Nach den Stadträten lehnen auch die Stadtteilausschüsse in Hoheneck und Pflugfelden die Pläne der Verwaltung für den Bau von Flüchtlingsunterkünften ab.

Ludwigsburg - Die Zuschauer stecken die Köpfe zusammen und tuscheln. „Das ist doch Schwachsinn“, sagt ein Mann laut. Er ist aufgebracht – wie die anderen rund 40 Hohenecker, die sich im Sitzungssaal des Ludwigsburger Rathauses versammelt haben. Und daran wird sich in der folgenden Stunde auch nichts ändern. Es geht um Flüchtlinge und um ihre Unterbringung – vor allem aber geht es darum, dass sich die Bürger übergangen fühlen.

 

600 anerkannte Flüchtlinge muss die Stadt im kommenden Jahr aufnehmen. Diese sogenannte Anschlussunterbringung ist für alle Kommunen Pflicht, die Forderung also nicht überraschend. Warum die Stadt dennoch nicht früher gehandelt hat, ist nicht bekannt. Als vergangene Woche erstmals in öffentlicher Sitzung Pläne für den Bau von Unterkünften an vier Standorten in der Stadt vorgestellt wurden, gingen die Wogen hoch. Die Stadträte verweigerten ihre Zustimmung – ebenso wie jetzt die Mitglieder in den Ausschüssen der betroffenen Stadtteile Hoheneck und Pflugfelden, die darüber in dieser Woche diskutiert haben.

„Die Platzwahl trifft uns hart“, sagte Michael Rook (CDU) aus Hoheneck. Für die Bewohner dieses Stadtteils sei der ausgewählte Platz – der Parkplatz der Gemeindehalle – ein zentraler Ort, auf dem Feste gefeiert werden. Auch ein rege genutzter Bolzplatz befinde sich auf dem ausgeguckten Gelände. „Warum hat man die Menschen bisher nicht mitgenommen“, wollte Jochen Zeltwanger (FW) wissen. Das sei Stadtentwicklung von oben herab.

Bürger sollen nach Alternativen suchen

Er habe die infrage kommenden Orte zunächst einmal mit dem Gemeinderat abstimmen müssen, bevor er mit den Bürgern darüber habe reden können, erklärte der Oberbürgermeister Werner Spec. „Ich bitte darum, Alternativen zu finden“, sagte ein Bürger, der „schockiert“ war, als er aus der Zeitung von den Plänen der Verwaltung erfuhr. Spec sagt zum Ausschuss: „Wenn Sie eine andere Lösung anbieten können, sind wir offen.“ Dann fuhr der Oberbürgermeister größere Geschütze auf: Alle müssten gemeinsam mit anpacken, um das Flüchtlingsproblem zu lösen. Die Stadt Ludwigsburg sei mit ihrem Engagement in Burkina Faso ein Vorreiter, um vor Ort zu helfen und dafür zu sorgen, dass die Menschen dort künftig in ihrem Land bleiben können. Die Zuschauer reagierten entgeistert: „Wir sind hier aber in Hoheneck.“

Der Andrang bei der Sitzung des Stadtteilausschusses Pflugfelden am Tag darauf war so groß, dass der Sitzungssaal zum Rathausfoyer hin geöffnet werden musste. Zwar gelang es Baubürgermeister Michael Ilk als Sitzungsleiter das Gespräch auf einer sachlichen Ebene zu halten, aber am Ende stand dennoch eine Art Patt: Während der Stadtteilausschuss das Ansinnen der Stadt geschlossen ablehnte, gab Ilk zu bedenken: „Wenn wir alle Flächen ablehnen, kommen wir nicht weiter.“ Wenn die Pflugfeldener keine Flüchtlingsunterkunft auf dem Gelände im Kleinen Feldle möchten, sollten sie der Verwaltung Hinweise auf mögliche Flächen geben, forderte Ilk.

Diese Bitte gehe in die falsche Richtung, meinte Heinz Schopf: „Wir wollen diese Aufgabe nicht übernehmen.“ Denn, kämen noch mehr Asylsuchende nach Pflugfelden, wäre die Balance und damit der Frieden in dem Stadtteil gestört, meinte der Freie Wähler. Ulrike Schuckert (FDP) ergänzte: „Das ist Aufgabe des Stadtplanungsamts, uns fehlen da die Informationen.“ Schließlich sollten die Flüchtlinge schon 2018 kommen. „Wenn es Ihnen nicht gelingt, ist es auch für uns unmöglich in so kurzer Zeit etwas zu finden.“

Flüchtlingsheime im Grünbereich?

Zuvor hatte Hans-Ulrich Hahn (CDU) daran erinnert, dass der Stadtteil – allen voran der TV Pflugfelden – schon bisher in der Flüchtlingsarbeit sehr engagiert sei. Zunächst habe man Asylsuchende aus der Sammelunterkunft am Römerhügel betreut, mittlerweile stehe fest, dass in Pflugfelden eine Unterkunft für 60 Flüchtlinge gebaut wird, die nächstes Jahr bezogen wird. Man habe sich inzwischen gut auf 60 Flüchtlinge vorbereitet. Kämen aber tatsächlich auf einen Schlag 120, gebe es Konflikte. „Damit wird die Akzeptanz in der Bevölkerung kaputt gemacht", glaubt Hahn.

Den Pflugfeldenern missfällt außerdem, dass das für Flüchtlingsunterkünfte in Betracht gezogene Areal schon einmal als mögliches Wohnbaugebiet diskutiert worden ist. Damals aber hatte die Stadt Einspruch erhoben – unter Verweis darauf, dass es zu einem erhaltenswerten Grünbereich gehöre. „Das von Ihnen beschrittene Verfahren ist intransparent“, sagte Hahn. Das habe bei den Bürgern „einen üblen Nachgeschmack“ hinterlassen.

Ebenfalls umstritten sind zwei weitere, für Flüchtlingsunterkünfte ins Auge gefasste Standorte an der Ecke Osterholzallee und Strombergstraße sowie an der Stuttgarter- und der Jägerstraße. Da es in den Innenstadtbezirken keine Stadteilausschüsse gibt, hat die Fraktion der Grünen eine Stadtteilkonferenz Südstadt beantragt, um dort über die Pläne der Verwaltung zu diskutieren.

Wie es nun weiter geht, weiß niemand.

Standorte für Modulbauten

Unterkünfte
Die Stadt Ludwigsburg muss 2018 Platz für 600 anerkannte Flüchtlinge anbieten. Für die Hälfte davon sollen Unterkünfte nach dem Modell Cube 11 der Wohnungsbau GmbH gebaut werden. Nach der Nutzung durch Flüchtlinge könnten die würfelförmige Module als Wohnungen weitergenutzt werden.

Standortsuche
Die Stadt hat jüngst 20 Standorte untersucht. Am Ende bleiben nur vier übrig. Hier könne schnell und ohne Änderung des Bebauungsplans gebaut werden.