Der Fußball-Bundesligist VfB Stuttgart absolviert sein Trainingslager im vorarlbergischen Schruns. Mit dabei: der Neuzugang Daniel Ginczek, der nach seinem Kreuzbandriss um den Anschluss kämpft.

Schruns - Ich muss ins Bett“, sagt Daniel Ginczek. Es ist zwar erst 13.30 Uhr am Dienstagmittag, aber der junge Mann braucht dringend Erholung. Am Morgen hatte ihn der Fitnesstrainer Christos Papadopoulos unter anderem zehn Mal einen Hang hochgescheucht, „bestimmt 300 Meter“, erzählt Ginczek. Aber so genau weiß er das nicht. Nur, dass der Hang ziemlich steil war, daran erinnert sich der 23 Jahre junge Stürmer des VfB Stuttgart genau. Jetzt, nach dem Mittagessen, muss er ein bisschen schlafen. Dreimal am Tag schindet sich Daniel Ginczek derzeit im österreichischen Schruns für sein Comeback: 7.30, 10.30 und 16.30 Uhr, von Sonntag bis Sonntag, jeden Tag. Er sagt: „Gestern lag die Belastung auf den Oberschenkeln, heute auf den Waden. Die Muskeln brennen, aber wenn man das geschafft hat, ist man auch froh.“

 

Nix mit Erholung

Derzeit sind alle VfB-Profis froh, wenn sie sich ein bisschen erholen können, das Programm von Trainer Armin Veh und Athletikcoach Günter Kern ist stramm im Trainingslager im Montafon. Die WM-Teilnehmer Vedad Ibisevic, Carlos Cruezo, Gotoku Sakai haben noch Urlaub; Martin Harnik absolviert seine Reha nach einer Schulterverletzung.

Daniel Ginczek aber ist dabei. Vor genau fünf Monaten riss das Kreuzband in seinem rechten Knie im Spiel seines Ex-Clubs 1. FC Nürnberg gegen den FC Bayern. Nun muss er sich schinden für sein Comeback. Bis jetzt zeigt das verletzte Knie keine negative Reaktion nach der erhöhten Belastung. Wenn alles nach Plan läuft, zieht Daniel Ginczek vielleicht Ende der Woche erstmals wieder die Fußballschuhe an. Anfang, Mitte August will er ins Mannschaftstraining einsteigen: „Ich mache mir aber keinen Stress. Wenn es am Ende zwei Wochen länger dauert, bis ich wieder in der Bundesliga spielen kann, macht es auch nichts.“

Daniel Ginczek macht einen gefestigten Eindruck, er ist keiner, der mit seinem Schicksal hadert. Sein Händedruck ist fest, sein Lachen herzlich – trotz der Schinderei und des Dauerregens in Schruns am Dienstag. In den letzten Monaten ist viel passiert im Leben des jungen Mannes: erst die Verletzung, dann der Abstieg des 1. FC Nürnberg, schließlich der Wechsel zum VfB. Und vor vier Wochen ist Ginczek stolzer Vater einer Tochter geworden, von August an bezieht die kleine Familie ein Haus vor den Toren Stuttgarts. Beim VfB soll die Karriere des breitschultrigen, 1,91 Meter großen Hünen aus Arnsberg im Sauerland wieder Fahrt aufnehmen.

So einer fehlte in der Rückrunde

Wie viel sie beim VfB von Ginczek halten, zeigt die Tatsache, dass der Club 2,5 Millionen Euro Ablöse für einen schwer verletzten Fußballer zahlte, eine Ausstiegsklausel im Abstiegsfall machte den Wechsel möglich (Vertrag beim VfB bis 2018). So ungewöhnlich sei die Verpflichtung eines verletzten Spielers nicht, meint VfB-Sportdirektor Jochen Schneider, zumal Ginczek schon lange im Fokus des VfB gestanden habe und er am Ende seiner Reha stünde. Auch Armin Veh, der den Stürmer schon vergangene Saison zu Eintracht Frankfurt holen wollte, ist von den Fähigkeiten Ginczeks überzeugt. „Daniel ist definitiv eines der größten Talente seines Jahrgangs. Er ist mutig und bringt viel Leidenschaft mit, das gefällt mir, davon werden wir noch profitieren“, sagte er.

Der ehemalige Junioren-Nationalspieler ist spätestens seit seinen 18 Zweitligatoren vor zwei Jahren für den FC St. Pauli ein Versprechen auf eine gehobene Bundesligakarriere. Trotz einiger anderer Angebote von Erstligisten entschied sich der laufstarke Angreifer für die Schwaben. „Der VfB ist ein großer Verein, der weiter oben stehen muss als im letzten Jahr“, fordert er. Vor allem die Gespräche mit Armin Veh hätten ihn am Ende überzeugt: „Er ist der letzte Meistertrainer des VfB und mit seinem Wechsel hat er Euphorie entfacht. Außerdem hat er schon bewiesen, dass er junge Spieler weiterbringen kann.“

In der Rückrunde fehlte dem VfB ein kantiger, mitreißender Stürmer wie Ginczek (Motto: „Keinem Stürmer werden Tore geschenkt“). Doch die Alternativen im Angriff sind groß: Vedad Ibisevic, Mohammed Abdellaou und Timo Werner. Ginczek ist selbstbewusst, aber nicht vorwitzig so wie einst, als er den Durchbruch bei Borussia Dortmund nicht schaffte. „Ich wollte damals zu schnell zu viel“, gibt er zu. Der Umweg über Bochum, St. Pauli und Nürnberg habe ihm gutgetan: „Von der Konkurrenz im Sturm können wir alle profitieren.“