Bei der Intendanz der Staatstheater und dem Verein Aufbruch Stuttgart stößt die Prüfung des Eckensees als Standort für eine Übergangsoper während der Sanierung des Großen Hauses auf Zustimmung. Doch der Denkmalschutz könnte den Plänen einen Strich durch die Rechnung machen.

Stuttgart - Die Entscheidung der Ratsmehrheit, den Eckensee im Oberen Schlossgarten nun doch als weiteren Standort für den Bau einer Interimsoper untersuchen zu lassen, hat erste Reaktionen ausgelöst und wirft zugleich Fragen auf. Die Intendanz der Staatstheater begrüßte, dass nach dem Wegfall des Standorts Ecke Willy-Brandt-Schillerstraße wegen Unsicherheiten bezüglich der Fertigstellung von Stuttgart 21 nun doch noch ein weiterer innerstädtischer Standort zur Debatte stehe. „„Für eine Objektivierung der Standortentscheidung ist es wichtig, sich mit allen vorgeschlagenen Standorten in der gleichen Tiefe und Qualität zu beschäftigen“, sagte der geschäftsführende Intendant der Württembergischen Staatstheater, Marc-Oliver Hendriks, auf Anfrage. Wieland Backes, der Vorsitzende des Vereins „Aufbruch Stuttgart“, der sich für eine Aufwertung der sogenannten Kulturmeile engagiert und indem auch der scheidende Stuttgarter Opernindendant Jossi Wieler Gründungsmitglied ist, erklärte: „Wenn nur eine Interimsspielstätte in Betracht gezogen wird, ist die Nähe zum bestehenden Opernhaus ein schlagendes Argument.“ Die Nähe zum Großen Haus verlange vom Publikum keine große geografische Umstellung. Einbrüche bei den Besucherzahlen seien dann kaum zu erwarten.

 

Warum der eigentlich bereits ausgeschiedene Standort Eckensee nun wieder auf die Tagesordnung gesetzt wurde, darüber gibt es nur Spekulationen. Dem Vernehmen nach waren zahlreiche Mitglieder des Verwaltungsrats der Staatstheater überrascht und verärgert darüber, aus der Zeitung erfahren zu müssen, dass der bis dato einzige innerstädtische Standort – außer dem Eckgrundstück am Gebhard-Müller-Platz sind noch das ehemalige Paketpostamt an der Ehmannstraße sowie ein Grundstück beim Mercedes-Museum für eine Übergangsspielstätte für Oper und Ballett im Gespräch – aussortiert wurde. Nach Informationen dieser Zeitung hatte daraufhin die Kulturministerin Theresia Bauer (Grüne) den städtischen Vertretern im Ausschuss angeboten, ein citynahes Grundstück für die Prüfung nachzunominieren zu können. CDU, SPD, Freie Wähler und FDP hatten dann mit Unterstützung der AfD in der vergangenen Woche erneut den Eckensee ins Spiel gebracht und einen Prüfauftrag durchgesetzt.

Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen der Gesprächsrunde mit den Vorsitzenden und kulturpolitischen Sprechern der Fraktionen beim Oberbürgermeister hat Bauers Parteifreund, der Stuttgarter Rathauschef Fritz Kuhn, dabei keinen Hehl daraus gemacht, dass er nichts von einem wenn auch nur temporären Bau im Bereich des Oberen Schlossgartens hält. Kuhn treibe offenbar die Sorge um, nach den Bürgerprotesten gegen den Bau von S 21 könnte mit einer weiteren Baustelle im Schlossgarten eine neue Welle des Protests provoziert werden, hieß es. Auch Grüne und SÖS/Linke-plus sind gegen den Standort.

Der Standort mag zwar aus Sicht der Oper und des Balletts als Interimsspielstätte optimal sein, doch der Denkmalschutz könnte am Ende den Plänen einen Strich durch die Rechnung machen: Der gesamte Obere Schlossgarten einschließlich des Eckensees sind als Kulturdenkmale klassifiziert. Eine Bebauung darf nur mit Zustimmung der Denkmalschutzbehörden stattfinden. Diese hatten in der Vergangenheit freilich häufig beide Augen zudrücken müssen, etwa als es um die Aufweitung der Opernfassade in Richtung Landtag für eine Bühnenerweiterung ging. Mancher skeptische Stadtrat erinnert sich gar noch weiter zurück: „Auch der Bonatzbau stand unter Denkmalschutz, bevor er für Stuttgart 21 abgerissen wurde.“