Sherlock Holmes ist auch als Comic-Held kein Neuling. Aber die Albenreihe von Ian Edginton und I.N.J. Culbard erfindet sich den alten Knobler nicht nach Belieben neu. Sie spürt der ursprünglichen Figur nach.

Stuttgart - Sherlock Holmes war nie ganz vergessen, aber die Kinofilme von Guy Ritchie und die TV-Serie „Sherlock“ haben ihn staunenswert revitalisiert. Natürlich arbeiten sich auch Comic-Künstler immer wieder am populärsten Krimihelden aller Zeiten ab, aber die meisten von ihnen erfinden sich ihre eigenen Geschichten. Holmes, der scharfe Beobachter, in gewagten Logikketten denkende Knobler und selbstgefällig dozierende Belehrer seines Freundes und Biografen Dr. Watson, steht ja meist nur herum und redet oder schaut.

 

Der Autor Ian Edginton und der Illustrator I.N.J. Culbard aber haben sich aufs Wagnis der Originalgeschichten von Arthur Conan Doyle eingelassen. Im englischen Original sind bislang vier Holmes-Abenteuer erschienen, die der Piredda-Verlag nun, beginnend mit „Eine Studie in Scharlachrot“, auch auf Deutsch vorlegt.

Gewiss, Dr. Watson und Holmes reden hier wirklich viel miteinander. Aber die Figurenentwürfe und Blickwinkel von Culbard sind so anziehend wie die Akzentuierungen von Edginton clever. Es geht in „Eine Studie in Scharlachrot“ oft nur vordergründig um den Fall eines Ermordeten, über dessen Lebenszusammenhänge Holmes und die Polizei zunächst gar nichts wissen. Es geht um die Beziehung zweier Männer, und so kann man sich am manchmal ängstlichen Staunen Watsons und der nach und nach als Maske deutlich werdenden Selbstgewissheit von Holmes gar nicht satt sehen. Doyle hat eben nicht nur den alles durchschauenden Detektiv erfunden, er hat auch die Frage aufgeworfen, wie man mit jemandem umgehen soll, der die Welt so viel besser begreift als man selbst.

Ian Edginton, I.J.N. Culbard: „Eine Studie in Scharlachrot“. Comic. Piredda Verlag, Berlin. Aus dem Englischen von Martin Surmann. 144 Seiten, 19,95 Euro.