Christine Haderthauer hat sich dem Druck gebeugt. Doch Horst Seehofer kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Denn in Berlin steht das Maut-Konzept unter Beschuss. Und auch in Bayern schrumpft das Ansehen der Partei.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Unschuldsvermutung hin, Unschuldsvermutung her: wer kommenden Generationen, so die überhaupt interessiert sind an den mitunter befremdlichen Gebräuchen innerhalb der Bayrischen Staatsregierung, einmal Teile der Geschichte von Christine Haderthauer erzählt, wird nur Kopfschütteln ernten. Eine Frau, die eine Firma mit ihrem Mann hat, der als Arzt dafür sorgt, dass psychisch kranke Straftäter Modellautos bauen (Stundenlohn: deutlich unter zwei Euro), an deren Verkauf dann das Ehepaar ziemlich gut verdient, wird im Freistaat erst Sozialministerin, dann Staatskanzleichefin? Darf nicht wahr sein, oder?

 

Christine Haderthauer hatte ernsthaft gedacht, sie könne, wie oft, auch in der so genannten Modellbau-Affäre eine unliebsame Angelegenheit einfach überstrahlen: immer lustig, zupackend und mit dem Blick nach vorn. So hatte sie ihre Ämter stets gemanagt, selbst dann noch, als eigentlich alles Porzellan zerschlagen war, wie in der End-Zeit als Generalsekretärin. Und so hat sie sich auch in der Führungsriege der CSU prompt schnell unentbehrlich gemacht. Das mögen sie in der Partei bis heute: wenn einer Hund ist und das auch bleibt und dabei sogar ein neues „Frauenbild“ (Seehofer) befördert. Haderthauer haftete nichts Zögerliches an wie Ilse Aigner; leider verfügte sie im Gegenzug aber auch nicht über die leiseste Bereitschaft zur Reflexion. Selbstkritik war ausgeschlossen, und gestern war gestern. Bis zum Montagabend. Aber angeblich ging selbst dem Abschied noch ein „freundschaftliches Gespräch“ mit dem Ministerpräsidenten voraus. Wer’s glaubt.

Auch das Theater um die Maut nervt Seehofer

Horst Seehofer nämlich sitzt nach Haderthauers – mehr oder minder – Rauswurf doch ziemlich in der Tinte am Ende eines aus Sicht der CSU insgesamt missvergnüglichen Sommers, der im Wesentlichen aus viel politischem und semi-politischem Theater bestanden hat: Theater um die Maut und Theater um Christine Haderthauer. Jetzt aber beginnt die politische Saison wieder, wenn sich nächste Woche das Kabinett in München versammelt, und da wäre es schon ganz gut, wenn eine Weichenstellung gut funktionierte, für die Seehofer nun mal Christine Haderthauer vorgesehen hatte. Sie war seine Hauptverbindung nach Berlin, und nun muss der Chef die Dinge zwangsläufig erst mal wieder selber in die Hand nehmen. Was sie nicht immer besser macht, wie man weiß. Zu verhandeln jedenfalls sind nicht nur die Flüchtlingspolitik, die in Bayern bei ständig überbesetzten Lagern nicht so weitergeht wie bisher. Auch die Energiepolitik (Stichwort: Monstertrasse) muss auf eine belastbare Grundlage gestellt werden. Und dann ist da noch das leidige Thema Gymnasium, wo die Diskussion ums G 8 anhält.

Christine Haderthauer wird an all diesen Debatten nicht mehr teilnehmen, aber ein Thema bleiben. Denn die Opposition im Landtag denkt gar nicht daran, auf die vereinbarte Sondersitzung am 16. September zu verzichten – und will auch weiter einen Untersuchungsausschuss einrichten. Der Fall Haderthauer, so die Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause, sei ja schließlich „nicht nur eine Angelegenheit der CSU“. Hier ginge es vielmehr um Bayern, und dass die jüngste Affäre das von Seehofer gepflegte Ansehen als Vorzeigeland nicht gebessert hat, liegt auf der Hand. Es wird also demnächst Detail um Detail der Affäre haarklein erörtert, darauf kann die CSU sich schon mal einstellen.

SPD-Fraktionschef hält den Ministerposten für entbehrlich

Die Vize-Fraktionsvorsitzende der CSU, Kerstin Schreyer-Stäblein rät denn auch schon in Bezug auf die Neubesetzung des Staatskanzlei-Postens, Horst Seehofer möge sich „alle Zeit der Welt nehmen“. Woher dann die neue Kraft komme, sei „sekundär“. Letzteres muss nicht stimmen, schließlich achtet die CSU stets sehr stark darauf, dass der Proporz gewahrt bleibt – und für die Ingolstädterin Haderthauer müsste es nun eigentlich wieder jemand aus Oberbayern sein, am besten eine Frau.

Das wiederum sieht der SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher ganz anders. Er hält den Ministerposten eh für entbehrlich, ein Staatssekretär genüge vollauf.