Wurde die Kreisumlage relativ gesenkt oder absolut erhöht? Selbst darüber ist man sich im Ludwigsburger Kreistag uneins. Fakt ist: obwohl die Umlage gesenkt wird, fließen mehr als 212 Millionen Euro in die Kreiskasse.

Ludwigsburg - Ist das Glas halb voll oder halb leer? Anders formuliert: werden die 39 Städte und Gemeinden im Landkreis im kommenden Jahr entlastet – oder stärker belastet? Zu beiden Fragen kann man bekanntlich geteilter Meinung sein. Bei letzterer gibt es im Ludwigsburger Kreistag einen harten Kern von Vertretern – insbesondere Bürgermeister –, die zur Ansicht neigen, dass der Kreis die Kommunen stärker belasten wird als noch 2015.

 

So stieß der Kreiskämmerer Albert Walter im Verwaltungsausschuss des Kreistags auf heftigen Widerspruch, als er auf die Senkung der Kreisumlage um einen halben Punkt auf 31,5 Prozentpunkte hinwies und diese als Entlastung bezeichnete. „Diese Formulierung ärgert mich“, sagte der Freie-Wähler-Sprecher und Vaihinger OB Gerd Maisch. Der Kreis peile im kommenden Jahr Rekordeinnahmen an und knöpfe den Kommunen mit 212 Millionen Euro so viel ab wie nie zuvor. „Das ist die höchste Kreisumlage, die der Landkreis je erhoben hat, und Sie sprechen von Entlastung, das muss doch nicht sein“, sagte Maisch.

Komplizierte Abrechnungspraxis

Der Landrat Rainer Haas konterte die Kritik mit einem Vergleich. Der Kreis habe schließlich das gestiegene Umlagevolumen steigenden Steuereinnahmen der Kommunen zu verdanken. Wenn etwa ein Unternehmen mehr Einnahmen habe und der Steuersatz gleichzeitig sinke, „dann würde auch niemand sagen, er würde mehr belastet“, sagte der Landrat.

Es ist kaum verwunderlich, dass vor allem die zahlreich vertretenen (Ober-)Bürgermeister im Kreistag stets über die Kreisumlage mäkeln – schließlich finanzieren sich die Landkreise mangels bedeutender eigener Steuereinnahmen fast ausschließlich über die Kommunalkassen. Ein vereinfachtes Beispiel: wenn die Stadt Vaihingen eine  Million Euro an Steuereinnahmen hätte, dann müsste sie bei einem Hebesatz von 31,5 Punkten 31,5 Prozent davon, also genau 315 000  Euro als Umlage an den Kreis abführen. In der Praxis ist es ein bisschen komplizierter: Denn die Basis der aktuellen Kreisumlage ist stets das vorvergangene Haushaltsjahr – für 2016 also das Jahr 2014. Das liegt schlicht daran, dass niemand wissen kann, wie hoch die Steuereinnahmen nächstes Jahr sein werden und die Jahresabschlüsse der Kommunen für 2015 noch nicht vorliegen.

Der größte Brocken bei den Investitionen der kommenden Jahre ist der zweite Erweiterungsbau des Landratsamts, der – als eine Art Zwilling – unmittelbar neben dem ersten Neubau entsteht. Das 23 Millionen Euro teure Gebäude soll Mitte 2017 seinen Betrieb aufnehmen. Dort sollen weitere Fachbereiche, darunter das Referat für Landwirtschaft, künftig sitzen.

Der Kreistag hat das letzte Wort

Die größten Neuerungen im Kreisetat für 2016 betreffen freie Träger im Sozialwesen. So will der Kreis beispielsweise 300 000 Euro zusätzlich für die Förderung der Kindertagespflege ausgeben. Auch hat der Verwaltungsausschuss am Montag zugestimmt, 400 000 Euro zusätzlich für die Finanzierung einer zweiten Lernfabrik 4.0 an einer Kreis-Berufsschule bereitzustellen. Stärker unter die Arme greifen will der Kreis auch seinen Kliniken, die zusätzliche zwei Millionen Euro für die Tilgung von Krediten erhalten sollen. Das letzte Wort hat freilich der Kreistag, der die Finanzplanung des Kreises am Freitag, 11. Dezember, beschließen wird. Große Änderungen sind dort aber nicht zu erwarten.

Als problematisch sieht der CDU-Fraktionschef Manfred Hollenbach die drastisch wachsende finanzielle Belastung durch die Unterbringung von Flüchtlingen. Der Kreistag habe stets mit zwölf Millionen Euro gerechnet, „diese Zahl wurde praktisch über Nacht auf 30 Millionen Euro erhöht“. Der Kreis müsse darauf pochen, dass Bund und Land die Kosten dafür tragen, und zwar möglichst komplett. Der Kreis plane, 80 neue Stellen für die Flüchtlingsbetreuung zu schaffen. „Eine Aufgabe dieser Größenordnung hatten wir noch gar nie“, sagte Manfred Hollenbach.