Es geht um Dumpinglöhne und Aufnahmen mit versteckter Kamera: Ein Streit zwischen Daimler und dem SWR über eine TV-Reportage zu Werkverträgen gipfelt nun vor Gericht. Hier gibt es die wichtigsten Fragen und Antworten.

Es geht um Dumpinglöhne und Aufnahmen mit versteckter Kamera: Ein Streit zwischen Daimler und dem SWR über eine TV-Reportage zu Werkverträgen gipfelt nun vor Gericht. Hier gibt es die wichtigsten Fragen und Antworten.

 

Stuttgart - Im März 2013 strahlte der Südwestrundfunk die Reportage „Hungerlohn am Fließbahn“ aus, die den Autobauer Daimler wegen seiner Werkverträge in die Kritik brachte. Gut eineinhalb Jahre später treffen sich beide Seiten vor Gericht wieder. Fragen und Antworten:

Worum dreht sich der Streit?

Stein des Anstoßes ist eine Reportage über Niedriglöhne, für die der Südwestrundfunk (SWR) mit versteckter Kamera im Werk des Autobauers gedreht hat. Demzufolge soll Daimler über Werkverträge an seinen Fließbändern Menschen beschäftigen, die ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken müssen.

Wie hat Daimler darauf reagiert?

Der Konzern weist die Vorwürfe von sich. „Der Film suggeriert unrechtmäßiges Handeln auf unserer Seite und dies war nicht der Fall“, erklärte eine Sprecherin. Die Autobauer hält den Beitrag stellenweise sogar für manipulativ. Die Situation werde anders dargestellt als sie tatsächlich gewesen sei, argumentiert Daimler.

Was sagt der SWR dazu?

Der Sender sieht das anders: „Der SWR ist der Überzeugung, dass die Verwendung der genannten Aufnahmen rechtmäßig war“, betonte eine Sprecherin. Ausgestrahlt wird die Dokumentation momentan aber nicht mehr. Seit der Erstausstrahlung am 13. Mai 2013 sei der Beitrag noch dreimal wiederholt worden, sagte die Sprecherin. „Es sind keine weiteren Ausstrahlungen geplant.“

Was will Daimler erreichen?

Daimler will erreichen, dass das auch künftig so bleibt und der SWR den Beitrag nicht mehr zeigen darf. Der Autobauer ist der Meinung, dass die Aufnahmen die Rechte des Unternehmens verletzen, weil sie heimlich entstanden sind. „Die Veröffentlichung der Aufnahmen ist damit ein Rechtsbruch“, erklärte eine Sprecherin.

In dem Beitrag geht es um Niedriglöhne durch Werkverträge. Was sind Werkverträge genau?

Mit einem Werkvertrag kann ein Unternehmen Arbeitsaufträge übergangsweise an eine andere Firma vergeben. Der Lohn ergibt sich in der Regel aus einer Vereinbarung der beiden Parteien - und muss damit nicht dieselbe Höhe haben wie der, den die festen Mitarbeiter des auftraggebenden Unternehmens bekommen. Der Auftraggeber darf die Beschäftigten des Werkvertrag-Nehmers aber auch nicht wie eigene Mitarbeiter behandeln und ihnen zum Beispiel keine direkten Anweisungen geben.

Gibt es Pläne, diese Vertragspraxis zu ändern?

Werkverträge stehen vor allem bei Arbeitnehmervertretern in der Kritik. Betriebsräte fordern mehr Mitspracherecht bei der Vergabe und mehr Möglichkeiten, Missbrauch zu kontrollieren. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kündigte jüngst ein neues Gesetz an. „Wir müssen die Werkverträge in Deutschland besser kontrollieren und etwas gegen ihren Missbrauch tun.“

Wie sehen Arbeitgeber die Kritik an Werkverträgen?

Arbeitgeber betonen, dass solche Verträge ein wichtiges Instrument sind, um etwa auf Spitzen bei der Nachfrage flexibel reagieren zu können. Daimler hat inzwischen aber Standards für die Vergabe festgelegt. Demnach sollen von Daimler beauftragte Firmen sich zum Beispiel nach den Lohnuntergrenzen in dem jeweils für ihre Branche geltenden Tarifvertrag richten. Gesetzesänderungen lehnt Personalchef Wilfried Porth hingegen ab.

Ist eine einvernehmliche Lösung in dem Rechtsstreit in Sicht?

Bisher sieht es nicht danach aus. Das Gericht hat beiden Seiten zwar einen Kompromiss vorgeschlagen, demzufolge der SWR den Beitrag einfach nicht wieder zeigen soll. Das lehnt der Sender ab, weil es aus seiner Sicht um die eigene Glaubwürdigkeit geht. Sowohl Daimler als auch der SWR pochen auf eine grundsätzliche Entscheidung vom Gericht. Das wiederum tut sich nach eigenem Bekunden schwer. Ein Verkündungstermin soll am 9. Oktober sein.