Die Landesregierung habe offenbar wenig Interesse an einer Aufklärung der Datenschutzaffäre bei der EnBW. Diesen Schluss zieht FDP-Fraktionschef Rülke aus einer Antwort an die Liberalen. Der oberste Datenschützer aber wird darin deutlich.

Stuttgart - Die mutmaßlichen Datenschutzverstöße beim Energiekonzern EnBW beschäftigen nun auch Landtag und Landesregierung. Auf eine aktuelle Anfrage der FDP-Fraktion hin zeigte sich das Finanz- und Wirtschaftsministerium von Nils Schmid (SPD) weitgehend unwissend: Man habe erst Ende April – durch einen StZ-Bericht – erfahren, dass Kundengespräche auch dann vorübergehend aufgezeichnet worden seien, wenn die Kunden dem ausdrücklich widersprochen hätten. Auch vom Ausmaß der Mitschnitte wisse man nur aus Medienberichten.

 

Zugleich sieht das Ressort von Nils Schmid, der auch im EnBW-Aufsichtsrat sitzt, keine Versäumnisse auf Seiten der Landesregierung. Die FDP hatte gefragt, ob die Verleihung eines Big-Brother-Awards an den Energiekonzern RWE im vorigen Jahr nicht Anlass gewesen wäre, die Praxis auch bei der EnBW zu überprüfen; bei RWE wird das gleiche System zur Überwachung von Kundengesprächen eingesetzt. Aus der Verleihung des Negativpreises könne nicht der Schluss gezogen werden, dass andere Energieversorger ähnlich agierten, argumentiert Schmids Amtschef. „Daher bestand bisher kein Anlass, die datenschutzrechtlichen Praktiken bei der EnBW zu hinterfragen“. Zugleich verweist er auf die laufende Prüfung durch die Staatsanwaltschaft und den Datenschutzbeauftragten Jörg Klingbeil.

„Wenig ausgeprägter Aufklärungswillen“

In einer mit der Antwort übermittelten Stellungnahme bestätigt Klingbeil, dass er wegen aller zu verfolgenden Delikte Strafanzeige erstattet und vorsorglich gegen alle Verantwortlichen Strafantrag nach dem Bundesdatenschutzgesetz gestellt habe. Nach seinem derzeitigen Kenntnisstand sei davon auszugehen, dass das – wenn auch nur vorübergehende – unerlaubte Aufzeichnen von Gesprächen „datenschutzwidrig“ sei. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe wartet noch immer auf eine Erklärung des Unternehmens. In deren Licht will sie entscheiden, ob förmliche Ermittlungen eingeleitet werden.

Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke zeigte sich unzufrieden mit den Antworten. Sie zeugten „nicht gerade von einem besonders ausgeprägten Interesse oder Aufklärungswillen“, ließ er von einer USA-Reise aus mitteilen. Als Großaktionär stehe das Land aber in der Pflicht, „über den Aufsichtsrat mit allen Mitteln auf eine unverzügliche und umfassende Aufklärung der Vorgänge zu drängen“. Verletzungen des Datenschutzes seien „kein Kavaliersdelikt“, betonte Rülke.