Die „Dach-und-Holz“-Branche präsentiert sich auf den Fildern mit ihren jungen WM-Hoffnungen. „Zugpferd“ Jörg Kachelmann scherzt trotz Erkältung für die Dachdecker-Innung und erklärt, dass der Mond das Wetter nicht beeinflusst.

Stuttgart - Während sein Teamkamerad drei Balken ineinander passt, schaut Kevin Hofacker konzentriert auf den Plan und die Holzplatte vor sich. Dass ihm Zuschauer über die Schulter blicken, dass hin und wieder sogar ein Fotoblitz über das Blatt zuckt, lässt den jungen Zimmerer komplett kalt. Wenn sein Nationalmannschaftsteam auf der „Dach und Holz“ in Halle 1 der Messe trainiert, dann zählen für ihn nur drei Dinge: das Holz, das Produkt und die Genauigkeit.

 

Simon Rehm weiß das. Mit seinen 22 Jahren darf er sich Europameister und Weltmeister nennen. Der jüngste Spross einer Zimmerer-Familie war auf den Punkt fit bei Wettbewerben in Frankreich 2014 und in Brasilien 2015 und sicherte sich etwa mit seinem Pavillonbau die Titel. „Der schönste Moment der WM war, als ich fertig geworden bin. Sogar schöner als die Siegerehrung“, erzählt der 22-Jährige am Donnerstag bei der Messe, auf der sich 550 Aussteller aus 22 Ländern präsentieren.

Jeder halbe Millimeter zählt

Auf die WM bereite man sich ganz allein vor. „Man weiß nicht genau, wo man steht“, so der junge Mann aus Bayern. Umso toller sei es gewesen, dass dann am Ende „alles perfekt gepasst“ habe. Denn jeder halbe Millimeter zählt. Inzwischen hätten die deutschen Nachwuchszimmerer ganz gute Aussichten, die internationalen Vergleiche zu gewinnen. Keine Selbstverständlichkeit, denn früher hätten sie neben der Schweiz und Frankreich oft den Kürzeren gezogen.

Wichtige Repräsentanten für die Branche seien die Jungs der Nationalmannschaft, sagt Peter Aicher, Vorsitzende von Holzbau Deutschland. Und Roland Bernardi, Teamchef der aktuell fünf maximal 23-jährigen Wettbewerbteilnehmer, sagt: „Sie sind körperlich und geistig fit, sie haben einen Ehrgeiz. Das sind Tugenden die wir nach Außen zeigen möchten.“ Durch die Teilnehme an den Meisterschaften würden die jungen Zimmerer erwachsener.

Stabile Brücke ohne Schrauben

Außenwirkung zählt viel in der „Dach-und-Holz“-Branche. Bereits Mittwoch haben sich Zimmerleute mit einem „Zimmererklatsch“ auf dem Schlossplatz vorgestellt und eine Brücke zusammengesteckt, die sogar ein Auto tragen kann.

Stuttgarts Dachdecker-Innung machte am Donnerstag auf der Messe mit dem früheren TV-Meteorologen Jörg Kachelmann auf sich aufmerksam. Um diesen ist es nach dem gewonnenen Prozess um einen Vergewaltigungsvorwurfs weitgehend still geworden. Was ihn mit den Dachdeckern verbindet, erschließt sich nicht sofort. So muss die Innung erklären, warum Kachelmann ihr „Zugpferd“ sein soll. Mit seiner Hilfe möchte Obermeister Andreas Ambrus transportieren, wie wichtig seine Leute für den Klimaschutz sind, weil ein Dachdecker im Schnitt 920 Quadratmeter Dachfläche im Jahr saniere, und dass es mehr Förderprogramme brauche. Ferner dass sich die Kunden vor sogenannten „Dachhaien“ hüten sollten, die an der Haustür klingelten und sich dann minderwertige Arbeit teuer bezahlen lassen würden.

Scherze trotz hörbarer Erkältung

Kachelmann scherzt trotz Erkältung und dementiert, dass der Mond das Wetter beeinflusse oder der Hagelflieger den Hagel. Als Ambrus ihm den Spitznamen „Kachelfrosch“ verpassen will, kontert er, diesen habe er seit 1983 nicht mehr gehört. Sein Rechtsstreit ist auf dem Podium kein Thema, höchstens in Anspielungen. Am Rande des Termin sagt er aber in eine Fernsehkamera, dass er drei Parteien für die erlittene Rufschädigung verurteilt sehen wolle: die Frau, die ihn beschuldigt habe, den Springer-Verlag und die Staatsanwaltschaft Mannheim. Erst danach sei sein Vertrauen in die Gerichte wieder hergestellt.