt von Beton und Glas, für jeden. Aber zwischen der Laufkundschaft gebe es auch Stammgäste. Wie gerufen, hat einer einen Zettel hinterlassen: „Schön, dass du wieder da bist.“ Denn diese zwei Stunden mixt Zippe nur für unsere Zeitung, nun eine Alternative zur Pina Colada: Der Cantua ist eine Hommage an Peru mit dem Trester Pisco, mit aufgeschlagenem Eiweiß, Ananas, Kokos, Zitrone und Chili – und dem Machu Picchu als Zuckerblatt.

Sloe Gin Fizz

Zippe experimentiert viel in der Küche, überlegt, welche Gerichte man „nachbauen“ kann, beschäftigt sich mit Foodpairing, also der Kombination ungewöhnlicher Aromen. „Manche Sachen gehen auch in die Hose“, sagt er – sein Sloe Gin Fizz aber ist gelungen. Er enthält Knollenselleriesirup, und als Special Effect wird durch eine Schablone rotes Schokospray aus der Pâtisserie obendrauf gesprüht.

Green Herbal Garden

Die Geschmäcker sind verschieden, sagt Zippe, der für Monkey 47 viel in der Weltgeschichte unterwegs war. In London möge man’s klassisch, in den USA müssten die Drinks vor allem riesig groß sein, und in Asien sei man sehr verspielt. Bis zu drei Leute würden dort an einem Cocktail basteln. Zippe konzipiert seine so, dass er auch vierzig Stück schnell auf die Terrasse bekomme. Und er ist gut vorbereitet: für den Green Herbal Garden mit Gurkenkonzentrat aus dem Thermomix, passend dazu ein dänischer Aquavit mit Dillaroma. Und Ingwerlimonade. Fresh!

Aviation 2.0

Dino Zippe ist kein Showmixer, von denen es in Deutschland nur drei, vier gute gebe: „Wer sich den ganzen Tag mit Jonglage beschäftigt, setzt sich vielleicht nicht so sehr mit dem Drink auseinander.“ Er beherrscht jeden Handgriff, benutzt aber – „ich muss das meinen Kollegen vorleben“ – auch für seinen Aviation 2.0 einen Messbecher: mit Lavendel angesetzter Gin, sizilianische Blutorange, Veilchenlikör, Maraschino, Zitronensaft – so schmeckt der Sommer! Man darf gespannt sein, was der sonst noch so hervorbringt, auch an anderer Stelle. Zippe sagt, dass es zumindest fünf gute Bars in Stuttgart gebe. Welche er meint, ist natürlich ein Betriebsgeheimnis.