Ein dritter Toter von der Costa Concordia ist als Deutscher identifiziert worden, neun Deutsche werden noch vermisst. Auch der Kapitän sorgt für neue Schlagzeilen.  

Giglio/Berlin - Nach dem Schiffsunglück vor Italien sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes mittlerweile insgesamt drei deutsche Todesopfer identifiziert. Die Zahl der vermissten Deutschen liege nun bei neun, sagte eine AA-Sprecherin am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Zur genauen Herkunft der Opfer machte sie keine Angaben. Unter den beiden Toten sei auch das bereits von den italienischen Behörden gemeldete deutsche Opfer. Die Rettungskräfte auf dem gekenterten Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ haben die Hoffnung, weitere Überlebende zu finden, aufgegeben.

 

„Jemanden lebend zu finden, wäre ein Wunder“, sagte der Leiter des Krisenstabes, Franco Gabrielli, auf der Insel Giglio. Unterdessen sorgte der schwer beschuldigte und unter Hausarrest stehende Kapitän des Unglücksschiffes, Francesco Schettino, für neue Schlagzeilen. Abgehörte Telefonate des 52-Jährigen nach der Havarie am 13. Januar mit Freunden scheinen Schettino zu belasten und seinen Aussagen im Verhör zu widersprechen.

Obwohl das Schiff teilweise voll Wasser gelaufen ist, setzten die Rettungskräfte ihre Suche nach Überlebenden fort. Nach einer Unterbrechung wegen schlechten Wetters hatten sich Marine-Taucher am Morgen einen noch größeren Zugang zu dem dritten Deck des havarierten Schiffes freigesprengt. Noch immer werden mehr als 20 Menschen vermisst. 16 Tote konnten identifiziert werden, darunter zwei Deutsche. Das deutsche Auswärtige Amt sprach am Mittwoch noch von zehn deutschen Vermissten.

Telefongespräch des Kapitäns

Italienische Medien zitierten am Mittwoch aus Telefongesprächen des Kapitäns, die in einer Carabinieri-Kaserne von Orbetello abgehört wurden. Dort hatte sich Schettino nach der Havarie kurz aufgehalten.

„Als ich gesehen habe, dass sich das Schiff neigte, habe ich mich heruntergestürzt“, zitierte ihn die Turiner „La Stampa“. Damit verrate sich Schettino, schreibt das Blatt, weil er bei seiner offiziellen Vernehmung ausgesagt hatte, er sei zufälligerweise von dem Schiff in ein Rettungsboot gefallen. Laut „La Repubblica“ sagte Schettino am Telefon auch, die Verbeugung genannte nähere Route an die Insel Giglio heran habe ein „Manager“ nachdrücklich von ihm verlangt. Unklar ist, um wen es sich handelt. Schettino hatte die Reederei Costa Crociere bereits vorher beschuldigt, ein riskantes Heranfahren aus Werbezwecken gefordert zu haben. Sein Anwalt hat inzwischen beantragt, den Hausarrest gegen seinen Mandanten aufzuheben, wie italienische Medien berichteten. Verrottende organische und sonstige Abfälle an Bord des 290 Meter langen Schiffes stellen eine Gesundheitsgefährdung für die Taucher dar, sagte der Krisenstabsleiter. Mögliche Infektionen seien ein Problem, „das noch gelöst werden muss“. Dagegen habe ein Plan für den späteren Abtransport des Schiffsriesen derzeit „keine Priorität“. Erst müsse die Suche abgeschlossen und das Öl an Bord abgepumpt sein.

Abpumpen des Schweröls

Auf Giglio laufen die Vorarbeiten für das Abpumpen des Öls aus der „Costa Concordia“ auf Hochtouren. Die Bergung des giftigen Schweröls aus den Tanks kann voraussichtlich nicht vor diesem Samstag beginnen. Danach dürfte es rund vier Wochen dauern, bis die etwa 2300 Tonnen Treibstoff, überwiegend Schweröl, aus den 17 Tanks entsorgt sind. Mit dem Beginn der Aktion soll rund um die Uhr gepumpt werden.

„Das Wetter ist immer ein unvorhersehbarer Faktor, aber Samstag ist realistisch“, sagte Martiijn Schuttevaer, Sprecher der mit dem Abpumpen beauftragten niederländischen Bergungsfirma Smit. In diesen Tagen würden die 17 Tanks der „Costa Concordia“ genau inspiziert und markiert, um dann mit dem Bohren von Löchern im Schiff und dem Abpumpen des Schweröls beginnen zu können, erläuterte Schuttevaer.

Die italienische Verbraucherschutzorganisation Codacons wollte zusammen mit zwei amerikanischen Anwaltsbüros in Miami (Bundestaat Florida) noch am Mittwoch eine Sammelklage gegen die Reederei Costa Crociere und den Mutterkonzern Carnival einreichen. Von dem Gericht in den USA erwarte man eine Entschädigung von mindestens 125 000 Euro pro Passagier, in schweren Fällen sogar mehr als eine Million, teilte der Verband mit. Dieses juristische Vorgehen schließe eine spätere derartige Aktion auch in Italien nicht aus. Codacons hatte in den vergangenen Tagen italienische und ausländische Kläger geworben.