Die Parker-Romane von Richard Stark setzt Darwyn Cooke in kongeniale Comics um. Wer diese taffen Gangstergeschichten noch nicht kennt, hat ein großes Vergnügen vor sich.

Stuttgart - Literarische Übersetzer kennen dieses Problem. Oder, sagen wir’s neutraler, diese Herausforderung. Wenn sie einen im Original schon um einiges älteren Text vor sich liegen haben, wie modern oder historisch sollen sie die Übertragung gestalten? Verändert eine moderne Eindeutschung das Werk zu sehr? Klar, werden jetzt viele aus dem Stegreif antworten. Aber kriegt man das Deutsch einer anderen Zeit anders als fast karikaturenhaft antiquiert hin? Und sind die Sprachentwicklungen in den beiden Ländern wirklich parallel gelaufen, oder haben die Gewohnheiten sich unterschiedlich verändert?

 

Vor einer ähnlichen Herausforderung steht Darwyn Cooke, der nach und nach und hoffentlich noch lange die Romane von Richard Stark um den Profiverbrecher Parker in Comics verwandelt. Die Adaption „Das Syndikat“, die gerade auf Deutsch erschienen ist, fußt auf dem Roman „The Outfit“, der erstmal 1963 erschienen ist. Soll Cooke Parker und Co. im Retro-Stil zeichnen, so, wie man das damals gemacht hätte? Wenn ja, in welchem – einem Pseudorealismus, wie ihn die Massenverlage DC und Marvel in ihren härteren Titeln pflegten, oder in suggestiveren, noir-beeinflussten Bildern, wie sie die EC-Comics immer wieder gewagt hatten? Oder sollen Parkers Abenteuer modern werden, sehr abstrakt vielleicht, oder psychedelisch und eruptiv?

Noir, Cartoon und Boulevard

Cookes Antwort ist gewiss nicht die einzig mögliche, aber eine in sich stimmige und überzeugende. Er mischt Noir- und Cartoon-Elemente, mixt Elemente der Werbegrafik aus den Sechzigern dazu und greift auch auf Boulevardzeitungs-Layouts zurück oder zitiert Gerichtszeichnungen. Wir haben das ja schon mal gerne und begeistert empfohlen.

„Das Syndikat“ aber sieht nicht einfach so aus wie „Parker“. Er ist kleinteiliger, er hat mehr enge Panels, ist phasenweise gedrängter, fast in positivem Sinne mechanisch: was mit der Geschichte zusammenhängt. Parker, in argen Geldnöten, steigt hier in ein geplantes Ding ein. Plant es völlig um. Und merkt, dass nicht allen Komplizen zu trauen ist. Was wir bereits wissen,weil der Überfall auf einen Geldtransporter eine Rückblende ist und wir längst Beweise dafür haben, dass man mit Parker nicht fair umging.

Utopie der Kontrolle

Cooke legt also in seiner Bildsprache das entscheidende Element der Planung in Parkers Variante von Illegalität dar, das Herunterbrechen eines möglichen Geschehens auf kleine, kontrollierbare Einheiten. In gewisser Weise ist das Mechanische also Parkers Utopie: die kleinen Teile greifen ineinander, eines geht aus dem anderen hervor.

Größere Bilder und asymmetrisch aufgeteilte Seiten wirken dann zwar erfrischend auf unser Auge: deren dynamische Elemente oder sich raum verschaffende Figuren sind aber auch die unkontrollierbaren Stellen in Parkers Planungen. Auf die Gefahr der Wiederholung hin: klasse gemacht! Sollten Freunde der Romane von Stark alias Donald E. Westlake auch dann ernsthaft in Erwägung ziehen, wenn sie das Comiclesen bislang noch nicht für sich entdeckt haben.

Darwyn Cooke/Richard Stark: „Das Syndikat“. Graphic Novel, aus dem Englischen von Stephanie Grimm. Eichborn Verlag, Köln 2014. 160 Seiten. 19,99 Euro.