8300 Menschen mit Behinderung arbeiten beim Autobauer Daimler. Das sind sechs Prozent der Beschäftigten. Personalvorstand Wilfried Porth setzt auch zukünftig auf Mitarbeiter mit Handicap.

Stuttgart - Um seine tägliche Arbeit in der IT-Abteilung des Autobauers Daimler verrichten zu können, braucht Benjamin Lange einen speziell für ihn eingerichteten PC mit einem extra großen Bildschirm – denn der 23-jährige Stuttgarter ist seit seiner Geburt sehbehindert. Bei Daimler ist Lange nicht der einzige Mitarbeiter mit einem Handicap. Der Stuttgarter Konzern beschäftigt an seinen deutschen Standorten insgesamt rund 8300 schwerbehinderte Menschen.

 

„Inklusion und Vielfalt sind Themen, die uns treiben und an denen wir arbeiten“, sagt Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth. „Jeder Mitarbeiter bringt andere Talente und Perspektiven ein, die für unser Unternehmen sehr wichtig sind“, so der Manager.

Sechs Prozent der Daimler-Belegschaft sind blind, taub, sitzen im Rollstuhl oder haben andere körperliche Einschränkungen. Auch Menschen mit einer geistigen Behinderung oder einer psychischen Erkrankung gehen bei Daimler einer Beschäftigung nach. „Damit liegen wir über der gesetzlich geforderten Quote von fünf Prozent“, sagt Porth. Zum Vergleich: Bosch beschäftigt hierzulande mehr als 6100 Mitarbeiter mit Behinderung. Das entspreche bei einer Gesamtmitarbeiterzahl in Deutschland von etwa 107 000 Beschäftigten einer Quote von 5,9 Prozent, erklärt ein Bosch-Sprecher.

Spezial-Tastaturen und Gebärdendolmetscher

Unterstützt werden die Daimler-Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz etwa durch Tastaturen in Brailleschrift für Sehbehinderte, individuelle Hilfsmittel zum Greifen oder Gebärdendolmetscher. Die Summe, die der Autobauer für solche Maßnahmen ausgibt, könne man nicht beziffern, so Porth. Daimler vergibt jährlich Aufträge mit einem Volumen von 28 Millionen Euro an Behindertenwerkstätten.

Seit 2006 haben 200 Menschen mit Einschränkung eine Ausbildung beim Autobauer absolviert. Im kommenden Jahr sollen 24 weitere folgen, sagt Porth. Tim Widmaier hat nach seinem Abitur vor fünf Jahren bei Daimler eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Heute arbeitet der 24-jährige Rollstuhlfahrer im Qualitätsmanagement im Sindelfinger Werk. „Die Kollegen haben mich gleich vom ersten Tag an sehr herzlich aufgenommen und mir auch jederzeit ihre Hilfe angeboten“, erzählt Widmaier.

Es braucht auch Überzeugungsarbeit

Doch nicht die gesamte Belegschaft war begeistert von dem 2001 gefassten Beschluss, Mitarbeiter mit Behinderung einzustellen und zu fördern. Alfons Adams, Ansprechpartner für schwerbehinderte Daimler-Mitarbeiter, musste auch Überzeugungsarbeit leisten. Man müsse es den Leuten einmal erklären, dann treffe das Thema bei den meisten auf Akzeptanz, sagt Adams, der seit einem Sportunfall selbst schwerbehindert ist.

90 Prozent der Daimler-Mitarbeiter mit Behinderung, so schätzt Adams, seien wie er nicht mit einem Handicap geboren, sondern im Laufe ihres Lebens zu Schwerbehinderten geworden. Vor allem in den vergangenen zehn Jahren habe man einen Anstieg bemerkt – weil mit einer zunehmend älteren Belegschaft auch die Wahrscheinlichkeit für Behinderungen steigt. „Der demografische Wandel übt hier seinen Einfluss aus“, so der Personalvorstand Porth.