Pauschale statt prozentuale Förderung: darum ist es im Wirtschaftsausschuss der Regionalversammlung gegangen. Eine Mehrheit hat jetzt nach munterer Debatte den Fahrtkostenzuschuss für Mitarbeiter geändert.

Stuttgart - Was ist gerecht? Über diese Frage haben sehr gescheite Leute sehr dicke Wälzer geschrieben, nach der Antwort wird in unzähligen Seminaren und an jeder Akademie, die etwas auf sich hält, gesucht. Jetzt hat überraschend der Wirtschaftsausschuss der Regionalversammlung die Lösung gefunden – und zwar beim eher beiläufigen Tagesordnungspunkt „Fahrtkostenzuschüsse an Mitarbeiter/innen des Verbands Region Stuttgart bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen Wohnung und Arbeitsstätte“.

 

Die Sache mit der Gerechtigkeit ausgelöst hat der VVS. Der Verbund gewährt Arbeitnehmern zehn Prozent (bisher fünf Prozent) Rabatt auf die Jahreskarte, wenn der Arbeitgeber seinerseits zur Fahrkarte mindestens zehn Euro pro Monat beisteuert. Diese neue Regelung für das Jobticket gilt vom 1. April dieses Jahres an – und ist kein Aprilscherz, auch wenn die Debatte im Wirtschaftsausschuss diesen Schluss nahe legen könnte.

Das Konzept passte manchen nicht

Die Verbandsverwaltung hatte nämlich zusammen mit dem Personalrat eine Regelung ausgeknobelt, nach der je nach Zahl der Zonen fein abgestuft zwischen zehn und 29 Euro pro Monat zugeschossen worden wäre, was sich auf jährliche Mehrausgaben von rund 9700 Euro summiert hätte. Doch manchen Regionalräten, vor allem von den Grünen, der FDP und den Freien Wählern, passte dieses Konzept nicht – aus Gerechtigkeitsgründen. Sie fanden es ungerecht, dass der, der weiter fährt und damit einen höheren Preis fürs Ticket zahlt, einen höheren Zuschuss erhält. Gerecht sei, wenn alle den gleichen Zuschuss erhalten – unabhängig davon, ob sie aus Stuttgart kommen oder aus weiter entfernt liegenden Städten. Die Abstufung nach Entfernung erfolge ja schon über den vom Verkehrsverbund mit zehn Prozent rabattierten Preis.

Ist ein Pauschalbetrag oder eine prozentuale Förderung gerecht? Darüber gingen die Meinungen im Ausschuss weit auseinander. Indirekt belohne man mit dem Pauschalbetrag diejenigen Mitarbeiter, die in Stuttgart wohnten, meinten die einen. Diejenigen, die weit draußen wohnten, profitierten ja ohnehin schon wegen geringerer Mieten, entgegneten die anderen. Und welcher Pauschalbeträge wäre eigentlich gerecht? Der monatliche Höchstzuschuss von 29 Euro für alle, wie die Grünen forderten, nur der vom VVS vorgeschriebene Mindestbetrag von zehn Euro, wie andere meinten. Ein Betrag dazwischen? Bei 20 Euro gab es keine Mehrheit, bei 15 Euro setzten sich die Pauschalbetragsfürworter dank einiger CDU-Regionalräte mit 18 zu 13 Stimmen durch. Warum, weiß niemand so genau.

Sichtlich genervt von OB Zieger

„Hier geht es zu wie auf einem Gewürzbasar in Istanbul“, stellte darob der SPD-Regionalrat und Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger fest, der hinterher von einem „Zufallsergebnis“ sprach. Sein Waiblinger Amtskollege Andreas Hesky lobte hingegen die „sinnvolle und richtige Debatte“. Und Frank Buß, Freier Wähler und Bürgermeister von Plochingen, beschied Ziegers Nachkarten sichtlich genervt mit einem „Danke, Herr Oberlehrer“. Aber das ist wohl eine ganz andere Geschichte.

Hier geht es um Gerechtigkeit. Und die hat der Wirtschaftsausschuss nach einer halben Stunde gefunden. Das Ergebnis: gerecht ist, wenn zwölf Mitarbeiter, die eine oder zwei Zonen fahren, einige Euro mehr pro Monat erhalten als vorgesehen, und 30 Mitarbeiter, die mehr Zonen befahren müssen, deutlich weniger. Und insgesamt der Verband für die Fahrtkostenzuschüsse 780 statt 809 Euro pro Monat ausgibt.

Wofür braucht man eigentlich die dicken Wälzer und die ganzen Seminare . . .