An diesem Samstag ist es wieder so weit: Der Münchner Oberbürgermeister erlöst die Wiesn-Süchtigen mit gezielten Schlägen und dem Ruf „Ozapft is!“ Unser Bayern-Korrespondent Mirko Weber bereitet die Welt auf den Beginn des Oktoberfests vor.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Wenn es Ernst wird im Münchner Spätsommer und die Wiesn beginnt, schaut der Münchner Oberbürgermeister vorher auf einen Sprung beim alten Schankkellner Helmut Huber von der Paulaner-Brauerei vorbei. Das hat Christian Ude (Linkshänder) immer so gehalten in seiner langjährigen Amtszeit, und das behält jetzt auch sein Nachfolger Dieter Reiter (Rechtshänder) bei. Denn allein damit, dass der OB den Schlegel richtig hebt und den Wechsel im 200-Liter-Fass halbwegs trifft, ist es ja nicht getan (Winkel und Wucht des Schlages sind genauso wichtig), und Huber weiß, was Bürgermeister wünschen: bloß keine Blamage. Wobei der Begriff Blamage sehr dehnbar ist.

 

Ude zum Beispiel startete 1993, als man beim Oktoberfest auch abends und ohne Reservierung noch lässig einen Platz bekam, beim Anzapfen mit sieben (!) Schlägen, was damals alle Vorurteile zu bestätigen schien, die man über ein windiges Ex-Journalistenbürscherl aus Schwabing so haben konnte. Redete gescheit daher, traf aber nicht. Seitdem hatte sich Ude wohlweislich von Huber coachen lassen und arbeitete sich folglich bis 2008 an die Marke Zwei heran. Zuerst den Wechsel rein – und dann noch einen Schlag zur Sicherheit. Dabei blieb es dann regelmäßig bis zum letzten Jahr: tatsächlich oans, zwoa, gsuffa, wenn man wollte.

„Obatzt is!“ – um es mit Erich Kiesl zu sagen

Historisch betrachtet ist diese Prozedur wahrlich und im Wortsinn schon saumäßig danebengegangen, wobei man sagen muss, dass ihr früher, also seit ihrer Etablierung 1950 durch den OB Thomas Wimmer, nicht im Entferntesten jene Bedeutung zukam, die sie heute hat. Wimmer soll in seiner Anfangszeit, wie die Legenden gehen, 17 Schläge benötigt haben, was aber nichts war gegen die Geschichten vom Oberbürgermeister Erich Kiesl. Im Jahr 1978 vergaß er, das traditionelle „Ozapft is!“ zu rufen, was er drei Jahre später wieder gut zu machen suchte: als es dann aber einfach nur gewaltig aus dem Fass heraus spritzte – Albtraum jedes Anzapfers aus dem Amateurbereich – war Kiesl völlig von der Rolle. Und rief: „Obatzt is!“ Da freilich wurde es dann doch sehr still im Zelt.


Das ist heuer, wenn der ehemalige Wiesn-Chef Dieter Reiter ans Werk geht, nicht zu befürchten, wie es überhaupt in den nächsten zweieinhalb Wochen immer rund gehen wird auf dem 181. Oktoberfest , das sich mal wieder anschickt, Rekorde zu brechen, obwohl das nicht ganz leicht ist: beim letzten Mal waren es beispielsweise 6,4 Millionen Besucher, ein ungeheurer Wert und wahrscheinlich nur bei durchgehendem Altweibersommer zu brechen. Durch die Schallmauer hindurch ist hingegen mal der Bierpreis, der nur noch in einzelnen Zelten bei 9,70 Euro für die Maß liegt. Die meisten Wirte wollen mehr, bis 10,50 Euro.

Während Christian Ude immer auf eine „friedliche Wiesn“ hoffte – und die Beschwörungsformel von Dieter Reiter noch nicht raus ist – hat sich die Polizei darauf eingestellt, dass die die ziemlich konstante Zahl von 2000 Einsätzen auf der Wiesn in den vergangenen Jahren übertroffen werden könnte. Zwar sind auf dem Gelände der Theresienwiese 300 Beamte und außerhalb etwa 200 Kollegen rund um die Uhr unterwegs, was aber andererseits auch bedeute, wie der Münchner Polizeivizechef Robert Kopp sagt, dass „eine zweite Stadt in der Größe von Nürnberg mitbetreut“ werden müsse.

Vorsicht mit dem neuen 10-Euro-Schein

Vor allem haben sich in den letzen Jahren die Fälle von Frauen gehäuft, die manchmal mit brutaler Gewalt von angetrunkenen Männern angegangen worden sind. Darüber hinaus warnt die Polizei namentlich vor Falschgeldbetrügern, die ausnützen könnten, dass am 23. September der neue Zehn-Euro-Schein eingeführt wird, der den meisten Menschen vom Design her noch unbekannt ist.

Obwohl gerade mit Mobiltelefonen genug passiert auf dem Oktoberfest, weil sie absaufen, zertrampelt oder gestohlen werden, geht natürlich fast kein Mensch ohne Handy auf die Wiesn. Das inspiriert auch die App-Entwickler. Mit der App mytaxi angelt man sich im Idealfall einen Taxifahrer zur festgesetzten Zeit am fest verabredeten Ort. Obendrein zahlt der Taxifahrer die Provision, wenn er den Auftrag annimmt. Zu Stoßzeiten könnte dies alles allerdings daran scheitern, dass es an der Theresienwiese dann normalerweise keine Taxen mehr gibt. Nützlicher sein könnte die App Oktoberfest.de, die anzeigt, bei welchem Zelt sich das Anstellen noch lohnt – und wo nicht. Speziell für Frauen und Mädchen interessant ist die App WiesnProtect, die alle wichtigen Telefonnummern versammelt, wenn es um Hilfe in der Not geht.