5000 Euro für die Stallwächterparty der Landesvertretung Berlin fachen eine Debatte über das Selbstverständnis der Grünen und die Unterstützung durch Waffenhersteller an. Ein Fall von Doppelmoral oder die falsche Botschaft einer Öko-Partei? Ein Pro & Kontra.

Stuttgart/Berlin – Die Debatte über das 5000-Euro Sponsoring der Unternehmensgruppe Diehl, die auch im Rüstungsgeschäft tätig ist, zieht Kreise. Im Landesverband der Grünen regte sich parteiinterne Kritik an der Mitfinanzierung der traditionellen Stallwächterparty der Landesvertretung in Berlin durch den Konzern. So zeigte sich die Landesvorsitzende der Grünen Jugend, Eva Muszar, irritiert darüber, dass eine „solche Firma“ offizieller Sponsor einer Landesveranstaltung werden konnte. Sie sagte: „Entweder übersieht die Landesregierung den Widerspruch zwischen grün-roten Grundwerten und der Rüstungsindustrie oder – noch schlimmer – es gibt in ihren Augen gar keinen Widerspruch.“

 

Auch die Karlsruher Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl äußerte ihr Befremden. Die Bundestagsfraktion trete dafür ein, Rüstungsexporte einzuschränken. Dazu passe das Engagement von Diehl für die Stallwächterparty überhaupt nicht. Die Kritik von CDU und FDP an dem Vorgang hält sie indes für „abstrus“. Die Landtags-Opposition habe kein moralisches Recht, den Grünen einen Vorwurf zu machen, da sie selbst keinerlei Probleme mit Sponsoring habe. „Und da geht es um andere Gelder als um 5000 Euro.“

Minister Friedrich verweist auf die Sponsoring-Richtlinie

Zuvor hatte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Hans Ulrich Rülke, moniert, der Fall zeige, wie weit bei den Grünen die moralischen Ansprüche und das tatsächliche Handeln auseinanderklafften. Aus seiner Sicht sei das Sponsoring jedoch nicht zu beanstanden.

Sein CDU-Kollege Peter Hauk kritisierte die Grünen als doppelzüngig, wo sie doch sonst keine Gelegenheit ausließen, sich als Partei des Friedens darzustellen und „immer dann die Regierung im Bund angreifen, wenn es um Rüstungsfragen geht“. Der CDU-Landeschef Thomas Strobl sagte, wer so wie die Grünen mit hohen moralischen Ansprüchen daherkomme, müsse sich an diesen auch messen lassen.

Dagegen verteidigte Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD), der Chef der Landesvertretung in Berlin, das Sponsoring durch Diehl. Die Firma sei als einer von 32 Sponsoren aufgetreten – gedeckt durch die Sponsoring-Richtlinie des Landes. Schon im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen die Stallwächterparty unterstützt – ebenfalls mit 5000 Euro. Friedrich sagte, bei der Vorbereitung der Stallwächterparty 2014 seien die Vorjahressponsoren angeschrieben worden.

Lenkflugkörper, Handgranaten und Munition

Die Diehl Stiftung & Co. KG mit Hauptsitz in Nürnberg lenkt fünf Teilkonzerne, von denen sich einer unter anderem auch in der Solarbranche engagiert. Die Diehl Defence GmbH in Überlingen am Bodensee hingegen ist nach eigenen Angaben ein „bedeutender Anbieter für Luftwaffe, Heer und Marine“.

Weitere Standorte liegen etwa in Heilbronn und Dunningen (Kreis Rottweil). Neben Lenkflugkörpern und Handgranaten stehen auf der Produktpalette Infanterie- und Marinemunition sowie eine als „neuartige Gefechtsmunitions-Familie“ beworbene Reihe, „die ohne Zünder und Sprengstoff auskommt und trotzdem eine vergleichbare Wirkung erzeugt“. Sie lasse sich aus Maschinengewehren für Hubschrauber und Landfahrzeuge, aus Bordkanonen von Kampfflugzeugen sowie für die Luftabwehr einsetzen.

Diese Firmen haben Geld für die Stallwächterparty der Landesvertretung gegeben

Pro & Contra zum Sponsoring durch Waffenfirma

Pro: „Ein Fall von Doppelmoral“

Der Umgang mit Waffenproduzenten entbehrt allzu oft der Fairness und der Ehrlichkeit, kommentiert StZ-Redakteur Reiner Ruf.

Die Stallwächterparty der Berliner Landesvertretung ist keine Grünen-Fete, sondern eine Veranstaltung des Landes Baden-Württemberg, das sich ausweislich seiner Verfassung als Teil jener Bundesrepublik Deutschland versteht, die – eingebettet in einen breiten politischen Konsens – Streitkräfte unterhält. Jede Armee aber benötigt – Überraschung! – Waffen. Sie werden in Rüstungsbetrieben hergestellt.

Alles banal? Offenkundig nicht. Die Aufregung um das Sponsoring der Stallwächterparty durch die Firma Diehl gewinnt an Relevanz, weil sie als Beispiel für die Doppelmoral taugt, die in den einschlägigen Debatten über die Rüstungsindustrie oft durchschimmert. Natürlich haben wir ein Problem mit Rüstungsexporten, besonders solchen, die schlicht illegal sind – und die zum Tod von unzähligen Menschen in vielen Krisenregionen beitragen. Dazu kommt die Last der deutschen Geschichte, die eine an sich ja sympathische Sensibilität bei diesem Thema geweckt hat.

Wenn es aber so ist, dass wir aus guten Gründen auf eine Armee nicht verzichten wollen, dann ist es schlicht unfair, Rüstungsbetriebe und die Menschen, die dort arbeiten, bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit einem „Bäh“ in die Ecke zu stellen – eine etwas billige Form der eigenen Gewissensberuhigung. Wir können natürlich das nötige Militärgerät komplett aus den USA beziehen. Aber das ist ja auch nicht mehr so angesagt. Oder lieber doch gleich aus Russland?

Kontra: Granatenidee der Landes-Grünen

Geld von Waffenkonzernen zu nehmen gehört sich für eine Ökopartei nicht., findet StZ-Redakteur Wolfgang Messner.

Echt Bombe, was sich die Landesgrünen da ausgedacht haben. Die so genannte Stallwächterparty vom Rüstungskonzern Diehl sponsern zu lassen geht gar nicht. Dass dabei nur 5000 Euro flossen, ist nebensächlich. Entscheidend ist die damit verbundene Botschaft: die Grünen im Südwesten nehmen Geld von Waffenlieferanten. Entsprechend hämisch tönen denn auch die Kommentare von CDU-Hauk und FDP-Rülke. Seht her: diese Pharisäer sind auch nicht besser als wir.

Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage, ob diese überdimensionierten Sommerfeste überhaupt sein müssen und ob sie nicht besser ohne das Geld aus der Wirtschaft auskommen sollten. Das gilt für das Sommerfest des Bundespräsidenten ebenso wie für die Partys der Landesvertretungen. Was Christdemokraten oder Liberalen an Sponsoring vielleicht noch verziehen wird, steht bei den Grünen auf dem Index. Geld von Waffenkonzernen geht gar nicht.

Die Partei hat ihre Wurzeln im Umweltschutz und in der Friedensbewegung. Das aber scheinen ihre selbstvergessenen Frontleute anno 2014 verdrängt zu haben. Anders als ihre Wähler, die sich darauf beziehen. Mit grün angestrichener CDU-Politik aber werden sie ein ums andere Mal enttäuscht. So verliert man Glaubwürdigkeit und Wähler. Es verwundert nicht, dass der verheerende Befund mit dem Hinweis relativiert wird, Diehl sei auch in Fotovoltaik engagiert. Der Merksatz für die Grünen lautet: steckt Solarenergie drin, ist das mit dem Töten nicht mehr so schlimm.