„Schicke mir mit nächster Gelegenheit Deine letzten, neuen, schon durchtanzten Schuhe, von denen Du mir schreibst, dass ich nur wieder etwas von Dir habe und an mein Herz drücken kann.“ Dies schrieb der große Dichter seinem „kleinen Erotikon“, mit dem er eher grob- als feinschmeckerisch verbandelt war, die längste Zeit in ungehörig wilder Ehe. Ähnlich fetischistische Gelüste rauben dem Helden eines seiner Romane den Schlaf; bezirzt von Mademoiselle Philines Pantoffeln, wird ihm lustkitzelnd ruhlos zu Sinn, „und ein schelmischer Genius, der ihn belauschte, will versichern: er habe sich einen großen Theil der Nacht mit den allerliebsten Stelzchen beschäftigt; er habe sie mit einem gewissen Interesse angesehen, behandelt, damit gespielt, und sich erst gegen Morgen in seinen Kleidern auf’s Bette geworfen, wo er unter den seltsamsten Phantasien einschlummerte“.

 
Der Schuh als Vulva, der Fuß als Penis – Psychoanalytiker argwöhnen schon lange, worauf die Libido der Futteralverehrer hinaus will. Aber auch dem abseitigsten Verlangen ist keine immerwährende Dauer beschieden, sowenig wie der reinen Liebe. Als die Beziehung des großen Dichters zu einer weiteren Dame, die uns an dieser Stelle mehr interessieren soll, schon abgekühlt war, schickte diese ihm ein Paar Hausschuhe, hochelegant, geschmückt mit arabischer Inschrift. Indessen, der Empfänger trug sie nie, und sein Dank klang minder begeistert als komisch entrüstet: „Das Christkind hat dieses Jahr, man muss es gestehen, sich sehr liebenswürdig erwiesen, doch kann es eine gewisse Tücke nicht lassen, denn ob es gleich herkömmlich ist, dass man des Papstes Pantoffel küsse, weil ein Kreuz drauf, wohl auch, dass man die Füße der Geliebtesten liebkose, um anzudeuten, dass man sich dem Willen ganz hingibt, der sich uns ergeben hat, so ist es doch unerhört, dass man eine würdige Person durch magische Zeichen nöthige, die Hülle seines eigenen Fußes zu verehren, wozu moralisch und physisch gar wunderbare Gebärden nöthig wären.“

Schnöde Zeilen – unerfreulich für die hochgemute Dame. Sie war ein Adelsgeschöpf von feiner musischer Bildung (Pirngruber habe sie angeblich früher geheißen, als sie noch spielte und tanzte im Heimatland Österreich), nebenbei genauso brav verehelicht wie der Dichter, den sie verehrte, und genauso vertraut mit einem Leben in wilder „Gewissensehe“. Ihr Pantoffelpräsent landete beim Sekretär des Verehrten – und heute schmückt es die schuhhistorische Sammlung der Firma Bally.