Die kleinen Laufjungs, die Sherlock Holmes zur Hand gingen, kamen in ihrer eigenen Comic-Reihe bislang groß heraus. Der von den Toten wiederkehrende Holmes aber spannt sie im neuesten Band so ein, dass ihre eigenen Konflikte zu kurz kommen.

Stuttgart - Manchmal werden Ungerechtigkeiten spät doch noch ausgeglichen. Im Fall der Gehilfen von Shelrock Holmes ist das so. Der Meisterdetektiv beschäftigte Straßenkinder als Boten, Spitzel und Observateure, aber in den Erzählungen des gutbürgerlichen Dr. Watson über die Großtaten seines Freundes wird das Lumpenpack nur nebenbei erwähnt. Die Comicreihe „Die Vier von der Baker Street“, feinste frankobelgische Schule, lässt die pfiffigen Bengel zu Ehren kommen. Wir haben die Reihe hier schon einmal vorgestellt.

 

Damals standen die drei obdachlosen Detektive etwas ratlos vor der Herausforderung der weiteren Lebensgestaltung. Sherlock Holmes schien tot zu sein, und sie waren sich komplett uneins, wie es mit ihnen weitergehen sollte. Wieder Gauner werden? Polizeispitzel? Privatdetektive? War auch nur eines davon überhaupt mit Aussicht auf längerfristigen Erfolg umsetzbar.? Der fünfte Band versprach, sehr spannend zu werden.

Der liegt nun schon eine kleine Weile auf Deutsch vor: „Das Erbe des Professor Moriarty“. Und ist nicht ganz das geworden, was man erhoffen mochte. Tom, Charlie und Billy müssen sich nicht wirklich in einem Interregnum zurecht finden: Holmes, nur scheinbar an den Reichenbach-Fällen zu Tode gekommen, nimmt Kontakt zu deN Steppkes auf und spannt sie ein in einen Kampf gegen die nahcfolegr seines Erzfeindes Moriarty.

Den Kindern wird kein Raum gegeben, ihre Konfliket weiter zu entwickeln. Durch Meckern hier und Schmollen da wird zwar klar, dass die weiter vorhanden sind, aber das Persönliche tritt hinter die Aufgaben zurück. Das ist schade, aber immerhin hat es der neue Kampf in sich: Holmes muss aus dem Untergrund agieren, seine Gegner scheinen mächtiger denn je.

Aber auch da hält einen der fünfte Band der Reihe auf Distanz. Er ist zwar wieder großartig gezeichnet, aber wärend der Plot mit Kontrollverlust zu tun hat, mit gar nicht so gut funktionierenden Aktionen von Holmes und seiner Kindertruppe, mit Momenten des bedrohlichen Chaos, sind die die Bilder klar, beherrscht, strukturiert. Dieser Zeichenstil signalsiert beständig: „alles im Griff“.

Aber was soll’s. Für Einsteiger wäre der fünfte Band sowieso nicht geeginet. Und wer erst einmal die anderen vier Alben gelesen hat, wird auch dieses nicht missen wollen. Vielleicht besinnen sich Jean-Blaise Djian, Olivier Legrand und David Etien im nächsten ja wieder auf die schwierige Gefühlslage ihrer kleinen Helden.

Jean-Blaise Djian, Olivier Legrand, David Etien: „Die Vier von der Baker Street: Das Erbe von Professor Moriarty“. Aus dem Französischen von Tanja Krämling. Splitter Verlag, Bielefeld. 58 Seiten, 13,80 Euro.