Das Debüt des Handball-Bundestrainers Dagur Sigurdsson ist durchwachsen verlaufen. Dem 32:26-Sieg am Samstag in Göppingen gegen die Schweiz folgte am Sonntag ein eher enttäuschendes 28:28 gegen den gleichen Gegner.

Göppingen - Das Copyright auf den siebten Feldspieler im Handball besitzt eigentlich der Trainer Rolf Brack, der diese Variante in der Bundesliga einst bei Balingen salonfähig gemacht hat. Inzwischen ist er Nationaltrainer in der Schweiz, die am Samstag gewissermaßen die neue Ära der deutschen Mannschaft eingeläutet hat – mit dem Testspiel in der Göppinger EWS-Arena. Und siehe da, flugs überraschte der Bundestrainer Dagur Sigurdsson bei seinem Debüt gleich in der Anfangsphase mit dieser taktischen Maßnahme. Wobei das Duplikat besser war als das Original.

 

Da beide Mannschaften in einem Hotel in Bad Boll logierten, hatte man vorab das ein oder andere schon mal angesprochen. Zum Beispiel, dass weg von der traditionellen 6:0-Deckung die neu formierte DHB-Auswahl mit einer 5:1-Abwehr (in Hendrik Pekelar spielte bewusst ein 2,03 Meter großer Spieler vorgezogen) antrat, „was in den ersten 20 Minuten wirklich hervorragend funktioniert hat“, wie Sigurdsson zufrieden konstatierte, zumal unter dem Strich ein ungefährdeter 32:26-(19:12-)Sieg heraussprang. „Das ist schon wichtig im ersten Spiel“, gab der Isländer zu, nachdem er im Vorfeld betont hatte: „Wir sind nicht hier, um die Spielzeiten der Spieler zu erhöhen, sondern um Siege zu sammeln.“ Erst recht gegen einen zweitklassigen Kontrahenten wie die Eidgenossen. Der Schweizer Nationalcoach Brack gestand: „Ich hasse es, Niederlagen schön zu reden. Im Zweikampfverhalten haben uns Müller und Kneule vor unlösbare Probleme gestellt.“

Der Göppinger Spielmacher überzeugte bei seinem Heimspiel jedenfalls auch Sigurdsson, der sagte: „Ja, er hat uns geholfen.“ Zumindest so lange er konnte. Nachdem Tim Kneule mit einer Schulterverletzung in der zweiten Hälfte ausfiel, „haben wir etwas den Rhythmus verloren“, sagte der Bundestrainer, auch weil nun häufiger gewechselt wurde. Das wiederum ließ Kneule nicht als Ausrede dafür gelten, dass die Schweizer noch einmal bis auf fünf Tor herangekommen waren: „Durch solche Wechsel sollten wir keine Einbußen im Spiel haben.“

Das Gerüst des neuen Bundestrainers steht

Nun ja, letztendlich waren die recht minimal, zumal der Fokus im den vier Trainingseinheiten plus einem Krafttraining wie angekündigt auf der Abwehrarbeit lag. „Da war schon Pfeffer drin“, meinte Kneule zu der abgelaufenen Woche in Heilbronn, während Sigurdsson zugab, „dass wir im Angriff noch nicht ganz da sind, wo wir hinwollen“. Doch das war ja auch erst der Anfang von mindestens drei (vielleicht sogar sechs) gemeinsamen Jahren, etwas Steigerungspotenzial muss da noch drin sein.

Zumal Dagur Sigurdsson bei seinem Neustart einige Wunschkandidaten wegen Verletzung fehlten: zum Beispiel Steffen Weinhold, Fabian Wiede, Steffen Fäth, Finn Lemke oder Tobias Reichmann. Doch Jammern gilt nicht, das war die Chance für die Nachrücker wie Sven-Sören Christophersen (Hannover) oder Julius Kühn (Gummersbach) sich zu präsentieren, zumal Sigurdsson betonte, dass dies noch kein Perspektivkader war, aber natürlich einer, „der mit Blick auf die Zukunft zusammengestellt wurde“. Und die steht unmittelbar vor der Tür, mit dem Start der EM-Qualifikation am 29. Oktober in Gummersbach gegen Finnland. Da es zuvor nur noch einen Lehrgang gibt, steht das Gerüst durchaus. Und zwar nicht auf wackeligen Beinen, so viel lässt sich sagen – ohne gleich in Euphorie zu verfallen.

Der (Neu-)Anfang ist gemacht

Dazu besteht kein Grund. Auch weil in der EWS-Arena selbst beim Sirgurdsson-Einstand bei 3800 Zuschauern immerhin knapp zweitausend Plätze frei blieben. Doch wie sagt der DHB-Präsident Bernhard Bauer: „Erfolg schlägt alles – und bringt Einschaltquoten.“ Während das Fernsehen am Samstag noch vornehm außen vor bleib, überträgt zumindest Sport 1 am Sonntag die zweite Partie gegen die Schweiz in Neu-Ulm.

„Unser Ziel muss aber sein, zumindest mit der Nationalmannschaft in die Öffentlich-Rechtlichen zu kommen“, betont Bauer und setzt dabei große Hoffnung auf den Bundestrainer: „Man hat im ersten Spiel gesehen, dass Dagur Sigurdsson eine eigene Handschrift hinterlassen hat.“ Der (Neu-)Anfang ist gemacht, am Wochenende hat die Mannschaft ihre Werbebotschaft nachhaltig transportiert.