Apropos Geld: Eine moderne Infrastruktur für Schiene und Straße könne ohne Pkw-Maut nicht finanziert werden. Sagt Seehofer. Stimmt das eigentlich? Es ist zumindest eine eigenwillige Auslegung der Realität. Denn die sieht in Euro und Cent so aus: Allein der Bund hat 2012 an Kfz-Steuer 8,4 Milliarden Euro, an Lkw-Maut 4,6 Milliarden Euro und an Mineralölsteuer 33,1 Milliarden Euro eingenommen. Macht in der Summe über 46 Milliarden Euro aus. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe. 2012 hat der Staat 195 Milliarden Euro durch die Umsatzsteuer eingenommen, ein erklecklicher Teil davon stammt von der Zapfsäule. An ausreichenden Finanzmitteln für die Verkehrsinfrastruktur fehlt es also nicht. Selbst aus der CSU kommt daher nun Kritik: „Die geplante Pkw-Maut bringt viel bürokratischen Aufwand und wenig Netto-Ertrag für den Bund“, sagte der CSU-Haushaltspolitiker Bartholomäus Kalb dem „Focus“.

 

Beim Thema Steuern geht die Regierung übrigens kreativ mit der eigenen Gesetzgebung um. Es gibt beispielsweise das Straßenbaufinanzierungsgesetz von 1960. Das verlangt gleich im ersten Paragrafen: „Das Aufkommen an Mineralölsteuer (…) ist im Rechnungsjahr 1964 in Höhe von 46 vom Hundert, im Rechnungsjahr 1965 in Höhe von 48 vom Hundert und in den folgenden Rechnungsjahren in Höhe von 50 vom Hundert für Zwecke des Straßenwesens zu verwenden.“ Dies als Maßstab, müsste der Bund allein aus den Einnahmen der Mineralölsteuer 16,5 Milliarden Euro (2012) in das Straßenwesen stecken.

Ein Paragraf wird ausgehebelt

Tut er aber nicht. Regelmäßig hebelt der Gesetzgeber den Paragrafen aus. Für das laufende Jahr heißt es im Haushaltsgesetz 2014: „Das Aufkommen an Mineralölsteuer (…), das (…) für Zwecke des Straßenwesens gebunden ist, ist auch für sonstige verkehrspolitische Zwecke im Bereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zu verwenden.“ Stattdessen hat der Bund 2013 zwischen fünf und sechs Milliarden Euro in die Straßen gesteckt. Hinzu kommen Ausgaben der Länder und Gemeinden. Rheinland-Pfalz beispielsweise steuert aus eigener Kraft knapp 81 Millionen Euro dazu, die Kommunen nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes bundesweit 4,2 Milliarden Euro.

Die Moral von der Geschicht’

Idee trifft Realität

Ideen sind das eine, ihre Umsetzung das andere. Denn das Europarecht verbietet Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Seehofers Gesandter in Berlin, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), will diese Klippe mit einem, nun ja, Kunstgriff umschiffen: Alle Autofahrer müssen die Maut zahlen. Inländer bekommen sie allerdings durch eine entsprechende Ermäßigung bei der Kfz-Steuer erstattet. Ob die EU-Kommission da mitspielt? Da gilt das Wort von Franz Beckenbauer: „Schau’n mer mal!“Im Koalitionsvertrag ist davon die Rede, die Pkw-Maut für Ausländer auf Autobahnen zu erheben. In Dobrindts unlängst vorgestellten Eckpunkten ist die Infrastrukturabgabe kurzerhand auf die Benutzung aller öffentlichen Straßen ausgeweitet worden.

Wer bekommt was von den 600 Millionen aus der Maut?

Das ist keine Kleinigkeit. Da die Abgabe keine Steuer ist, sondern eine Gebühr, darf sie zweckgebunden werden. Dobrindt will sie für die Straßen einsetzen, also für Bundes-, Landes- und kommunale Straßen. Daraus leiten Länder und Kommunen den Anspruch auf einen Teil des Mautkuchens ab. Nach Berechnungen des Verkehrsministers soll die Abgabe 600 Millionen Euro im Jahr zusätzlich einbringen. Die Frage, wer was bekommt, harrt einer klaren Antwort. Nicht geklärt ist zudem, welche staatliche Stelle die neue Mautgesetzgebung umsetzen und überwachen soll. Dobrindt hat den Zoll ins Spiel gebracht. Damit kann sich freilich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht recht anfreunden.

Diskussionen gibt es ferner über die Wirkungen der Abgabe auf grenznahe Regionen. Manche befürchten Kaufkraftverluste, weil die Maut Österreichern, Schweizern oder Franzosen die Einkaufs- oder Vergnügungsfahrt ins grenznahe Deutschland verleiden könnte – Idee trifft Realität.

Geld für Straßen ist genug da

Daher ließ sich Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann dieser Tage mit dem Wunsch vernehmen, alle Landkreise entlang der Grenzen, in Bayern also nach Österreich, Tschechien und der Schweiz, von der Mautregelung auszunehmen.

Selbst CDUler sind von den Mautplänen nicht überzeugt

Apropos Geld: Eine moderne Infrastruktur für Schiene und Straße könne ohne Pkw-Maut nicht finanziert werden. Sagt Seehofer. Stimmt das eigentlich? Es ist zumindest eine eigenwillige Auslegung der Realität. Denn die sieht in Euro und Cent so aus: Allein der Bund hat 2012 an Kfz-Steuer 8,4 Milliarden Euro, an Lkw-Maut 4,6 Milliarden Euro und an Mineralölsteuer 33,1 Milliarden Euro eingenommen. Macht in der Summe über 46 Milliarden Euro aus. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe. 2012 hat der Staat 195 Milliarden Euro durch die Umsatzsteuer eingenommen, ein erklecklicher Teil davon stammt von der Zapfsäule. An ausreichenden Finanzmitteln für die Verkehrsinfrastruktur fehlt es also nicht. Selbst aus der CSU kommt daher nun Kritik: „Die geplante Pkw-Maut bringt viel bürokratischen Aufwand und wenig Netto-Ertrag für den Bund“, sagte der CSU-Haushaltspolitiker Bartholomäus Kalb dem „Focus“.

Beim Thema Steuern geht die Regierung übrigens kreativ mit der eigenen Gesetzgebung um. Es gibt beispielsweise das Straßenbaufinanzierungsgesetz von 1960. Das verlangt gleich im ersten Paragrafen: „Das Aufkommen an Mineralölsteuer (…) ist im Rechnungsjahr 1964 in Höhe von 46 vom Hundert, im Rechnungsjahr 1965 in Höhe von 48 vom Hundert und in den folgenden Rechnungsjahren in Höhe von 50 vom Hundert für Zwecke des Straßenwesens zu verwenden.“ Dies als Maßstab, müsste der Bund allein aus den Einnahmen der Mineralölsteuer 16,5 Milliarden Euro (2012) in das Straßenwesen stecken.

Ein Paragraf wird ausgehebelt

Tut er aber nicht. Regelmäßig hebelt der Gesetzgeber den Paragrafen aus. Für das laufende Jahr heißt es im Haushaltsgesetz 2014: „Das Aufkommen an Mineralölsteuer (…), das (…) für Zwecke des Straßenwesens gebunden ist, ist auch für sonstige verkehrspolitische Zwecke im Bereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zu verwenden.“ Stattdessen hat der Bund 2013 zwischen fünf und sechs Milliarden Euro in die Straßen gesteckt. Hinzu kommen Ausgaben der Länder und Gemeinden. Rheinland-Pfalz beispielsweise steuert aus eigener Kraft knapp 81 Millionen Euro dazu, die Kommunen nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes bundesweit 4,2 Milliarden Euro.

Die Moral von der Geschicht’

Ein bürokratisches Monstrum wegen einer populären Idee

Was lernen wir daraus? Am Anfang war eine populistische Idee. Die CSU wollte sie durchboxen. Um juristische und politische Klippen zu umschiffen, musste Minister Dobrindt ein bürokratische Monstrum ersinnen. Auf die Weise wird Politik komplexer und führt tendenziell zu hohem Verwaltungsaufwand. Das Fazit: Die Begründung für die Maut erinnert an ein Märchen. Geld wäre genügend da. Denn Autofahrer zahlen deutlich mehr in die Staatskasse ein als sie an Gegenleistung auf der Straße bekommen. Der Bund verwendet die Mittel aber auch für andere Zwecke, zum Beispiel für den jährlichen Rentenzuschuss. Das führt zu Intransparenz. Kann das gut sein?