Cornelia Theiligs erste Leidenschaft ist die Architektur. Die konnte die Sillenbucherin der Kinder wegen nicht weiter ausüben. Aber es ist etwas anderes entstanden: Kunst.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Sillenbuch - Das Meer von Wellblechdächern hat es Cornelia Theilig angetan. Die grauen Wellbleche der Favelas, der endlosen Elendsviertel in Rio, haben sich ihr ins Gedächtnis gebrannt, als sie sie vom Flieger aus gesehen hat. Wieder daheim hat Cornelia Theilig die Hütten aus der Vogelperspektive auf Leinwand gebracht, und es sind so viele, dass die Künstlerin Platz gebraucht hat. Entstanden ist ein Werk mit den Maßen anderthalb auf 15 Metern. Es schmückt ihr Atelier. „Das ist so ein Bild, das wird keiner kaufen“, sagt sie. „Wo soll er das hinhängen?“ Aber ums Geldverdienen geht es ihr auch gar nicht. Ihr geht es um die Kunst als solche.

 

Es ist etwas anderes entstanden

Auch wenn es dem Favela-Bild nicht auf Anhieb anzusehen ist: Hinter den unscheinbaren Blechhütten steckt enorm viel Farbe und Energie. „Unter diesen Dächern verbirgt sich Leben.“ Cornelia Theilig sieht die Welt mit Künstleraugen. Aber auch mit Architektenaugen. Denn die Sillenbucherin ist studierte Architektin. Sie hat ihren Beruf geliebt, doch mit drei kleinen Kindern war er nicht mehr vereinbar. Heute sagt sie: „Okay, ich habe meinen Beruf nicht ausgeübt, aber da ist was entstanden.“ Sie lebt ihre andere Leidenschaft: die Kunst.

Ist sie unterwegs, hat sie meist ihre Kamera dabei. Um unmittelbar festzuhalten, was sich ihr als Kunstwerk offenbart. So lässt sie sich inspirieren. Tiere bannen sie besonders. Auf den Bildern, die sie nun bei der Ausstellung der Künstlergruppe Sillenbuch zeigt, seien vor allem Vögel zu sehen (siehe Textende).

Cornelia Theilig macht aber auch ganz andere Sachen. In ihrem Atelier an der Buowaldstraße in Sillenbuch kramt sie eine Abdeckhaube fürs Auto hervor. Sie hat sie bemalt, über einen Wagen gestülpt und vor einem Gebäude fotografiert. Den Anstoß gaben die vielen Graffiti, die sie schon gesehen hatte. Zum Beispiel in Südamerika. Cornelia Theilig und ihr Mann reisen viel; in Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens, hat sie ein kilometerlanges Graffito entdeckt. „Das ist ein Lebensausdruck“, sagt sie. Einer, der sie berührt hat.

Die Bilder sickern in ihr Schaffen

Sie lasse sich in ihrer Kunst viel von äußeren Eindrücken und Vorkommnissen beeinflussen, sagt sie. Was nicht heißt, dass sie jetzt Flüchtlingsboote auf Leinwand bringt. Aber die Bilder, die derzeit in den Zeitungen abgedruckt sind, sickern in ihr Schaffen, brechen sich irgendwie Bahn.

Der Fotorealismus war lange prägendend für Cornelia Theilig. Beispiele hängen in der Wohnung gleich neben dem Atelier. Eine Küchenszene etwa oder ihre Kinder. Einen festgezurrten Stil hat sie nicht – und will sie nicht haben. Sie will machen, wonach ihr ist. „Malerei ist frei und offen und an nichts gebunden. Die Wiedererkennbarkeit ist nicht mein Ziel.“

Den Pinsel hat sie „schon immer“ in der Hand. Die Technik hat sie sich teils selbst beigebracht, teils von Profis gelernt. So war Cornelia Theilig zum Beispiel auf der Kolpingschule, und sie besuchte die Sommerakademie im Kloster Irsee. Dort treffen sich Künstler unterschiedlicher Genres zu Workshops. Die Sillenbucherin liebt die kreative Stimmung.

Für Cornelia Theilig gibt es fertige Bilder, aber auch Bilder, die sich weiterentwickeln möchten. Das passiert dann, wenn ein Bild eine Weile an der Wand hängt und sie sieht, dass es nicht mehr passt. Dann hängt sie es ab und übermalt es hie und da. Wer weiß, was sie aus den Wellblechdächern vielleicht noch hervor kitzelt.

Ausstellung im Finanzgericht:

Acht Mitglieder der Künstlergruppe Sillenbuch stellen vom 14. Januar an im Landesarbeits- und Finanzgericht Baden-Württemberg, Börsenstraße 6, aus. Unter dem Titel „Perspektiven der Farbe“ zeigen sie Werke unterschiedlichen Stils. Die Vernissage ist am Donnerstag, 14. Januar, von 18 Uhr an im achten Obergeschoss des Finanzgerichts. Gastredner ist der Professor Helge Bathelt, ehemals der Leiter der Volkshochschule und der städtischen Galerie in Herrenberg. Die Bilder der Künstlergruppe hängen im achten Stock und im Erdgeschoss und sind bis 10. März zu sehen