Der Konflikt zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat bei Daimler in Untertürkheim verschärft sich. Das Management relativiert die Aussagen des Produktionschefs zur Zukunft der Gießerei.

Stuttgart - Der Konflikt zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat bei Daimler in Untertürkheim verschärft sich. Wie am Vortag vom Betriebsrat verlangt, ist das Management auf Distanz zu der Ankündigung von Mercedes-Produktionschef Markus Schäfer gegangen, dass die Gießereien und Schmieden sowie Teile des Karosseriebaus aus Kostengründen auf den Prüfstand gestellt werden müssten. Das genügt dem Betriebsrat aber nicht.

 

„Ganz klar: die Gießerei und Schmiede im Werk Untertürkheim stehen aktuell nicht zur Disposition“, steht in einem Informationsblatt für die Beschäftigten von Gießerei und Schmiede, das die direkt zuständigen Führungskräfte unterschrieben haben. Der Betriebsrat nennt dieses Dementi wegen des fehlenden Zukunftsbezugs halbherzig. „Das Unternehmen muss Ankündigungen zurücknehmen und sich klar zu den Betriebsvereinbarungen am Standort bekennen, die weit über das Jahr 2020 hinausreichen“, heißt es in einem Flugblatt, das am Freitag um 17.00 Uhr in der Belegschaft verteilt wurde. Sie betreffen die Produktionsbereiche Gießerei/Schmiede, Achsfertigung sowie Motoren- und Getriebeproduktion. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, hat der Betriebsausschuss des Betriebsrats, der für die laufenden Geschäfte zuständig ist, alle beantragten Überstunden in Untertürkheim beginnend Montagmorgen, 15. September, 6.00 Uhr, abgelehnt. Um welche Umfänge es dabei geht, wurde nicht mitgeteilt. Bereits abgesegnete Überstunden werden geleistet.

3000 Beschäftigte arbeiten in Schmiede und Gießerei

Am Donnerstagnachmittag hatte Werkleiter Peter Schabert nach Angaben des Betriebsrats in einer Sitzung mit den Arbeitnehmervertretern den Eindruck zu erwecken versucht, dass die Berichte über den Auftritt von Produktionschef Markus Schäfer nicht der Wahrheit entsprechen. „Leute, an der Aussage zur Gießerei ist überhaupt nichts dran“, wird Schabert zitiert. Schäfer hatte angekündigt, dass es im Karosseriebau Veränderungen geben werde und auch die eigenen Gießereien und Schmieden auf den Prüfstand gestellt werden müssten. Man könne nicht die gewachsene Fertigungsstruktur für alle Zeit einfrieren, hatte Schäfer gesagt und sich zuversichtlich gezeigt, dass der Betriebsrat solche Einschnitte mittragen werde.

Betriebsratschef Wolfgang Nieke hatte der StZ noch am selben Tag gesagt, dass den Arbeitnehmervertretern von solchen Plänen nichts bekannt sei. In Schmiede und Gießerei arbeiten im Werk Untertürkheim 3000 Beschäftigte.

Die Unternehmensleitung betont in der Mitarbeiterinformation, dass frühzeitig mit dem Betriebsrat über Veränderungen bei Produkten gesprochen werde; dies gelte auch weiterhin. Deshalb verlangt der Betriebsrat die Klarstellung, dass es keine Gespräche über Einschnitte gibt. Daimler will die Fertigungstiefe reduzieren und Arbeiten an billigere externe Anbieter vergeben, so dass die Rendite gesteigert werden kann. Durch Investitionen in neue Bereiche soll Beschäftigung für die Mitarbeiter geschaffen werden, die ihren alten Arbeitsplatz verlieren. Die Unternehmensleitung nennt als positives Beispiel für die Bewältigung des Technologiewandels in Untertürkheim den Wechsel von der Bremsscheibenproduktion hin zum Turboladergehäuse. Etwa 500 Beschäftigte haben hierbei einen neuen Arbeitsplatz erhalten.