Die Alleenstraße bleibt für Fahrräder und Fußgänger reserviert – das hat der Gemeinderat Ludwigsburg knapp entschieden. Auch bei anderen Themen geht es immer nur um Autos und Parkplätze

Ludwigsburg - Der römische Feldherr Marcus Porcius Cato der Ältere hätte seine Freude gehabt. Dieser soll der Überlieferung nach jede Rede mit dem Satz beendet haben: „Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.“ Übersetzt: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden solle. Die Ludwigsburger CDU-Fraktion wandelt auf Catos Spuren. Egal welches Thema im Gemeinderat aufgerufen wird, es fällt am Ende immer der Satz: „Es müssen auch genügend Stellplätze ausgewiesen werden.“

 

Es scheint derzeit fast nur noch ein Thema in Ludwigsburg zu geben, das ein Unterscheidungsmerkmal der Parteien ist: Wie halten die Räte es mit den Autos, den Parkplätzen und dem Verkehr? Der vorläufige Höhepunkt dieser grundlegenden Auseinandersetzung, die sich mit dem aufziehenden Kommunalwahlkampf bis Mai 2019 noch zuspitzen dürfte, ist der Streit über die Alleenstraße.

Seit 2016 ist diese als Fahrradstraße zwischen Solitude- und Seestraße ausgewiesen und für Autofahrer gesperrt. Nun wollte die Stadtverwaltung diese Sperrung außerhalb der Schulzeiten wieder aufheben. Grüne und SPD stellten daraufhin den Antrag, die Strecke wie bisher autofrei zu lassen.

Der OB Werner Spec stimmt gegen die Autofreiheit

Im Bauausschuss war der Antrag der Verwaltung mit Stimmengleichheit gescheitert, nun wurde am Mittwochabend wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage erneut im gesamten Gremium abgestimmt. Dort prallten die Sichtweisen aufeinander. „Die Politik der Stadt wäre nicht glaubwürdig“, schimpfte die Grünen-Rätin Christine Knoss. Und Daniel O’Sullivan (SPD) sagte: „Wir ruinieren die Aufenthaltsqualität der Straße damit.“

Demgegenüber hielten CDU und Freie Wähler die Fahne der Autofahrer hoch. Etwa Reinhold Noz (CDU): „Wir dürfen die Leute nicht zwangsweise erpresserisch vom Gewohnten abhalten.“ Die Aufhebung zu bestimmten Zeiten tue keinem Radfahrer weh. Das Zünglein an der Wage spielte die FDP, die Spannung war mit Händen zu greifen, als deren Rat Jochen Eisele das Wort ergriff. „Es gibt keinen Grund, den Abschnitt für Autos zu öffnen“, sagte er, „es müssen keine Geschäfte erreicht werden.“

Dennoch wurde es knapp, auch der Oberbürgermeister Werner Spec stimmte gegen die Autofreiheit der Straße, und die Lubu-Rätin Elga Burkhardt kündigte wie schon im Ausschuss Enthaltung an. Mit 19 zu 18 Stimmen bei zwei Enthaltungen setzten sich die Anhänger einer gesperrten Alleenstraße durch – unter Beifall des Publikums. Es war nicht das letzte Mal, dass sich die Liberalen an diesem Abend gegen die Autolobby im Gemeinderat stellten – bei zwei weiteren Punkten stimmte die FDP mit SPD, Grünen und der Ökolinx-Gruppe. Eine neue Ampelkoalition? So weit wollten die FDP-Räte Eisele und Johann Heer nicht gehen – und in Sachen Stadtbahn standen sie auf Seiten von CDU und Freien Wählern, die das Projekt skeptisch sehen.

Zweistöckige Tiefgarage für ein Studentenwohnheim?

Ebenso kontrovers war die Diskussion über ein neues Studentenwohnheim in der Königsallee, das vom Studierendenwerk Stuttgart für 230 junge Menschen gebaut werden soll. Hier beantragte die CDU, zwingend eine zweistöckige Tiefgarage vorzuschreiben – sonst würde sie dem Ansinnen nicht zustimmen. „Die Studenten fahren mit dem Auto am Wochenende nach Hause, unter der Woche parken sie alle Seitenstraßen zu“, so ein CDU-Rat. Der Sozialbürgermeister Konrad Seigfried appellierte, sich dem dringend benötigten Wohnraum für Studenten nicht zu verschließen – zumal nicht klar sei, ob das Studierendenwerk eine Tiefgarage in der Größe überhaupt bezahlen könnte. Das CDU-Ansinnen wurde mit breiter Mehrheit abgelehnt, weil auch den Freien Wählern diese Forderung zu weit ging – sie enthielten sich der Stimme.

Und dann gab es noch die Diskussion über ein Neubau-Vorhaben beim Heilbronner Torhaus an der B 27. Hier ging es eigentlich überhaupt nicht um Autos oder Parkplätze – sondern um die Frage, ob ein neues Gebäude zu groß dimensioniert ist und sich daher nicht in die historische Stadtkulisse einfügt. Aber auch hier wandelte die CDU auf den Spuren des alten Cato. Reinhold Noz beendete seinen Wortbeitrag mit seinem Ceterum Censeo: „Wir fordern nur, dass die entsprechende Anzahl von Stellplätzen ausgewiesen wird.“ Was aufseiten von Grünen und SPD Erheiterung auslöste.

Und noch ein Parkhaus bei der Hochschule

Das galt auch für ein weiteres Thema: Auf dem Hochschulcampus soll die Pädagogische Hochschule eine neue Sporthalle bekommen sowie neue Seminargebäude – und ein neues Parkhaus jenseits der S-Bahn. Reinhold „Cato“ Noz sagte dazu: „Der Stellplatzschlüssel ist für uns das A und O.“ Wobei in dieser Frage andere Fraktionen durchaus Handlungsbedarf sahen angesichts der chaotischen Parksituation am Hochschulcampus. Doch der SPD-Rat Daniel O’Sullivan schrieb genervt noch am Abend auf seiner Facebook-Seite: „Es geht nur noch um Autos und Stellplätze.“