Das Unternehmen streicht in der Zentrale die Hälfte der Werkverträge und setzt stattdessen auf Neueinstellungen und Leiharbeit. Der Automobilbauer ist bei der Überprüfung aller Verträge offenbar selbst auf etliche Zweifelsfälle gestoßen.

Stuttgart - Der Daimler-Betriebsrat kann einen weiteren Erfolg im Kampf gegen den Einsatz von Werkverträgen verbuchen. Nach Angaben von Jörg Spies, der Betriebsratsvorsitzender der Daimler-Zentrale ist, wurde vereinbart, dass etwa 1000 Menschen, die bisher mit einem Werkvertrag ausgestattet im Unternehmen gearbeitet haben, künftig als Arbeitnehmer beschäftigt werden. Daimler wird diese Menschen also selbst einstellen, oder sie werden von Leiharbeitsfirmen eingestellt und als Zeitarbeiter an Daimler ausgeliehen. Der Daimler-Betriebsrat kämpft seit Langem gegen das Instrument des Werkvertrags, das aus einem Arbeitnehmer einen Selbstständigen macht, für den keine Lohn- und Arbeitszeitregeln gelten. Dies ist rechtlich zulässig, aber an enge Voraussetzungen geknüpft.

 

Nach früheren Angaben arbeiten im Bereich der Daimler-Zentrale, zu der vor allem die Hauptverwaltung in Stuttgart-Untertürkheim, die Informationstechnik sowie Forschung und Entwicklung gehören, etwa 12 000 Arbeiter und Angestellte. Hinzu kamen bisher nach Recherchen des Betriebsrats etwa 2000 Männer und Frauen mit einem Werkvertrag. Das Unternehmen selbst hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis davon, wie viele Menschen mit einem Werkvertrag auf dem Firmengelände tätig sind. Die Erklärung hierzu: Daimler kauft eine Leistung ein und weiß deshalb nach eigenen Angaben nicht, wie viele Menschen diesen Job erledigen. Zuständig für die Aufträge ist grundsätzlich der Einkauf und nicht die Personalabteilung.

Übernahmeangebot nach 24 Monaten

Zusätzlich werden nach Darstellung von Betriebsratschef Jörg Spies auch zwischen 100 und 150 Leiharbeitern von dem Unternehmen fest eingestellt. Dies ist teilweise die Konsequenz einer tarifvertraglichen Regelung. Der Tarifvertrag von 2012 schreibt vor, dass bei Zeitarbeitern in der Metall- und Elektroindustrie nach 18 Monaten überprüft werden muss, ob sie unbefristet übernommen werden können. Nach 24 Monaten muss dann ein Übernahmeangebot gemacht werden.

Das Unternehmen mag die Zahl von 1000 umgewandelten Werkverträgen nicht bestätigen. Begründung: es handele sich um einen laufenden Prozess, heißt es. Den Angaben nach laufen zum Jahresende viele Werkverträge aus, über die dann für das folgende Jahr neu entschieden wird; die Alternativen heißen neuer Werkvertrag, Zeitarbeit oder Neueinstellung. Hinzu kommt, dass Daimler seit einigen Monaten dabei ist, alle Werkverträge einer gründlichen Überprüfung zu unterziehen. Einige Werkverträge wurden nicht verlängert oder ausgesetzt, weil offenbar rechtliche Bedenken aufkamen. Das Unternehmen will auf der sicheren Seite sein und nimmt deshalb im Zweifelsfall Festeinstellungen vor oder setzt Zeitarbeit ein.

Der Betriebsrat wollte die Verhältnisse auch deshalb jetzt klären, weil im kommenden Jahr Betriebsratswahlen stattfinden und deshalb im Januar vollständige und korrekte Wählerlisten vorliegen müssen. Das Unternehmen begründet Einstellungen auch mit dem erfolgreichen Geschäftsverlauf sowie der laufenden Produktoffensive. Deshalb, so heißt es, brauche Daimler mehr hochqualifizierte Techniker und Ingenieure in der Stammbelegschaft. Vor wenigen Wochen hat der Betriebsrat in Sindelfingen bereits den ersten großen Erfolg im Kampf gegen die Werkverträge verbucht. In dem zentralen Pkw-Montagewerk, das insgesamt 39 000 Beschäftigte hat, wurde die Umwandlung von 1400 Werkverträgen vereinbart; zudem erhalten dort 100 Leiharbeiter in Forschung und Entwicklung, die der Zentrale zugerechnet werden, eine feste Stelle.