Nach StZ-Informationen diskutiert der Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater am Montag den Abriss des Kulissenbaus. Stadtplaner schlagen zudem vor, ein neues Opernhaus jenseits des Bahnhofs zu errichten.

Stuttgart - Am kommenden Montag trifft sich der Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater zu seiner nächsten Sitzung. Auf der Tagesordnung des Gremiums steht neben der Neubesetzung der Opernintendanz vor allem die Frage, in welchem Umfang die Staatsoper saniert werden muss und welche denkmalschutzrechtlichen Aspekte dem Aus- und Umbau des historischen Littmann-Baus im Wege stehen. Nach StZ-Recherchen sind sich Stadt, Land und Intendanz mittlerweile in Sachen Kulissengebäude näher kommen: Demnach läuft es wohl auf einen Komplettabriss des Betonbaus entlang der Konrad-Adenauer-Straße und nicht auf dessen Erweiterung hinaus.

 

Obwohl das in der Bevölkerung höchst umstrittene Thema Interimsbau derzeit nicht oberste Priorität genießt, könnte nun eine neue Idee Bewegung in die Debatte bringen: Das Stadtplanungsforum und die SPD im Stuttgarter Gemeinderat bringen eine Umwidmung des Littmann-Baus in ein Konzert- und Veranstaltungshaus und den Neubau eines Opernhauses am Straßburger Platz auf dem Stuttgart-21-Gelände ins Gespräch. „Für die Idee spricht einiges: Rund um den Eckensee bleibt so Luft für die prägenden Gebäude“, sagt SPD-Stadträtin Susanne Kletzin.

Frankfurt und Paris haben neue Opernhäuser gebaut

Auf die Fläche direkt hinter dem Rumpf des alten Bonatzbahnhofs haben in der Vergangenheit schon andere ein Auge geworfen. Der Lieblingsplaner des früheren OB Wolfgang Schuster, Werner Sobek, hatte einst den Bau einer Philharmonie angeregt, und im vergangenen Jahr hatte Bürgermeister Michael Föll Überlegungen für ein Veranstaltungs- und Kongresszentrum an gleicher Stelle bestätigt.

Und nun gesellt sich zu den Ideen noch ein Opernneubau hinzu. Wenn man den Vergleich mit anderen Städten wagt, habe der Vorschlag durchaus einen gewissen Charme, meinen zumindest die im Stadtplanungsforum vertretenen Architekten, Planer und Bürger – und haben dies in einem offenen Brief an Politiker in Stadt und Land sowie an den geschäftsführenden Intendanten der Staatstheater, Marc-Oliver Hendriks, kundgetan. Frankfurt am Main etwa hat zwischen 1960 und 1962 auf Basis des damaligen Schauspielhauses eine neue Oper gebaut und die alte zu einem Konzert- und Veranstaltungszentrum umfunktioniert: Statt Heldentenören und Sopranistinnen geben sich dort heute Rock- und Popstars sowie Comedians die Klinke in die Hand.

Auch Paris hat ein neues Opernhaus an der Bastille errichtet, in der alten Garnier-Oper fehlte es an moderner Bühnentechnik. Und das Royal Opera House in London sei durch einen Anbau ergänzt worden, ohne den Altbau „total zu überformen“, so die Unterzeichner. Es wäre sträflich, die Variante eines Opernneubaus „nicht sehr ernsthaft prüfen zu lassen“, so das Stadtplanungsforum. Der Verein fordert eine Machbarkeitsstudie, die Aufschluss über die Kosten geben soll.

Stadt und geschäftsführender Intendant sind skeptisch

Die Begeisterung über den Vorstoß hält sich allerdings in Grenzen: Der geschäftsführende Intendant der Staatstheater, Marc-Oliver Hendriks, sagte gegenüber der StZ: „Der Littmann-Bau von 1912 ist elementarer Teil der Identität der Württembergischen Staatstheater. Ich bin fest überzeugt davon, dass wir durch bauliche Modifikationen, vor allem durch die Schaffung einer Kreuzbühne, den Standort im Oberen Schlossgarten zukunftsfähig machen können.“

Bei der Stadt steht man der Idee eines Neubaus ebenfalls zurückhaltend gegenüber. Im Rathaus verweist man darauf, dass selbst bei einer Umwidmung des bestehenden Opernbaus in ein Konzerthaus Sanierungskosten anfallen würden: Das käme dann auf die Investition für eine neue Oper noch oben drauf. Hinzu kämen weiter jene mittlerweile knapp 30 Millionen Euro, die die Stadt allein für den Erwerb der sogenannten A-3-Fläche an die Bahn bezahlt hat. Das Grundstück wäre dann anderweitig nicht mehr vermarktbar.

Als Problem sieht die Stadt aber vor allem den Zeithorizont. Bekanntlich hält die Bahn offiziell noch immer an der Eröffnung des S-21-Tiefbahnhofs im Jahr 2021 fest. Selbst für diesen Fall aber rechnen Experten wie der ehemalige SPD-Baubürgermeister Matthias Hahn mit einer Dauer von bis zu fünf Jahren, bis das Gleisvorfeld geräumt und der Untergrund soweit saniert ist, dass er bebaut werden könnte. Für die Oper und das Ballett hieße das: Weiter machen im Littmann-Bau unter teilweise unhaltbaren Bedingungen für die nächsten rund zehn Jahre. Andererseits wären damit die denkmalschutzrechtlichen Streitfragen um die Aufweitung der Südfront des Großen Hauses und die Suche nach einem Interimsquartier erst einmal ad acta gelegt.