Ein guter Schluss ziert alles, der Sommer geht im meteorlogischen Herbst noch in die Verlängerung und die Winterkollektion muss noch ein bisschen warten.

Stuttgart - Das glaubt jetzt natürlich kein Mensch, es ist aber trotzdem so - der Sommer ist vorbei. Gefühlt natürlich nicht, die Freibäder brummen, auf dem Weindorf schmilzt kiloweise das Eis in den Weinkühlern während sich der brave Weingenießer dezent ein paar Schweißtröpfchen von der Stirn tupft und der Einzelhandel zerrt bei Temperaturen über 25 Grad noch einmal ein paar Rollständer Kurzärmeliges vor die Herbstkollektion. Kalendarisch ist der Sommer noch gut drei Wochen aktiv, aber meteorologisch eben nicht, da ist er am 31. August um 24 Uhr gestorben. Aus die Maus, am 1. September sprechen Wetterprofis vom Herbst und versenden die Sommerdaten.

 

City nass, Flughafen trocken

„Aber keine Bange“, sagt Klaus Riedl, „der gefühlte Sommer bleibt noch ein wenig da.“ Wie es jetzt aussieht wohl noch mindestens bis zum Sonntag, meint der Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst, der sich weiter aber nicht festlegen will. Es gibt aber durchaus Wettermodelle, die noch weit in den September hinein von angenehmem und trockenem Spätsommerwetter ausgehen. So wie eben der August geendet hat, der im Übrigen für die Region Stuttgart gegenüber dem langjährigen Mittel 1,9 Grad zu warm und sich mit 271,7 Sonnenstunden auch fast 67 Stunden lichtdurchfluteter präsentierte als ein durchschnittlicher August. So weit so wenig spektakulär.

Bei den Niederschlagsmengen sieht man dagegen, wie groß die Unterschiede an zwei nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegenden Messstationen sein können. Während am Schnarrenberg im August exakt 56,8 Liter Regen fielen, was 76 Prozent des normalen Augustregens entspricht, waren es an der Wetterstation Flughafen auf den Fildern zehn Liter weniger. Zehn Liter sind gerade mal ein Kasten Bier, das ist nicht die Welt, möchte man meinen. Das stimmt, aber eindrucksvoll wird die Regenstatistik, wenn man den gesamten Sommer, also die Monate Juni, Juli und August, in Summe betrachtet. Da steht dann folgendes zu Buche: Am Flughafen in Echterdingen fielen in den drei Monaten insgesamt 192,8 Liter Regen, was exakt 52,1 Liter weniger sind als normal. Der Fildersommer war also ein trockener Gesell. Am nur 14 Kilometer Luftlinie entfernten Schnarrenberg prasselten dagegen 289,5 Liter von Himmel, 57,3 Liter mehr als in einem durchschnittlichen Sommer und 96,7 Liter mehr als auf dem Flughafen. Pro Quadratmeter wohlgemerkt. Die nackten Zahlen kann man auch mit Leben füllen. Während am vergangenen Sonntag das Weindorf in der Stadtmitte fast davon schwamm, blieb es auf den Fildern staubtrocken. „Regionale Gewitterzellen“, nennt Meteorologe Riedl das Phänomen.

Ein Allzeithoch am 27. August

Aber zurück zum August: Der hat in diesem Jahr bewiesen, dass ein guter Schluss vieles retten kann. Als die meisten Mitte des Monats dachten, der Restsommer finde nur noch auf den bunten Plakaten der Reisebüros statt, gab die Sonne noch einmal richtig Gas. Zwischen dem 24. und 28. August gab es fünf Tage am Stück über 30 Grad und zwischen dem 27. und dem 29. August drei Nächte, die so mild waren wie noch nie in diesem Zeitraum seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1951. Und noch ein Rekord: Am vergangenen Samstag stieg das Thermometer auf exakt 34 Grad, ein Allzeithoch für einen 27. August.

Man kann also über das Sommerfinale nicht wirklich meckern, und auch der komplette Stuttgarter Sommer 2016 war mit 19,9 Grad durchschnittlich zwei Grad zu warm. Und liegt damit im weltweiten Erwärmungstrend. Das ist ökologisch nicht gut und bedenklich, aber punktuell betrachtet auch sehr angenehm. Die Spätsommerwärme hat schließlich auch noch was Gutes: Der Wein wächst besser, während sich die Zahl der Kirschessigfliegen an den fünf heißen Augusttagen zum Glück vermindert hat. Es könnte also ein prima Jahrgang werden, wenn die Sonne noch ein paar Wochen in die Verlängerung geht. Und wer sich jetzt grämt, dass er wegen des Spätsommers noch nicht die aktuelle Herbstmode präsentieren kann, dem sei zweierlei gesagt: Kalt wird es von ganz alleine, versprochen. Und die kommende Mode für die Frauenwelt wird dominiert von „Tüll, verspieltes Styling beim Ballerina-Trend, die Farbe Rosa, pudrige Farbwelten und lange Schnitte“, wie ein Magazin prophezeit. Dann lieber ein bisschen Sonne.