Die SWSG will große Teile der Keltersiedlung in Zuffenhausen abreißen, Anwohner machen dagegen mobil. Jetzt hat das Wohnungsunternehmen SWSG sein Vorhaben verteidigt – und dafür vom Gemeinderat in großen Teilen Unterstützung zugesichert bekommen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Helmut Caesar zeigt Bilder von Häusern mit dem Beamer, die marode sind und auch in besserem Zustand keine Architekturpreise gewonnen hätten. „Es lohnt sich nicht, das noch aufwendig zu sanieren“, sagt der Technische Geschäftsführer der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) Diese plant, große Teile der sogenannten Keltersiedlung in Zuffenhausen abzureißen und durch größere Neubauten zu ersetzen. 105 Mietparteien sind betroffen. Am Dienstag hat Caesar dem Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats dargelegt, warum die Mieter von dem Bauvorhaben seiner Meinung nach profitieren. Bis auf die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus begrüßten alle Mitglieder des Ausschusses die Maßnahmen.

 

SWSG will die Wogen glätten

In der Keltersiedlung selbst sieht das ganz anders aus. Seit Wochen protestieren Anwohner gegen den Abriss der Häuser. Die Immobilien befinden sich weder in 1A-Lage noch sind die Bauwerke, die während der NS-Zeit und kurz nach Kriegsende entstanden, denkmalgeschützt. Schallschutz, Wärmedämmung, Barrierefreiheit und Optik sind weit davon entfernt, heutigen Standards zu genügen. In den meisten Immobilienmaklerbüros würden Wohnungen in der Siedlung wohl in die Kategorie „schwer vermittelbar“ fallen. Aber die Mieten sind bezahlbar. Und die Menschen, die dort leben, tun das häufig schon seit Jahrzehnten. Mit ihrer Präsentation will die SWSG nicht nur vor dem Gemeinderat Rechenschaft ablegen, sondern auch die Wogen glätten. Teurer werden sollen die neuen Sozialwohnungen, die heute mit zirka 7,50 Euro pro Quadratmeter deutlich unter dem Durchschnittswert in Stuttgart liegen, jedenfalls nicht. Insgesamt soll die Bebauung der Wohnsiedlungen dichter werden, eineinhalb Mal so viele Wohneinheiten entstehen. Dadurch entstehe genug Platz für alle Betroffenen, später in neu entstandene Sozialwohnungen einzuziehen, sagt Caesar. Das verbleibende Drittel der Wohnungen soll hochwertiger werden und sich an einkommensstärkere Interessenten richten.

Linken-Stadtrat: Häuser sind ein wichtiges Stück Stadtgeschichte

Die aktuellen Bewohner sind freilich häufig in gehobenem Alter. Sie müssten die Strapazen des Umzugs während der Baumaßnahmen auf sich nehmen. „Wir übernehmen die Umzugskosten komplett und wollen ein Hilfsprogramm für Senioren starten. Außerdem sind wir zuversichtlich, für alle Mieter nahegelegene Übergangsbleiben zu finden“, sagt SWSG-Mann Caesar. Außerdem seien nicht alle Mieter Protestler. „Es gibt einige, die Stimmung machen“, sagt Caesar. Berichte von einer Mieterversammlung im Mai zeichnen jedoch ein anderes Bild. Dort soll es teils hoch hergegangen sein. Vor allem wurde die Informationspolitik der SWSG kritisiert. „Bei diesem Thema sind wir mittlerweile deutlich weiter“, sagt Caesar.

Die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus will ihm all das so nicht abnehmen. „Auch wenn die Häuser nicht unter Denkmalschutz stehen, bedeuten sie für die Anwohner doch ein Stück Heimat und dokumentieren ein wichtiges Stück Stadtgeschichte“, kritisiert etwa Linken-Stadtrat Thomas Adler. Früher wurde die Gegend „Zigeunerinsel“ genannt und Minderheiten wurden von dort aus deportiert. Auch, dass der niedrige Mietspiegel der Keltersiedlung am Ende gehalten werden könne, bezweifelt Adler.

Daran, dass die Planungen voranschreiten werden, wird das allerdings kaum etwas ändern. Alle anderen Fraktionen mit Ausnahme der AfD, die nicht in der Sitzung vertreten war, befanden das Vorhaben der SWSG für vernünftig und nachhaltig. Geht es nach dem Wohnungsbauunternehmen, könnten im Sommer 2018 die ersten Bagger anrollen.