StZ-Autor Michael Heller hält es nicht für richtig, jetzt das Türkei-Engagement mit Investitionen in das Werk Aksaray auszubauen. Offenbar überschätzt der Daimler-Konzern seinen Einfluss.

Stuttgart - Mit seinem Türkei-Engagement steckt Daimler in der Zwickmühle. Wirtschaftlich spricht viel dafür, weiter in die Lkw-Fabrik Aksaray zu investieren, die eine flexible und kostengünstige Produktionsbasis für Teile des Exportgeschäfts ist. Dass damit auch noch 6000 Menschen in einer wirtschaftlich nicht gerade gesegneten Region einen guten Job haben, zählt ebenfalls zu den Pluspunkten. Dem steht aber entgegen, dass die Türkei nicht mehr das Land ist, als das es noch vor wenigen Jahren galt; es entfernt sich von Europa und von der Demokratie.

 

Dass Daimler hierauf nicht reagiert, ist falsch. Plausibel wäre das nur, wenn die Investitionsprojekte schon so weit fortgeschritten sind, dass sie nicht einfach gestoppt werden können. Aber offenbar geht es nicht nur darum. Zumindest in Gedankenspielen ist das Management schon bei einem weiteren Ausbau. Den politischen Affront gegenüber Bundesaußenminister Sigmar Gabriel übergeht der Konzern einfach; das ist reichlich arrogant.

Viele Daimler-Beschäftigte haben türkische Wurzeln

Vorstandsmitglied Martin Daum erweckt den Eindruck, als müsse man sich von den Vorgängen in der Türkei nicht irritieren lassen und könne zudem vor Ort am besten Einfluss auf den Lauf der Dinge nehmen. Die Wahrheit ist jedoch, dass es diesen Einfluss eben nicht gibt. Wie sonst hätte Daimler auf eine Terrorliste gelangen können? Zumindest in der aktuellen, aufgeheizten Lage und der Treibjagd auf wirkliche und vermeintliche Anhänger des Predigers Gülen muss sich der Konzern fragen, wie er eigentlich seine Mitarbeiter vor Übergriffen und Willkür schützen will.

Gewiss ist Daimler gut beraten, beim Thema Türkei vorsichtig zu agieren, zumal ein beträchtlicher Teil der Belegschaft in Deutschland türkische Wurzeln hat. Es geht nicht darum, das Türkei-Engagement in Frage zu stellen. Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt einen weiteren Ausbau.