Der CSU-Chef ist auf dem Parteitag mit sich und seiner Partei im Reinen. Beim Blick nach vorn will er nicht in Europas Durchschnitt verweilen. Er kündigt an, mit den besten der Welt in den Wettbewerb treten zu wollen.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Nürnberg - Man kann ja jetzt, wie es heißt, „reinriechen“ bei der CSU, also „schnuppern“ auf Zeit. Keine Verpflichtung, freilich ohne innerparteiliches Wahlrecht. Was nun das Wählen betrifft, hätte ein Weiß-noch-nicht-Probemitglied beim Parteitag in Nürnberg diesmal nicht viel verpasst: die CSU hat ein paar Papiere durchgewinkt, darunter auch jenes viel diskutierte und umformulierte, demnach Migranten ordentlich viel Deutsch reden sollten. Hernach wurden auch Leitanträge verabschiedet gegen „heimliche Steuererhöhungen“ und für den „Abbau der kalten Progression“.

 

Dazu durfte der Lokalmatador Markus Söder etwas Halbzackiges sagen, was er gut kann. Ferner wurde eine kleine Reform zu Umstrukturierungen in der Partei verabschiedet (Stichworte des Generalsekretärs, unter anderen: „Touchpad und Trachtenjanker“), wozu Ilse Aigner ein paar warme Worte über die Einrichtung eines Arbeitskreises „Migration und Integration“ beisteuerte, was sie ebenfalls bestens beherrscht. Schließlich wurde noch eine vom dahinsiechenden „Bayernkurier“ produzierte Zeitschrift ausgegeben, die im Titel eine Frage stellte, die wirklich unbedingt mal gestellt werden musste: „Wer war Franz Josef Strauß wirklich?“ Franz Josef Strauß, bitte vormerken, hätte im nächsten Jahr seinen Hundertsten erlebt.

Warnung vor den Kohorten des Schingis Khan

Und dann kam Georg Pfister aus der Bamberger Gegend, der Mann mit dem schwarzen Hut, den er nie abnimmt. Pfister, ein redseliges und mitunter lärmiges Unikum, macht gerne ein bisschen Werbung für sich auf den Parteitagen der CSU, bei der er seit 67 Jahren Mitglied ist. Er äußerte als Erstes, man solle auf der Hut sein vor den „Kohorten des Dschingis Khan“, welche das wunderbare Bayernland und insbesondere Franken ausplündern wollten. In anderen Worten meinte Pfister simpel, dass viel (zu viel) geklaut werde und man mehr Polizei benötige. Zweitens, so Pfister weiter, brauche Bayern unbedingt die Maut – ein Thema, bei dem er selbstverständlich sperrangelweit geöffnete Türen einrannte.

Noch ist die Maut ja nicht komplett durch, denn ein wenig sibyllinisch hatte die Kanzlerin bei ihrem Gastspiel in Nürnberg gesagt, das Sujet habe bei der letzten Kabinettssitzung in Berlin vor Weihnachten „gute Chancen“, sollten nicht „noch neue Aspekte auftauchen“. Eine sehr Merkel’sche Wendung: Man weiß nie! Obendrein schlug Pfister noch vor, dass Horst Seehofer aus Bayern endlich „ein eigenes Land schaffen“ müsse, anderweitig werde der Freistaat von seinen Feinden doch nur „ausgeplündert“. Riesengejohle im Saal und Mordsbeifall. So konnte Horst Seehofer das natürlich nicht sagen, was nicht heißt, dass ihm separatistische Anwandlungen fremd sind. Auf jeden Fall betonte der Parteivorsitzende ungefähr zwei Stunden lang beständig die Einzigartigkeit Bayerns, das nicht unwesentlich von seiner „Handschrift“ geprägt werde.

Alle Versprechen erfüllt

Als Handschriftenkundler in eigener Sache war Seehofer in Nürnberg auf der sicheren Seite: lustig konnte er sich ein gutes Zeugnis nach dem anderen ausstellen. Alle „Versprechen“ (keine Steuererhöhungen, Mütterrente, Betreuungsgeld etc.) seien eingehalten worden. Die „Koalition mit dem Bürger“ stehe, der Amtsstil sei gut, und wo Seehofer so schön bei sich war, mixte er munter ein paar Parteitagsreden und Unterwegsansprachen. Das führte zum üblichen Schluss: die CSU vertritt Bayern alleine, also ist Bayern auch die CSU.

Die CSU riskiert gerade nicht viel über pragmatische (und öfter pragmatisch gute) Politik hinaus. Es kommen vom übernächsten Jahr an wieder genug Wahlen und personelle Entscheidungen auf sie zu. Neu in ziemlicher Deutlichkeit war etwas anderes. Zwar fühlt sich Bayern schon noch als Bestandteil der Bundesrepublik, zeigt sich aber zumindest auf der Leitungsebene der CSU eigentlich berufen, auf einer anderen Ebene mitzuspielen. Seehofer sagte es deutlich: Man wolle nicht im „Durchschnitt in Europa“ versinken, sondern „in den Wettbewerb mit den Besten in der Welt treten“. Er sagt das nicht so hin, und man sollte sich seine Worte sonst wo im Land gut merken.