Die Linke fordert den Rücktritt von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, weil er nicht zugleich auch CSU-Landesgruppenchef sein dürfe. Die Ämterhäufung ist „rechtlich grenzwertig“, wie ein renommierter Parteienrechtler feststellt.

Berlin - Als Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles Anfang der Woche zur neuen Fraktionschefin der SPD gewählt wurde, legte sie umgehend ihr Ministeramt nieder. Derweil wurde Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt von den CSU-Bundestagsabgeordneten zu ihrem neuen Chef bestimmt. Aber anders als Nahles will Dobrindt der noch amtierenden Bundesregierung weiterhin angehören.

 

Riexinger sieht „undemokratisches Bubenstück“

Auf den Fluren der Berliner Abgeordnetenbüros gibt es kritische Kommentare zu Dobrindts Entscheidung. Während sich in der CDU zumindest niemand offiziell beschweren möchte, machen Oppositionelle ihre Kritik öffentlich. Vor allem der Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, fährt gegenüber dieser Zeitung schweres Geschütz auf. Dobrindt müsse „sein Amt als Bundesverkehrsminister sofort zur Verfügung stellen“, sagte er. Riexinger nennt es „ein undemokratisches Bubenstück, ein Spitzenamt im Parlament und den Ministerjob gleichzeitig ausüben zu wollen“.

Warum die Entscheidung Dobrindts heikel sein kann, beschreibt Professor Martin Morlok, Direktor des Instituts für deutsches und internationales Parteienrecht und Parteienforschung an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf. Für Morlok ist die Frage der Gewaltenteilung betroffen. „Der Chef einer Fraktion oder Landesgruppe ist dazu da, die Abgeordneten so zu organisieren, dass sie in der Lage sind, die Regierung zu kontrollieren. Wie soll das gehen, wenn er dieser Regierung selbst angehört? Eine Fraktion soll ja der Regierung gerade nicht blind folgen.“ Morlok weist auf einen weiteren Punkt hin: „Das Leiten eines Ministeriums ist zweifellos ein Vollzeit-Job. Das Dasein des Abgeordneten ist dies ohne Zweifel auch. Bei Dobrindt kommt sogar die dritte eigenständige Aufgabe als Landesgruppenchef hinzu.“

Kritische Fragen von Tranparency International

Zu den politischen Fragen kommen rechtliche Bedenken. Im Ministergesetz heißt es im Paragraf 5: „Die Mitglieder der Bundesregierung dürfen neben ihrem Amt kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben.“ Riexinger sagt, als Landesgruppenchef sei Dobrindt einem Fraktionsvorsitzenden gleichgestellt und bekleide ein weiteres besoldetes Amt – dies sei schlicht „verboten“.

In diesem Zusammenhang hat auch Transparency International Deutschland eine Frage an Dobrindt. Deren stellvertretende Geschäftsführerin Sylvia Schwab sagte dieser Zeitung: „Wir würden gerne wissen, mit welcher Begründung das Bundesverkehrsministerium zu dem Schluss kommt, dass der Doppelfunktion Dobrindts nichts im Wege steht.“ Sofern es sich beim CSU-Landesgruppenchef um ein besoldetes Amt handelt, stellt dies klar einen Verstoß gegen Paragraf 5 dar.“ Morlok nennt die Sache „rechtlich grenzwertig“. Zwar dürfe ein Minister Abgeordneter sein, denn die Regierung darf „aus dem Parlament heraus wachsen“. Das Amt an der Spitze der Landesgruppe begründe aber eigene Pflichten gegenüber dieser Gruppe und werde mit eigenen Zulagen versehen.

Dobrindt spricht von „ein paar Wochen Übergangszeit“

Die CSU-Landesgruppe verweist auf das Ministerium. Dort betont man, dass es „keine rechtliche Regelung gibt, die der Vereinbarkeit von Landesgruppen-Funktion und Ministeramt entgegensteht“. Dobrindt war vor seiner Wahl Abgeordneter und Minister, daran habe sich nichts geändert. Der Minister war am Freitag zu keiner Stellungnahme zu erreichen. Das Ministerium verwies aber auf eine Äußerung vom Vortag. Dort hatte Dobrindt erklärt: „Wir fliehen nicht von einem Tag zum anderen aus der Verantwortung. Ein paar Wochen Übergangszeit muss man aushalten können.“

Übrigens ist Dobrindt kein Einzelfall. Frank-Walter Steinmeier verfuhr genauso, als er sich 2009 noch als Außenminister zum SPD-Fraktionschef wählen ließ. Dies erklärt das Schweigen der SPD.