Grün und schwarz sind die neuen Farben von Baden-Württemberg, diese beiden Parteien dominieren nach der Landtagswahl. Dabei ist das Rennen in etlichen Wahlkreisen sehr knapp ausgegangen. Gewonnen haben auch die Frauen – ein ganz klein wenig.

Stuttgart - Wenn die Parteien sich am Wählerwillen orientieren wollen, dann könnten sie an den oben dargestellten Grafiken ablesen, was zu tun ist: Grün-Schwarz teilt das Land unter sich auf. Die Grünen haben die meisten Wahlkreise für sich entscheiden können. In 47 von 70 sind sie die stärkste politische Kraft, gefolgt von der CDU. In den 22 Wahlkreisen, in denen die Christdemokraten noch die stärksten sind, drängen die Grünen auf Platz zwei. In diesem grün-schwarzen Entweder-Oder gibt es gerade mal drei andere Farbtupfer: Das sind die zwei Wahlkreise, in denen die AfD das Erstmandat erringen konnte und ein roter Flicken, mit dem die SPD sich in Erinnerung bringt. Die politische Vielfalt im Land hat schon anders ausgesehen; es gab Wahlen, bei denen es vor allem rot, aber auch gelb zwischen diesen anderen Farben schimmerte.

 

Ein zweiter Aspekt unterstreicht die grün-schwarze Vormachtstellung: In nicht weniger als 18 Wahlkreisen beträgt der Abstand zwischen dem Erst- und dem Zweitplatzierten keine tausend Stimmen, in elf sind es sogar unter 500. Dabei ist es keineswegs so, dass nur die Grünen davon profitiert hätten. In neun Wahlkreisen hatten sie knapp die Nase vorn. In sieben aber ging der Sieg genauso knapp an die Union. Die beiden von der AfD errungenen Erstmandate fallen ebenfalls unter diese Kategorie.

Nur 40 Stimmen Abstand

Mit 40 Stimmen Abstand ist der Sieg von Thekla Walker (Grüne) in Böblingen vor Paul Nemeth (CDU) das knappste Resultat. Die 59 Voten, die Bernd Grimmer (AfD) vor Katrin Lechler (Grüne) in Pforzheim ins Ziel kam, sind das zweitknappste Ergebnis. 147 Stimmen halfen der CDU in Wiesloch zum Sieg vor den Grünen, 201 Stimmen den Grünen in Sinsheim vor der CDU; 248 Stimmen waren es in Bretten. Und so weiter. Bei nur geringen Verschiebungen hätte es durchaus anders aussehen können – aber nur zwischen Grünen und CDU.

Der neue Landtag hat 143 Abgeordnete, fünf mehr als der alte. Darunter sind 35 Frauen (24,5 Prozent) bisher waren es 28 (20,3 Prozent). Davon stellen die Grünen 22, die CDU sieben, bei der SPD sind es zwei, die FDP hat eine, die AfD drei.

Die Grünen gewinnen elf Sitze dazu und sind mit 47 Parlamentariern die größte Fraktion. Sie werden wohl auch die Landtagspräsidentin stellen. Die CDU verliert 18 Sitze und hält noch 42. Drittstärkste Kraft wird die rechtspopulistische AfD; sie erhält 23 Sitze. Die SPD schrumpft um 16 auf 19, die FDP wächst von sieben auf zwölf.

Wahlbeteiligung gestiegen

5,4 Millionen Baden-Württemberger (70,4 Prozent), so teilte die Landeswahlleiterin Christiane Friedrich mit, haben abgestimmt. Die CDU hat knapp eine halbe Million Wahlgänger verloren, die Grünen haben gut 400 000 dazu gewonnen, die Sozialdemokraten rund 470 000 verloren. Die FDP konnte ihren Zuspruch um gut 180 000 Menschen ausbauen. Für die AfD machten sich knapp 810 000 Wähler stark.

Trotz Globalisierung, Digitalisierung oder Individualisierung – bestimmte Verhaltensweisen scheinen sich über Generationen hinweg zu halten. So ist die AfD bevorzugt dort stark, wo es vor 20 und mehr Jahren die „Republikaner“ waren, besonders in Pforzheim und der Gegend drumrum und im Nordschwarzwald. Freilich kann sich die AfD in 53 der 70 Wahlkreise als drittstärkste Kraft gegen die SPD durchsetzen. Das geht aus dem Bericht des Statistischen Landesamtes hervor. Nur in drei Wahlkreisen – Konstanz (9,4), Freiburg I (8,4) und Stuttgart I (7,0) – blieb die AfD einstellig.

Wo die Wahlbeteiligung eher niedrig war, profitierte die AfD. Das legen die Werte der Statistiker nahe. Allerdings war der Wahleifer auch in Wahlkreisen, in denen die SPD relativ gute Ergebnisse erzielt hat, eher schwach. Besonders motiviert sind die Grünen-Wähler, wo die Grünen stark sind, ist auch die Wahlbeteiligung hoch.

CDU verliert am stärksten

Die CDU hat mit 12,0 Prozentpunkten am meisten verloren. Nur noch in 16 Wahlkreisen hat sie mehr als 30, nirgends mehr als in Ehingen mit 36,3 Prozent. In Pforzheim – wo die AfD das Erstmandat erringen konnte – verlor sie mit 22,1 Punkten am meisten, aber auch Sigmaringen mit minus 17,9, Balingen mit minus 16,9 oder Hechingen-Münsingen mit minus 16,0 schlagen ins Kontor. Die geringsten Verluste gab es, wo die Union ohnehin schwach war, in Mannheim (minus 5,6) oder Breisgau (minus 5,7). Epochal zu nennen sind die Verluste der traditionell schwarzen oberschwäbischen Wahlkreise Sigmaringen, Ravensburg und Bodensee an die Grünen.

Dort ist auch die SPD tief eingebrochen, zum Beispiel in Sigmaringen. Hatten die Genossen dort 2011 schon nur 17,3 Prozent der Wahlbürger überzeugen können, waren es diesmal nur noch 6,8 Prozent – der Minusrekord. In Balingen war der Verlust mit 14 Punkten von 23,9 auf 9,9 Prozent am stärksten. In acht Wahlkreisen ist die SPD nur noch einstellig, davon allein in sechs der elf Wahlkreise des Regierungsbezirkes Tübingen plus Rottweil und Tuttlingen.

Lauter Pluszeichen

Die FDP verbessert sich in sämtlichen Wahlkreisen gegenüber dem Ergebnis von 2011. Am stärksten ist sie in Freudenstadt, wo sie mit 5,9 Punkten am meisten zulegen kann. 13,5 Prozent dort sind auch das beste Ergebnis. Das hängt wohl auch mit dem Landesvorsitzenden Michael Theurer zusammen, er lebt in Horb im Landkreis Freudenstadt. Der Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke macht in Pforzheim auch 5,9 Punkte gut und bringt die FDP dort auf 10,6 Prozent. Freilich schaffen fünf seiner bisher sechs Fraktionskollegen in ihren Wahlkreisen bessere Ergebnisse als der Chef.

Die Grünen verlieren in einem einzigen Wahlkreis: 0,1 Punkte in ihrem Rekordwahlkreis Stuttgart I (42,4 Prozent). Sonst gibt es nur Pluszeichen. In drei Wahlkreisen – Stuttgart I, Heidelberg und Freiburg II – kommen sie über 40 Prozent, unter 20 sind sie nur noch in Neckar-Odenwald.

Die Linke hat 156 000 Wähler oder 2,9 Prozent (plus 0,1 Punkte). Die Wahlbeteiligung hat in 66 Wahlkreisen zugelegt. Stuttgart II (77,4 Prozent) hält den Rekord, Mannheim I (58,8) den Minimalwert.