Beim Tag der offenen Tür im Chemischen und Veterinäruntersuchungs-amts (CVUA) Stuttgart erleben 1600 Besucher die Bedeutung des Verbraucherschutzes hautnah.

Fellbach - Das weiß-gelbe Absperrband lässt keinen Zweifel zu: Crime Scene steht darauf. An dem nachgestellten Tatort gilt es, mit detektivischem Spürsinn Spuren zu sichern. Der festlich gedeckte Tisch steht zwar in der Abteilung Lebensmittel-Mikrobiologie des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Stuttgart, aber die Szene hat sich genauso abgespielt, wie sie für den Tag der offenen Tür des CVUA nachgebaut wurde. Der reale Tatort war ein Sportlerheim, in dem eine Tauffeier stattfand. Plötzlich war die gute Stimmung dahin, die Festbesucher kippten regelrecht vom Stuhl. Was war die Ursache? An dieser Stelle kamen die Fachleute des in Fellbach beheimateten und von Maria Roth geleiteten CVUAs ins Spiel. Petra Tichaczek-Dischinger und ihre Kollegen fanden durch Befragungen und Untersuchungen die Lösung der Massenerkrankung im verdorbenen Nudelsalat.

 

„Das Tolle an dem Fall war, dass wir weitergemacht haben“, sagt die Sachverständige im Lebensmittel-Mikrobiologielabor. Die Mutter des Täuflings, so stellte sich heraus, hatte das empfindliche Lebensmittel schon am Vorabend hergestellt, und der gefährliche Keim hat sich bis zur Feierstunde emsig vermehrt. Diese nachgebaute Szene zeigt anschaulich, wie die rund 250 Mitarbeiter der Behörde im Dienst der Verbraucher unterwegs sind. Welche Methoden die Spezialisten anwenden und zu welchen Ergebnissen sie kommen interessierte am Sonntag rund 1600 Besucher.

Schinkenimitate sind weder gesundheitsschädlich noch verboten, aber oft falsch deklariert

Minderwertiges Schinkenimitat enthält bis zu 40 Prozent Wasser. Foto: dpa
Besucher, denen in einer Gaststätte möglicherweise auch schon mal ein Schinkenimitat statt des eigentlichen gewünschten Schinkens auf der Pizza serviert wurde. „Der Unterschied ist natürlich der Preis“, erklärt Joachim Kuntzer. Der promovierte Lebensmittelchemiker stellte Schinken- und Käseimitate vor. Sie sind weder gesundheitsschädlich noch verboten, aber vor allem in der Gastronomie oft falsch deklariert. Das minderwertige Schinkenimitat enthält bis zu 40 Prozent Wasser. Damit spart der Koch beim Einkauf bares Geld und das labbrige Produkt liegt auch nach dem Backen noch schön flach auf dem Teig.

Säuberlich in einer Reihe sind im Fettlabor einige Dutzend Ölflaschen aufgereiht. Sesamöl, Arganöl und das seltene Schwarzkümmelöl stehen neben einem Korb mit Weißbrot zum Verkosten bereit. Rüdiger Weißhaar, international anerkannter Spezialist für Speiseöle und Speisefette, gibt den Besuchern Tipps zur möglichst kurzen Lagerung angebrochener Ölflaschen und zur Auswahl beim Kauf: „Wenn man nur ein Öl verwendet, ist Rapsöl sicherlich das Beste, denn es hat die optimale Fettsäuren-Zusammensetzung.“

Besonders beliebt sind Vorträge zu Themen wie Nahrungsergänzungsmitteln

Selbst eine 90-minütige Führung, wie sie Volker Renz, der stellvertretende CVUA-Leiter, am Vormittag angeboten hat, kann nur einen oberflächlichen Eindruck von der Vielfalt des Programms beim Tag der offenen Tür bieten. Besonders beliebt sind diesmal die Vorträge zu Themen wie Nahrungsergänzungsmitteln. Anlässlich einer Rätselrally für Kinder wird nach auffälligen Gerüchen bei den Loombändern gefragt, im Messlabor für Pestizide kann man sich Gaschromatographen und Massenspektrometer erklären lassen und im Labor für Bedarfsgegenstände seinen Schmuck auf Nickel untersuchen. Solche Bedarfsgegenstände, die mit der Haut des Menschen in Berührung kommen, sind für die Experten ein Fass ohne Boden. Viele Stoffe sind noch nicht ausreichend auf ihre Giftigkeit bewertet.

Etwas weniger auffällig ist die Arbeit bei der Tiergesundheitsdiagnostik. Allein hier werden von Ingo Schwabe und seinen Kollegen 53 000 Proben pro Jahr untersucht und beurteilt. Tierseuchen rechtzeitig zu entdecken hat enorme wirtschaftliche Bedeutung. „Sie sind eine Gefährdung für ganze Wirtschaftszweige der Landwirtschaft“, sagt Ingo Schwabe und verweist auf Beispiele wie BSE und die Geflügelpest. Der Fachtierarzt für Pathologie, der auch schon mal eine verstorbene Elefantendame der Wilhelma untersucht hat, gibt seine Erkenntnisse an Praktiker vor Ort weiter, damit beispielsweise Therapien optimal geplant werden können. „Da fängt Verbraucherschutz an“, sagt der Fachmann. Nur gesunde Tiere können schließlich hochwertige Lebensmittel liefern.

Voraussichtlich 2018 veranstaltet das CVUA in der Schaflandstraße wieder einen Tag der offenen Tür

Wer die spannenden Einblicke verpasst hat, muss sich übrigens drei Jahre gedulden. Voraussichtlich erst 2018 veranstaltet das CVUA in der Schaflandstraße wieder einen Tag der offenen Tür.