Jütland, der südliche Teil des CMT-Partnerlandes Dänemark, ist auf drei Seiten vom Meer umgeben. Doch auch das landwirtschaftlich geprägte Hinterland hat als Urlaubsregion seine Reize.

Im Wikinger-Museum in Ribe öffnet Gudrun eine Schublade und kündigt ein besonders seltenes Stück der Sammlung an. Schon zuvor hatte die Museumsführerin historische Werkzeuge, Waffen, glänzenden Schmuck und Perlen gezeigt, die in Ribe ausgegraben wurden. Nun aber hält sie den Besuchern einen unscheinbaren erdigen Klumpen entgegen und lässt raten, was es sein könnte. „Es ist ein 1000 Jahre alter Kuhfladen“, liefert Gudrun die Lösung. Heute ist Ribe mit seinen verwinkelten Gassen und liebevoll gepflegten alten Häusern eines der Touristenziele an der Westküste Jütlands. Wo ein Gartentor oder eine Hoftür offensteht, darf der Besucher eintreten und sich umsehen. Diese Offenheit und Gastfreundschaft mag hier nicht immer gegolten haben. Jedenfalls war Ribe nach der Gründung um das Jahr 700 als älteste Stadt Dänemarks für die Wikinger ein Ausgangsort für ihre gefürchteten Raubzüge überall in Europa. Doch die wilden Kerle hatten auch eine sanfte Seite als Viehzüchter, wie der Kuhfladen beweist. Diesen beiden unterschiedlichen Charakterzügen begegnet man auch im heutigen Jütland immer wieder. Man ist hier Bootsmann oder Bauer. Weltoffenheit und Bodenständigkeit gedeihen nebeneinander. Man ist dem Meer zugewandt und fischt Schollen, oder man steht erdverwachsen auf der eigenen Scholle. Diese Ambivalenz zwischen Freiheit und Enge findet sich auch im Alltag wieder.

 

In den Dünen Dänemarks lässt es sich sehr gut wandern

Anders als in Norwegen, wo das Jedermannsrecht jedem erlaubt, überall sein Zelt aufzuschlagen, ist das in Dänemark streng verboten. Verstöße kosten 1500 Kronen, umgerechnet 200 Euro. Umgekehrt ist es, anders als in Deutschland, in Jütland erlaubt, in den Küstendünen auch abseits ausgewiesener Wege zu wandern. Diese Freiheit begründet Steen Slaikjær, der in Blåvand in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nationalpark Wattenmeer den Luxuscampingplatz Hvidbjerg Strand betreibt, ganz pragmatisch: „Den Schaden, den Touristen in 20 Jahren in den Dünen anrichten, schaffen die Stürme in einem Jahr.“ Freiheit und Enge. Beides kann der Urlauber, der mit einem Wohnmobil in Jütland unterwegs ist, immer wieder erleben und buchstäblich erfahren. Der Vejers Strand an der Nordsee ist bei Ebbe so breit und fest wie die Landepiste eines Flughafens. Hier können sich Wanderer, Radler, Autofahrer und Camper nicht in die Quere kommen und ungestört voneinander die frische Brise und das Toben der Wellen genießen. Umgekehrt kann es passieren, dass auf einem schmalen Feldweg im Hinterland das Wohnmobil für einen unvermittelt auftauchenden riesigen Traktor zum Hindernis wird - und wohl auch zum Ärgernis. So groß die oft mannshohen Räder der Landmaschinen auch sein mögen, in Billung ist alles klein und putzig, wenn auch in seiner Fülle kaum überschaubar.

Das Legoland, genau in der Mitte Jütlands gelegen, zieht jedes Jahr mehr als eine Million kleine und große Besucher an. Zu den vielen Attraktionen gehört das Miniland. Im Maßstab 1:20 sind hier unter anderem das Weiße Haus, das Schloss Neuschwanstein und der malerische Kanal Nyhavn von Kopenhagen nachgebaut. Vorbei an der Welt aus Plastikklötzchen geht es zu einer richtigen Hafenstadt. Aarhus, mit 325 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Dänemarks, sprüht vor Leben und jugendlicher Frische. Kein Wunder bei 60 000 Studenten, die, wie es scheint, alle mit dem Fahrrad unterwegs sind. 450 Kilometer Radwege machen es ihnen leicht. In der Stadt herrscht Aufbruchstimmung. Der gläserne Regenbogen über dem vor gut zehn Jahren eröffneten neuen Kunstmuseum Aros wirkt wie ein Signal. Vor zwei Jahren kam der spektakuläre Neubau des kulturhistorischen Moesgaard Museums hinzu. Damit nicht genug. Überall in der Stadt sind die Vorbereitungen für das Jahr 2017 zu sehen, in dem Aarhus als europäische Kulturhauptstadt glänzen will. Neue U-Bahn-Stationen entstehen, ein Kultur- und Gemeindezentrum, eine neue Bibliothek. Die größte Veränderung aber erlebt gerade der alte Industriehafen von Aarhus. Mit architektonisch außergewöhnlichen Wohngebäuden, die gezackt wie Eisberge in den Himmel ragen, öffnet sich die Stadt zum Meer hin. Obwohl die Immobilienpreise enorm sind, bleibt das beste Grundstück, das auf zwei Seiten vom Meer umspült wird, vorerst unbebaut.

Dänemark bietet einiges - vor allem Idylle

Auf der Brache dürfen Kinder aus der Nachbarschaft in kleinen Parzellen eigenes Gemüse anbauen und Blumen pflanzen. Nachwuchslandwirte direkt am Meer. Fast symbolisch ist zwischen dem Grünzeug ein altes Holzboot gestrandet. Fynn und Jette aber haben kein Auge für den abblätternden Lack. Die beiden Kinder rennen jauchzend zum Hühnerstall. Sie haben sich in eine Liste eingetragen und sind heute endlich an der Reihe, das Federvieh zu versorgen. Zur Belohnung darf jeder später ein frisch gelegtes Frühstücksei mitnehmen. Meere und Seen. Von allem hat Jütland genug. Da sind gleich drei Meere: das Kattegat im Osten, das Skagerrak im Norden und die Nordsee im Westen. Weniger bekannt ist im Binnenland die dänische Seenplatte bei Silkeborg. Auf ihr schippern kleine Ausflugsboote, die dem Besucher im Vorbeifahren nicht nur das breite Spektrum gepflegter dänischer Landhausarchitektur zeigen, sondern auch unberührte Natur. Nach einer Stunde Fahrt kommt sogar Jütlands höchster Punkt in Sicht: der 147 Meter hohe Himmelberg. Die höchsten Punkte an der Westküste sind, abgesehen von den Leuchttürmen, die schütter mit Strandhafer bewachsenen Sanddünen, zwischen denen sich strohgedeckte Ferienhäuser vor dem ständigen Wind ducken.

Größere Ortschaften findet man hier selten, die größten Ansiedlungen sind im Sommer die gut gefüllten und fast wie an einer Perlenkette aufgereihten Campingplätze. Ein touristischer Anziehungspunkt ist Sondervig mit seinem jeden Sommer stattfindenden Sandskulpturenfestival. „Allein in diesem Ort sind die Übernachtungszahlen deutscher Gäste höher als in ganz Schweden“, berichtet stolz Poul Fejer Christiansen, der Direktor des Dachverbands aller dänischen Campingplätze. Ende Oktober beginnen die Skulpturen an der 200 Meter langen und sieben Meter hohen Sandwand zu bröseln. Beständiger als die Sandfiguren in Sondervig erweisen sich andere Werke, die ebenfalls auf Sand gebaut sind. Manch deutscher Kriegsbunker an der Westküste trotzt seit Jahrzehnten den Stürmen der Nordsee. Noch wesentlich dauerhafter als Beton erweist sich in Jütland ein anderes deutsches Erbe. Im flachen Hinterland rund um Billung und um Karup siedelten sich zwischen 1759 und 1762 auf Einladung des dänischen Königs Frederik V. 265 Familien aus Süddeutschland und Hessen an. Ihr damals bei den Dänen unbekanntes Mitbringsel für die kargen Sandböden brachte ihnen rasch einen eigenen Namen ein: Kartoffeltyskere, also Kartoffeldeutsche. 1763 gaben die meisten Deutschen auf, gingen zurück in die Heimat oder siedelten auf Einladung der Zarin Katharina der Großen im Wolgagebiet. Zurück blieb in Jütland die Kartoffel.

Nahe Karup ist ihrem Siegeszug heute so manches Denkmal gesetzt. Riesige Silos, die bis zu 65 000 Tonnen Kartoffelstärke aufnehmen können, ragen in den Himmel. Jorgen Hansen, der fast in Sichtweite der Silotürme 15 Hektar Land besitzt, kann nur vermuten, warum immer noch größere Silos gebaut werden. „Von Karup aus soll der Weltmarktpreis für Gummibären bestimmt werden.“ Jorgen Hansen selbst produziert auf seinem Land keine Kartoffeln, er setzt auf ein noch attraktiveres Produkt: auf Urlaub. Mitten im Niemandsland betreibt er einen Campingplatz, der als besondere Attraktion über zwei Fischteiche verfügt. Wenn Hansen zum Angelwettkampf lädt, sind seine Stellplätze gut gefüllt. Schon morgens um 8 Uhr steht eine gute Hundertschaft bestens ausgerüsteter Angler jeglichen Alters am Startpunkt und scharrt ungeduldig mit den Gummistiefeln. „Es geht um die Ehre“, sagt Jorgen, hebt den kleinen Silberpokal hoch und gibt das Startsignal. Während die Angler hinunter zum Teich eilen, um einen möglichst guten Platz zu ergattern, schenkt sich Jorgen eine Tasse Kaffee ein und beginnt zu träumen. Am Ende der Saison will er, wie immer, für drei Tage zum Oktoberfest nach München. „Ich habe Platzkarten fürs Zelt“, sagt Jorgen und strahlt. Gut möglich, dass er in seinem Stammbaum ein paar Kartoffeldeutsche hat.

Infos zu Dänemark

Dänemark

Anreise

Das Hauptverkehrsmittel bei der Anreise nach Jütland ist das Auto. Von Hamburg aus erreicht man in etwa vier Stunden Aarhus oder den Badeort Sondervig. Samstags, dem traditionellen Wechseltag in den Ferienquartieren, sollte man allerdings wegen Staugefahr einiges mehr an Zeit einplanen.
Mit dem Flugzug ab Stuttgart bis nach Billund in Jütland ab ca. 270 Euro, www.klm.com .
Mit dem Zug gelangt man ab Stuttgart mit Umstieg in Hamburg bis nach Aarhus in ca. 10 Stunden zu einem Preis ab 99 Euro, www.bahn.de

Unterkunft

Von den etwa 450 Campingplätzen in Dänemark liegen etwa 300 in Jütland. Die Ausstattung reicht von einfach bis luxuriös. Manche Stellplätze sind mit eigenem Bad und WC ausgestattet. Viele Campingplätze haben gut eingerichtete Ferienhütten im Angebot. Um dänischen Ferienhäusern keine Konkurrenz zu machen, dürfen sie eine Grundfläche von 35 Quadratmetern nicht überschreiten. Ein pfiffiger Grundriss macht die Hütten aber zu Raumwundern. Eine gute Übersicht des Angebots bietet die Homepage des Dänischen Campingrats www.campingraadet.dk

Museen in Aarhus

Das Kunstmuseum Aros zeigt bis zum 22. Mai 2016 unter dem Titel „A New Dynasty Created in China“ die Werke von 25 zeitgenössischen Künstlern, darunter auch Ai Weiwei, www.aros.dk
Das kulturhistorische Moesgaard Museum widmet sich vom 22. April bis zum 4. September 2016 in einer Sonderausstellung /den Gladiatoren von Rom, www.moesgaardmuseum.dk

Essen und Trinken

Die dänische Bezeichnung „Middag“ trügt - denn es bedeutet nicht etwa Mittagessen, sondern ist das dänische und überaus reichhaltige Abendessen. Das Frühstück heißt Morgenmad, Frokost ist das Mittagessen, das meist aus einem reich belegten Butterbrot (Smörrebröd) besteht.

Allgemeine Informationen

Dänische Tourismuszentrale, Tel. 0 18 05 / 32 64 63, www.visitdenmark.de

CMT

Jütland ist Caravaning-Partnerland der diesjährigen CMT in Stuttgart. Dänemark-Camping ist zu finden in Halle 7, Stand B 12.