Daimler verkaufte im vergangenen Jahr EADS-Anteile, was dem Stuttgarter Autobauer zu einem Gewinnsprung verhalf. Das gleiche könnte dem Konzern in diesem Jahr mit der Trennung des Motorenbauers Tognum gelingen. Das steigert die Handlungsfähigkeit von Daimler-Chef Zetsche.

Daimler verkaufte im vergangenen Jahr EADS-Anteile, was dem Stuttgarter Autobauer zu einem Gewinnsprung verhalf. Das gleiche könnte dem Konzern in diesem Jahr mit der Trennung des Motorenbauers Tognum gelingen. Das steigert die Handlungsfähigkeit von Daimler-Chef Zetsche.

 

Stuttgart - Die Gewinnziele sind übertroffen, die Aktie auf Sechs-Jahres-Hoch, die neuen Modelle treiben den Absatz. Es läuft gut für Daimler-Chef Dieter Zetsche. Zwar hatten die Großaktionäre DWS und Union Investment kurz vor der Hauptversammlung am Mittwoch gefordert, dass er seine Doppelfunktion als Chef des Konzerns und der Autosparte Mercedes-Benz Cars aufgeben solle. Doch Zetsche sitzt weitaus sicherer im Sattel als noch vor einem Jahr.

Dazu beigetragen hat der Verkauf einiger Beteiligungen. Der Abschied von EADS im vergangenen Sommer brachte rund zwei Milliarden Euro. Ähnlich viel könnte in diesem Jahr die Trennung vom Motorenhersteller Tognum einbringen, der sich in Rolls Royce Power Systems umbenannt hat. Die kündigte Daimler im März an, genauso wie das Ende des Joint Ventures mit dem japanischen Kohlefaserspezialisten für Leichtbauteile, Toray. Die Häufung im ersten Quartal ist einem Daimler-Sprecher zufolge Zufall.

Zetsche habe seit einiger Zeit das Signal ausgegeben, sich mehr auf das Autogeschäft zu konzentrieren, sagt Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Der Verkauf der EADS- und Tognum-Anteile passt da gut ins Bild. Nach dem EADS-Ausstieg kaufte sich Daimler beim chinesischen Partner Baic Motor ein, die Tognum-Milliarden sollen ins Geschäft mit Autos und Nutzfahrzeugen fließen. „Es gab schon lange keinen Grund mehr, an Tognum festzuhalten“, sagt Pieper. Daimler hatte den Motorenbauer erstmals 2005 verkauft, um drei Jahre später wieder Anteile zu erstehen und ihn 2011 zusammen mit der britischen Rolls Royce komplett zu übernehmen.

Reuter wollte aus Daimler einen Technologiekonzern machen

Der Ausstieg bei EADS markierte das Ende des Versuchs, Daimler zum Industriekonzern auszubauen. Ende der 1980er Jahre hatte der damalige Daimler-Chef Edzard Reuter die Vision, aus Daimler einen breit angelegten Technologiekonzern zu machen. Er verhalf den Stuttgartern zu einer eigenen Luft- und Raumfahrttochter, der DASA, aus der 2000 EADS entstand. Auch AEG, Dornier und MTU gehörten zu dem Imperium.

Die Stuttgarter verzettelten sich - während die Konkurrenz sich auf ihr Kerngeschäft konzentrierte. Volkswagen kaufte vor allem neue Fahrzeugmarken von Porsche über Ducati oder MAN und Scania im Nutzfahrzeuggeschäft. „BMW hat sich stark den neuen Technologien verschrieben“, sagt Pieper. Die Bayern seien nicht ohne Grund am Karbon-Hersteller SGL Carbon beteiligt. „Sie werden zurecht als Technologieführer gesehen“, sagt Pieper.

Erst in den vergangenen Jahren zog Daimler mit der Partnerschaft mit dem französischen Autohersteller Renault und der Beteiligung am Elektroauto-Pionier Tesla Motors nach. Neben Antriebstechnologien und Vernetzung im Auto sei der Leichtbau eines der wichtigsten Themen, betonte Automobilwirtschaftsprofessor Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach.

Daimler stieg zwar zuletzt aus einem Leichtbau-Joint-Venture aus. ElringKlinger-Chef Stefan Wolf kündigte aber jüngst an, dass ein Autobauer aus der Region Stuttgart an den Zulieferer einen Leichtbau-Großauftrag erteilt habe. Nicht unbedingt ein Nachteil, meint Bratzel: „Eine lose Partnerschaft kann mehr Vorteile haben, weil sich der jeweilige Spezialist besser konzentrieren kann.“

Dass Daimler bei dem Batteriehersteller Li-Tec jüngst komplett eingestiegen ist, hält Bratzel dagegen eher für eine Zwischenlösung, nachdem der Autohersteller und der Mischkonzern Evonik im vergangenen Jahr vergeblich nach weiteren Partnern gesucht hatten. Ein weiterer Anteilsverkauf könnte demzufolge ins Haus stehen - und den Spielraum von Zetsche noch einmal erweitern.