Kulturschaffende und Politiker nehmen die Diskussion um eine Interimsoper zum Anlass, über die Gestaltung der Stadtmitte zu debattieren. Erlebt die Idee einer Stuttgarter Kulturmeile eine Renaissance?

Stuttgart - Während die Landesbauverwaltung in Absprache mit der Stadt noch bis Ende April Vor- und Nachteile verschiedener Standorte für eine Interimsoper prüft, machen die Befürworter einer umfassenden Neugestaltung des Quartiers rund um die Konrad-Adenauer-Straße mobil. Bei zwei prominent besetzte Podiumsdiskussion debattieren Experten, Politiker und Kulturschaffende über ihre Vision von einer Kulturmeile – am 14. Februar im Rathaus und am 16. Februar im Hospitalhof.

 

Die Oper selbst hatte zuletzt signalisiert, sie könnte mit einem Ausweichquartier im technisch und akustisch entsprechend auszurüstenden ehemaligen Paketpostamt an der Ehmannstraße oder mit einem Provisorium in unmittelbarer Nähe des Großen Hauses leben. Auf Ablehnung bei der Intendanz stößt dagegen ein von OB Fritz Kuhn (Grüne) ins Gespräch gebrachtes Interimsgebäude beim Mercedesmuseum. Die Verantwortlichen fürchten, der Standort werde vom Publikum nicht angenommen. Sie berufen sich dabei auf Erfahrungen während der Sanierungszeit des Staatsschauspiels, das ebenfalls umziehen musste und Einnahmeverluste zu verzeichnen hatte.

Das nach den Plänen des Architekten Max Littmann zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaute denkmalgeschützte Operngebäude wird mit einem millionenschweren Aufwand saniert und gleichzeitig erweitert. Für die auf mindestens fünf Jahre geschätzte Sanierungsdauer müssen Opernaufführungen und Balletabende anderweitig stattfinden – aber wo? Immer neue Standorte für ein Interimsgebäude oder eine Konzerthalle, die von Oper und Ballett übergangsweise genutzt werden könnte, werden ins Gespräch gebracht. Die SPD im Rathaus, aber auch im Landtag favorisiert den Bau eines Konzerthauses, das in Stuttgart angesichts der Auslastung der Liederhalle ohnehin dringend benötigt werde. Die Genossen denken aber weiter: Sie propagieren im Zusammenhang mit der Opernsanierung auch eine städtebauliche Neuordnung des gesamten Bereichs zwischen Schillerstraße, Gebhard-Müller-Platz und Konrad-Adenauer-Straße. Erst jüngst erregte der Vorschlag der Landes-SPD Aufsehen, das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Königin-Katharina-Stift als Verwaltungsgebäude der Oper zuzuschlagen.

SPD und Kulturschaffende wollen Operthema in einen größeren Rahmen einbetten

Am kommenden Dienstag, 14. Februar, hat die Ratsfraktion der SPD nun ins Rathaus eingeladen, um unter der Fragestellung „Oper und mehr?“ die Rolle von Kulturprojekten bei der Stadtentwicklung zu debattieren. Auf dem Podium sitzen unter anderem Marc-Oliver Hendriks, geschäftsführender Intendant der Staatstheater, der kulturpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Nils Schmid, die Architektin und SPD-Stadträtin Susanne Kletzin sowie Stuttgarts Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne). Da es nur begrenzt Plätze gibt, ist eine Anmeldung unter spd.fraktion@stuttgart.de erforderlich.

Zwei Tage später, am Donnerstag, 16. Februar, trommeln dann im Hospitalhof um 19.30 Uhr Kunstschaffende um den SWR-Fernsehjournalisten Wieland Backes für ihre Vorstellung „Von der PS-Meile zum lebendigen Kulturviertel“, so das Thema des Abends. Neben Backes diskutieren unter der Leitung von Stefan Ferdinand von der Hochschule der Medien Ulrike Groos, Chefin des Kunstmuseums, Opernintendant Jossi Wieler, der Architekt Arno Lederer und der ehemalige Ulmer Baubürgermeister Alexander Wetzig.

Aufhänger ist ebenfalls die Opernsanierung, aber die Stoßrichtung des Abends geht weit darüber hinaus: Stuttgarts Mitte brauche einen „Paradigmenwechsel“ zu mehr urbaner Lebensqualität. Kurzum: die Kulturschaffenden wollen die Operndebatte dazu nutzen, das Viertel um die sogenannte Kulturmeile komplett neu zu gestalten. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Stiftung Geißstraße statt. Der Eintritt ist frei.