Wie überlegen kleine Lebensmittelläden jenseits der großen Ketten? Was zeichnet sie aus? Wer treibt sie um, und was treibt diejenigen wiederum an? Eine Serie geht diesen Fragen nach. Dieses Mal: der „Remstal-Markt“

Sillenbuch - Peter Offs Motor steht silberglänzend neben der Kühltheke. Den edlen Kaffeevollautomaten hat der Mann, dessen Wecker an sechs Tagen die Woche um 4 Uhr klingelt, sich gegönnt. Aber auch so mancher Kunde holt sich hier offenbar gern sein tägliches Koffein. Regina Scheffler zum Beispiel, die regelmäßig von der nahegelegenen Arztpraxis zum Kaffeeholen in den Remstal-Markt an der Mendelssohnstraße kommt: „Wir kriegen dazu auch immer ein Leckerli“, sagt die Frau, die Peter Off mit einem freundschaftlichen Spitznamen anspricht.

 

„Was sollen die Leute mit Punktekärtchen anfangen, für die sie dann irgendwann Geschirr bekommen, das nicht mehr verkauft werden kann?“, sagt Off. Er verschenkt lieber Saft: eine kleine Flasche selbst gepressten Orangensafts gibt es für einen Einkauf ab 25 Euro, eine große ab 40 Euro. Und manchmal gibt es obendrein noch gute Ratschläge: „Haben Sie Halsweh?“, fragt Off eine Frau, die ihre gewünschten Waren kaum krächzen kann. Off steckt ihr eine Grapefruit in die Einkaufstüte, sagt, sie solle sie komplett schälen und vom Weißen befreit essen und sich vor dem Spiegel außerdem selbst die Zunge rausstrecken so weit es geht. „Und dann sollten Sie etwas merken: Es wird im Hals heiß und brennt, aber es hilft“, sagt Off zu seiner Kundin.

Außer Grünkohl alles

„Bei uns werden Sie bedient“, steht es schwarz auf gelben Schildern, die an den Regalen kleben. Ein älterer Herr betritt den Laden, in der Hand einen Einkaufszettel, der nun für Off zum Laufzettel wird: Während der Kunde seine Wünsche vorträgt, wirbelt Off auf den 35 Quadratmetern Verkaufsfläche umher und wüsste vermutlich auch mit verbundenen Augen, wo beispielsweise die geforderten grünlichen Bananen hängen. Er kennt sein Sortiment nicht nur auswendig, sondern wortwörtlich auch inwendig, denn: „Hier gibt’s außer Grünkohl nichts, was der Chef nicht isst.“

Und der Chef scheint eingedenk des Sortiments einen breit gefächerten Geschmack zu haben: Vom Käse, den er auch auf Partyplatten serviert, bis zu Pralinen aus einer Schokoladen-Manufaktur, vom schwäbischen Grappa bis zum Cidre aus der Bretagne, vom Gsälz bis zur englischen „Royal Marmalade“. Wobei das Hauptgeschäft in Salat, Zucchini, Tomaten, Äpfel, Erdbeeren, Mango und Co. liegt.

Eine Hand wäscht die andere

Seit etwas mehr als acht Jahren treibt der knapp 48-Jährige den Laden um und ist soweit ganz zufrieden: „Sonst tät ich’s net machen“, sagt der Dialektsprecher. Mit seiner Kundschaft, die er nach eigenem Bekunden zu 90 Prozent mit Namen kennt, spricht er auch mal über Privates, fragt aber zuvorderst nach deren Beruf. Peter Off hält sich an das Motto „Eine Hand wäscht die andere“ oder, wie er es schwäbischer formuliert: „Wenn du koi Väterle im Himmel hasch, bisch nix.“

So kommt es auch nicht von ungefähr, dass im Regal auch Jani’s Olivenöl zu finden ist, das Joannis Karastogios vom Degerlocher Tante-Emma-Laden produziert. „Wir treffen uns immer auf dem Großmarkt. Und wieso sollte ich woanders bestellen, wo ich dann eine Mindestmenge abnehmen muss?“, sagt Off, dessen Tag mit dem Einkauf auf dem Großmarkt beginnt. Er endet, nachdem er seine verderblichen Waren wieder im gekühlten Keller verstaut hat, mit Büroarbeit. Wenn er entspannen will, setzt er sich aufs Motorrad. „Bei 200 Sachen kommen mir manchmal die besten Ideen für den Laden“, sagt Off, bevor er wieder kaffeebetrieben durch seinen Laden rauscht.

Kontakt

Remstal-Markt, Mendelssohnstraße 19, 70619 Stuttgart,Telefon 3 42 19 69, info@remstalmarkt.de

Öffnungszeiten
: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 7.30 bis 18 Uhr, mittwochs und samstags von 7.30 bis 13 Uhr