Zwei neue Modellrechnungen zeigen, wie viele Menschen sich bis zum Frühjahr noch mit dem Coronavirus infizieren werden. Was ist in den Kliniken zu erwarten?

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Zwei von drei Kindern werden sich bis April mit dem Coronavirus infiziert haben. Das geht aus einer Modellrechnung des Science Media Center (SMC) hervor. Der für das SMC regelmäßig mit solchen Rechnungen befasste Wissenschaftler Lars Koppers nimmt dafür die bisherigen Infektionszahlen als Grundlage.

 

Selbst ausweislich der lückenhaften offiziellen Inzidenz infizieren sich derzeit jede Woche mehr als drei Prozent aller Kinder zwischen fünf und 14 Jahren. Koppers erwartet, dass der Anteil bis Mitte Februar etwa fünf Prozent beträgt. Seit November habe dann schon ein Drittel aller Kinder eine Infektion durchgemacht. Anschließend werde die Omikron-Welle nur langsam abschwellen. Daher vermutet Koppers, dass sich bis April noch ein weiteres Drittel der Kinder ansteckt.

Der Forscher bezeichnet seine Rechnung explizit als „Gedankenexperiment“. Einschließlich nicht erkannter Infektionen scheinen seine Werte aber nicht unplausibel. Die Infektionszahlen unter Kindern sind weit überdurchschnittlich. Laut RKI liegt die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Fünf- bis 14-Jährigen mit 3300 aktuell mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung (1350). Zwar wird diese Altersgruppe öfter getestet als andere, weshalb bei Erwachsenen „von einer höheren Dunkelziffer ausgegangen werden“ müsse, so Koppers. Das Infektionsrisiko der Jüngeren ist aber auch deutlich höher, weil Kinder und Jugendliche öfter in Gruppen zusammenkommen und seltener geimpft sind.

RKI: mehr als 10 Millionen Omikron-Infizierte

Eine am Donnerstag erschienene Modellrechnung des Robert-Koch-Instituts (RKI) geht ebenfalls davon aus, dass Mitte Februar der Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht ist. Bis April werden sich demnach wohl zwischen elf und 21 Millionen Menschen in Deutschland mit der Omikron-Variante angesteckt haben – zusätzlich zu Kindern und Jugendlichen also viele Erwachsene, von denen die Älteren weiterhin ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben.

Die RKI-Modellierer untersuchen auch, wie sich Kontaktreduktionen auf die Lage in den Kliniken auswirken. Sie argumentieren, dass ein Lockdown kurzfristig die Infektionszahlen senke, aber einen „Rebound“-Effekt zur Folge habe – wie etwa in Österreich, wo seit dem Dezember-Lockdown die Inzidenz stark steigt und aktuell deutlich über der deutschen liegt.

Stattdessen plädiert die Studie für moderat reduzierte Kontakte durch verschärfte Regeln oder freiwillige Verhaltensänderungen. Auf Letztere deutet der nur noch knapp über 1 liegende R-Wert hin – die gemeldeten Infektionszahlen steigen kaum mehr, was aber auch an überlasteten Laboren und Gesundheitsämtern liegt. Trotzdem erwarten die Autoren im Februar deutlich mehr Covid-19-Patienten in den Kliniken. Intensivstationen drohe dagegen keine Überlastung.