Der Stuttgarter Gemeinderat stockt den Zuschuss für das Tierheim auf 450 000 Euro pro Jahr auf. Doch die Begleitumstände lösten nochmals eine Kontroverse im Gemeinderat aus, der an beste Wahlkampfzeiten erinnert.

Stuttgart - Die gute Nachricht vorneweg: das Tierheim Botnang erhält vom 1. Januar 2014 an einen im Vergleich zum bisher gewährten Pauschalbeitrag deutlich erhöhten städtischen Zuschuss. Maßgeblich für die Höhe der Unterstützung ist dann die aktuelle Einwohnerzahl der Landeshauptstadt: Bei einer Kopfpauschale von 77 Cent ergibt sich daraus für das Jahr 2014 ein Betrag von rund 450 000 Euro, mit denen der Tierschutzverein wirtschaften kann. Der Vertragsentwurf zwischen Verein und Stadt, der am Mittwoch vom Verwaltungsausschuss einstimmig abgesegnet wurde, beinhaltet außerdem eine jährliche Erhöhung der Pauschale um einen Cent. Damit ist die Verwahrung und Pflege der rund 900 Tiere im Heim erst einmal sichergestellt. Doch die Begleitumstände der Vereinbarung lösten im Ausschuss nochmals eine Kontroverse aus – der bevorstehende Kommunalwahlkampf lässt grüßen. Wie berichtet, hatte die Vorsitzende des Stuttgarter Tierschutzvereins, Angelika Schmidt-Straube, im Frühsommer Alarm geschlagen: Das Tierheim sei in akuten finanziellen Nöten und könne seine Aufgabe nicht mehr erfüllen, falls die Stadt ihren Zuschuss von damals 200 000 Euro pro Jahr nicht deutlich nachbessere. Die Stadt ist in ihrer Entscheidung nicht frei. Die Versorgung sogenannter Fund- und Verwahrtiere ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Die Dauer der Betreuung ist allerdings auf 28 Tage festgeschrieben – die tatsächliche Verweildauer der Tiere ist aber in der Praxis deutlich länger.

 

Der Tierschutzverein kündigte die bisherige Vereinbarung mit der Stadt und setzte zugleich ein Ultimatum: Falls die Pauschale nicht auf 500 000 Euro angehoben oder eine Pro-Kopf-Pauschale als Berechnungsgrundlage für den Zuschuss eingeführt werde, müsse das Tierheim zumachen. Wohl wissend um die emotionale Wirkung des Themas im laufenden Bundestagswahlkampf pilgerten in den folgenden Wochen Stuttgarter Kandidaten und Stadträte fast aller Fraktionen nach Botnang, um dem Tierheim ihre Unterstützung zu versichern.

Im Sommer haben viele Politiker Tiere gestreichelt

Im August lehnte Schmidt-Straube dann eine vom zuständigen Ordnungsbürgermeister Martin Schairer überbrachte städtische Offerte über eine jährliche Aufwandsentschädigung von 283 000 Euro und eine Einmalzahlung von 255 000 Euro zur Deckung bereits angefallener Kosten brüsk ab und nannte das Angebot „beschämend“. Die Situation drohte zu eskalieren. Im September schließlich sagte dann OB Fritz Kuhn bei einem Besuch im Tierheim ein deutlich verbessertes Angebot zu – das Resultat ist die jetzt im Vertragsentwurf festgelegte Kopfpauschale.

Kritisch gewürdigt wurde im Ausschuss Kuhns angebliche „Inszenierung“ als Retter des Tierheims (SPD-Stadtrat Hans Pfeifer). Der OB höchstselbst habe doch Schairer mit einem unzureichenden Angebot in die Verhandlungen geschickt, um sich anschließend als Heilsbringer darzustellen, so die Vorwürfe von CDU, SPD und FDP. Der Ordnungsbürgermeister sei damit von seinem Chef in der Öffentlichkeit desavouiert worden, so Pfeifer. Und Bernd Klingler sekundierte: „Es geht hier nicht darum, mit einem netten Hund im Arm zu posieren.“ Die Rathausspitze habe sich in der Sache „nicht mit Ruhm bekleckert“.Allerdings haben nach StZ-Informationen sowohl Schairer als auch Finanzbürgermeister Michael Föll (beide CDU) im Vorfeld der Gespräche mit dem Tierschutzverein davor gewarnt, den Zuschuss auf mehr als die angebotenen 283 000 Euro zu erhöhen, zumal sich der Verein mit einer transparenten Kostendarstellung zunächst schwergetan hatte. Dementsprechend reagierte Grünen-Stadtrat Jochen Stopper: Er warf der FDP Populismus vor und forderte die anderen Fraktionen zur Selbstkritik auf: „Im Wahlkampf hat sich jeder gern im Tierheim ablichten lassen.“

Zumindest Letzteres ist bildlich belegt. Auch die Stadträte Klingler und Pfeifer haben bei ihrem Auftritt in Botnang öffentlichkeitswirksam Ziegen gekrault, Pferde gestreichelt und sich zu ihrer Tierliebe bekannt. Eines jedenfalls ist sicher: zum Wahlkampfschlager für die Kommunalwahl taugt das Thema jetzt nicht mehr.