Neue Erkenntnisse zur Datenäffere könnten doch noch zu einer Schadenersatzklage gegen den Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn führen.  

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Erst seit kurzem steht fest, dass der Datenskandal bei der Deutschen Bahn einen Schaden von mehr als 45 Millionen Euro verursacht hat, für die bisher niemand haften musste. Nun sind erstmals brisante Aussagen eines leitenden Angestellten aufgetaucht, die Ex-Konzernchef Hartmut Mehdorn und weitere Spitzenmanager erheblich belasten - und doch noch zu einer Schadenersatzklage gegen die frühere DB-Spitze führen könnten.

 

Bis heute streitet Mehdorn ab, von den zahlreichen Straftaten und Verstößen bei der Korruptionsbekämpfung im Staatskonzern gewusst zu haben, die in seiner Amtszeit begangen wurden. Der Manager musste zwar vor zwei Jahren wegen des Skandals gehen, bekam aber noch sein Restgehalt von rund fünf Millionen Euro und freundliche Abschiedsworte vom damaligen Aufsichtsratschef Werner Müller. Der Konzern verzichtete später auf eine Zivilklage, nachdem die Wirtschaftsprüfer von PwC davon abrieten. Auch die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein. Im Ergebnis haftet der Aufarbeitung der Affäre bis heute ein schaler Nachgeschmack an: viele Taten, keine Täter - niemand übernahm die Verantwortung.

Nun gibt es neue Erkenntnisse, dass Mehdorn mehr wusste als bis jetzt bekannt ist. Den Grünen im Bundestag liegt ein brisantes Protokoll der internen Ermittlungen vor, das bisher unter Verschluss lag. Der frühere Leiter der Inneren Revision der DB, Daniel Gläser, berichtete darin zwei Sonderermittlern von KPMG detailliert, dass Mehdorn und andere Spitzenmanager von den fragwürdigen Schnüffeleien gewusst und eine aktive Rolle gespielt haben sollen. Das Protokoll der Vernehmung vom 20. März 2009 liegt dieser Zeitung exklusiv vor.

Die Konzernrevision, die Mehdorn direkt unterstellt war, wurde demnach vom Bahnchef persönlich aufgefordert, die Sicherheitsabteilung beim zuvor erfolglosen Kampf gegen "Informationsabflüsse" (Projekt Leakage 2004/2005) zu unterstützen. "Wir haben auf Bitten von Herrn Mehdorn Schützenhilfe gegeben", sagte Gläser wörtlich. Der Bahnchef sei "verärgert" gewesen, dass regelmäßig vertrauliche Informationen nach draußen gelangten. Damals bereitete sich der Konzern auf den politisch und intern heftig umstrittenen Börsengang vor. Von da an wurde der E-Mail-Verkehr verdächtiger Mitarbeiter systematisch heimlich und illegal überwacht.