Cro kennt sogar deine Mutter. Jetzt bekommt er vielleicht den Echo für das beste Video - zu seinem Hit "Easy". Das Stadtkind hat den Regisseur Harris Hodovic gefragt, wie das damals war beim Dreh.

Stuttgart - Der Wirbel um das Phänomen Carlo Waibel bricht nicht ab. Erst im Januar hat Cro seine Deutschlandtour fortgesetzt und trat z.B. allein in Hamburg drei Tage hintereinander auf. Am 21. März könnte sich zu dem Bambi (Pop National) und der 1 Live Krone (für die Single „Easy“) ein weiterer Brocken in seiner Fame-Vitrine dazugesellen. Das Video „Easy“ ist in der Kategorie „Bestes Video National“ nominiert. Bedeutet auch: Der Regisseur Harris Hodovic könnte seine Lorbeeren-Sammlung ergänzen. Mit seiner Stuttgarter Breakdance-Crew Southside Rockers bekam er einst schon einen Comet überreicht. Zwischenzeitlich hat der Stuttgarter Windmühlen und Headspins gegen die Kamera eingetauscht und war für den Videoclip „Easy“ verantwortlich.

Dieser ist ohne Zweifel der Grundstein für Cros außergewöhnliche Karrierelaufbahn. Sieht im Nachhinein ganz einfach aus. Man nehme eine schicke Bude, stelle sie voll mit angehipsterten Zeitgeist-Insignien, lasse attraktive, junge Frauen durchs Bild rappen, am Skatepark rumhängen und BMX fahren und schon war das Ding im Kasten. So „easy“ war es aber natürlich gar nicht, erinnert sich der Regisseur anderthalb Jahre später beim Gespräch mit dem Stadtkind.

 

„Nur ein richtiger Clip fehlte"

„Einer meiner Facebook Homies hatte im Sommer 2011 den Song von Cro „Einmal um die Welt" gepostet“, erzählt der Filmemacher, der sowohl Musikclips für Moonbootica oder Kris („Diese Tage“, ebenfalls nominiert beim diesjährigen Echo) dreht als auch „Werbung macht“ und über seinem ersten Kinofilm brütet. „Ich war beeindruckt vom Sound und der Leichtigkeit seiner Produktion, schlichtweg gesagt: der Typ hatte Skills.“ Nur ein „richtiger Videoclip“ fehlte dem Typ. Deswegen nahm Harris direkt mit dem damals unbekannten Rapper Kontakt auf und hat ihm ein Video „for free“ angeboten. „Ich dachte mir, den musst Du supporten, der kann was.“

Der gebürtige Aalener antwortete prompt und nahm die Hilfe dankend an, da er zu diesem Zeitpunkt schon in Eigenregie an dem Clip zu „Easy“ arbeitete, aber nicht vorankam. Harris, sein damaliger Partner Patrick Kamal und jener Typ mit Skills verabredeten sich im Hans im Glück-Brunnen. Der erste Eindruck von Harris liest aus heutzutage wie der Beginn einer großen deutschen Pop-Geschichte: „Und da kam er: Enge Jeans, Hipsterstyle und Snapback, sympathischer Junge - ein Mädchenschwarm, dachte ich mir, den kannst Du bestimmt gut 'verpacken'!“

Nur: Das mit dem Verpacken wurde bekanntlich nichts. Cro ist, wie über 33 Millionen Youtube-Klicker wissen, in dem Clip überhaupt nicht zu sehen. Dabei wurde die erste Fassung noch mit ihm als Hauptdarsteller geschrieben. „Das Konzept mit der Wohnung, der Crew, dem Style und den Bikes war schnell da. Wir haben das Ganze mit Carlo abgestimmt, der auch von Hilfe war, zwecks Location und Style“, erinnert sich Harris. Die Idee kam mit dem Lied, meint er. „Jeder Song hat seine Aussage und in seinen Wurzeln steckt das Drehbuch.“

Hilfe von George Michael

Als man jenes Drehbuch in der ersten Fassung Chimperator vorlegte, die gerade Cro unter Vertrag nahmen, kam für Harris und Patrick unerwartet Sand ins Produktionsgetriebe: „Uns wurde mitgeteilt, das Chimperator ihren jungen Künstler aufgrund seines Hypes um seine "Anonymität" noch nicht der Öffentlichkeit präsentieren wolle.“ Ja, was nun? Unerwartete Hilfe kam von George Michael. Der berühmte Clip zu „Freedom“ mit seiner 1990er-Supermodels-Besetzung flimmerte in der Glotz und Harris fiel so zufällig die Lösung direkt in den Schoß: „Bang! Aus Cro wurde ein Girl und seine Gang sollte mit hippen Mädels besetzt werden.“

Man machte sich auf die Suche nach den Darstellerinnen und profitierten dabei von Harris´ Ehefrau, die Modefotografin Ami Lafleur, die auch das Styling übernommen hat. „Über ihr Netzwerk kamen die Hauptdarstellerin Sula Starridou, ebenso wie Lejla, eine "Germany's Next Topmodel"-Kandidatin, sowie der Make-up-Artistinnen Elena-Valeska Herlet und Arbresha Dika. So fing die ganze Magie an.“

Absolut surreal

A propos Magie: Hat man dann bei der Arbeit schon gespürt, dass da etwas Großes entsteht? „Im Grunde nein“, meint Harris. Planen könne man ja so etwas nicht, sondern nur hoffen, dass es den Leuten gefällt. „Während dem Drehs haben wir alle schnell bemerkt, dass wir etwas Feines erschaffen, aber keiner hat mit einem solchen Ausmaß gerechnet.“ Ein Ausmaß, für das er heute immer noch keine Worte findet. „Absolut surreal“, sagt er. Der Stuttgarter ist in diesem Surrealismus aber nicht hängen geblieben, sondern dreht seitdem weiter munter einen Job nach dem anderen ab, und das international. Als nächstes steht zum Beispiel ein Projekt mit seinem persönlichen Jugendhelden Snoop Dogg an.

Am 21. März kommt es in Berlin beim Echo eventuell zu einem Backflash, frei nach dem Motto: remember Spätsommer 2011. Ausgemachte Sache ist das bislang keineswegs, denn es handelt sich um einen Publikumspreis, der in Kooperation mit der Videoplattform myvideo.de gestemmt wird. Bislang stehen 25 Clips zum Voting, nach dem kommenden Montag rutschen die fünf Clips mit den meisten Stimmen ins Finale. Mit knapp 1,7 Millionen Cro-Fans auf Facebook sollte zumindest diese Hürde kein Problem sein. Und ob Cro, sollte er die Trophäe holen, auf der Bühne mehr von sich gibt als ein kurzes „Oh ist der schwer und Dankeschön, Dankeschön“ als bei der Bambi-Verleihung Ende 2012 und ob Harris dann diesen Minimalismus um eine feierliche Rede ergänzt, sehen wir dann im TV. Easy.

Und hier ist es nochmal: das Video zu "Easy".